Im Senatsstreit um die angemessenen Wohnkosten für ALG-II-Empfänger konnte Sozialsenatorin Dr. Knake-Werner seinerzeit einen Kompromiss erreichen. Doch die daraufhin festgelegten Mietobergrenzen führen offenbar doch und trotz anderer Beteuerungen der Senatorin zu massenhaften Überschreitungen.
Der Berliner Mieterverein (BMV) hatte kritisiert, dass nicht auf Basis der tatsächlich von ALG-II-Empfängern gezahlten Mieten die Oberwerte festgelegt, sondern allgemeine Mietwerte aus dem Mietspiegel 2005 herangezogen werden. Dies rächt sich nun, wenn man die Erkenntnisse einer Studie des Stadtforschungsinstituts TOPOS über in Kreuzberger Milieuschutzgebieten gezahlte Mieten auch auf andere innerstädtische Altbauquartiere überträgt. Von den 2300 befragten Haushalten hatten 300 angegeben, von Hartz IV betroffen zu sein. Die Studie zeigt, dass 24,5 Prozent der betroffenen Einpersonenhaushalte mehr als die festgelegte Höchstmiete von 360 Euro monatlich bezahlen. Bei den Zweipersonenhaushalten wird der Höchstwert von 444 Euro von fast 50 Prozent überschritten, bei den Dreipersonenhaushalten der Höchstwert von 542 Euro von 61,1 Prozent und bei den Vierpersonenhaushalten der Höchstwert von 619 Euro Warmmiete von 15 Prozent der Haushalte. Diese Mietzahlungen sind nur zum Teil auf überdurchschnittlich große Wohnungen zurückzuführen. Grundsätzlich liegen Wohnflächenkonsum und gezahlte Miethöhen der Hartz IV-Betroffenen deutlich unter den Durchschnittswerten aller Haushalte. Möglicherweise aber wurde bei der Festlegung der Höchstwerte doch von unrealistischen Wohnflächen ausgegangen.
Der BMV erwartet in Anbetracht der Ergebnisse der TOPOS-Forscher, dass der Senat nunmehr die Daten der Jobagenturen auswertet und entsprechende Korrekturen an den Höchstwerten vornimmt.
Reiner Wild
MieterMagazin 9/05
Anteil der Einpersonenhaushalte (in Prozent) im jeweiligen Mietpreissegment
Quelle: TOPOS
03.03.2018