Berlin wächst – und altert. Trotz des verstärkten Zuzugs junger Menschen wird das Durchschnittsalter der Bevölkerung nicht geringer, sondern steigt nur etwas langsamer an. Insbesondere die Gruppe der über 80-Jährigen wird sich bis 2030 nahezu verdoppeln – auf fast 268.000 Personen. Mit der steigenden Lebenserwartung erhöht sich auch die Pflegebedürftigkeit.
Erste Informationen zu allen die Pflege betreffenden Fragen bietet das „Pflegeportal des Landes Berlin“: www.berlin.de/pflege/, erste Anlaufstellen sind die 26 Pflegestützpunkte in den Bezirken. Sie leiten durch den schwer durchschaubaren Markt von Dienstleistungen, wechselnden Zuständigkeiten und Kostenträgern. Die meisten älteren und pflegebedürftigen Menschen wollen so lange wie möglich in ihrer Wohnung bleiben und trotz ihrer Pflegebedürftigkeit ein selbstbestimmtes Leben führen. Auch die Senatsverwaltung plädiert für „Alt werden im Kiez“.
Im Mittelpunkt der Beratungstätigkeit stehen deshalb Angebote zur wohnortnahen Versorgung der Pflegebedürftigen, zur ambulanten Hilfe durch Angehörige, Nachbarn und ehrenamtliche Mitarbeiter sowie zum betreuten Wohnen und zu Tagestreffs. Erstes Ziel ist, eine unerwünschte Heimunterbringung zu vermeiden.
Kompetent und kostenlos
Zurzeit nehmen 75 Prozent der Pflegebedürftigen ambulante Angebote wahr: Der Pflegedienst kommt für ein paar Stunden ins Haus und unterstützt den Pflegebedürftigen beim Essen und bei der Körperpflege und leistet bei Bedarf medizinische Betreuung. Bei einer 24-Stunden-Pflege wohnt eine Pflegekraft in einem separaten, möblierten Zimmer in der Wohnung des Pflegebedürftigen und steht ganztägig für die Betreuung zur Verfügung.
Die Beratung in den Pflegestützpunkten ist kostenlos und erfolgt durch ausgebildete Sozialarbeiter, Pflegeberater und Case Manager mit langjähriger Berufserfahrung und zum Teil mit gerontopsychiatrischer Zusatzqualifizierung. In einigen Stützpunkten arbeiten zertifizierte Wohnungsberater.
Checklisten und Infoblätter unterstützen bei der Auswahl eines Pflegedienstes oder eines Pflegeheims und anderen Problemen. Oft sind die immer komplizierter werdenden Bescheide, die bei den Angehörigen Beratung erfordern. Die Fragen sind berlinweit die gleichen, die Anspruchshaltung variiert nach Wohngegend. In Zehlendorf versuchen die Angehörigen, sich ein Maximum an Leistungen zu sichern, in den Ostbezirken sehen sich viele Ältere als Bittsteller, und in Neukölln kommen vor allem Menschen mit Migrationshintergrund mit ganz speziellen Fragen in die Beratung – etwa, wie sie kostengünstig zu Hilfsmitteln wie Rollator oder Rollstuhl kommen können.
Auch bei der konkreten Suche nach Pflegekräften geben die Pflegestützpunkte wertvolle Tipps. Private Agenturen vermitteln inzwischen polnische Pflegekräftige nach Deutschland – ganz legal mit Arbeitsvertrag. Eine fest angestellte Haushaltshilfe kostet 1500 bis 2000 Euro im Monat, plus freie Kost und Logis – also deutlich weniger als ein ambulanter Pflegedienst oder ein Platz im Seniorenheim.
Damit pflegebedürftige Menschen möglichst lange in ihren Wohnungen bleiben können, müssen diese seniorengerecht gestaltet sein, das heißt, sie müssen zumindest schwellenfrei sein und über einen Fahrstuhl verfügen. Spezielle Ein- und Umbauten, insbesondere im Küchen- und Badbereich, erleichtern Senioren den Verbleib in ihren Wohnungen. Gegenwärtig entspricht erst etwa jede zehnte Wohnung in Berlin diesen Anforderungen.
Rainer Bratfisch
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MieterMagazin 4/13
Selbstbestimmtes Wohnen im Alter hat für die meisten Senioren einen hohen Stellenwert
Foto: Sabine Münch
Eine Übersicht der Berliner Pflegestützpunkte mit Anfahrt und Erreichbarkeit sowie weiteren Informationen bietet die Internetseite der Berliner Pflegestützpunkte:
www.pflegestuetzpunkteberlin.de
Kostenfreie Service-Nummer der Berliner Pflegestützpunkte: 0800 59 500 59 (Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr)
Rat und Tat
Pflegezeit und Pflegegeld
Wird ein Angehöriger pflegebedürftig, sind die Pflegestufe, die Leistungen einer Pflegerente sowie die Möglichkeiten, als Angehöriger Pflegezeit in Anspruch zu nehmen, zu prüfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe I erhalten monatlich 235 Euro Pflegegeld oder – sofern ein Pflegedienst beauftragt wird – 450 Euro als Pflegesachleistung. In den Pflegestufen II und III sind die Leistungen entsprechend höher. Ein Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse (MDK) stellt die Pflegebedürftigkeit fest. Berufstätige können für die Pflege eines nahen Angehörigen die gesetzlich festgelegte Pflegezeit in Anspruch nehmen.
rb
12.06.2018