Leitsätze:
1. Der Mieter ist nicht zur Duldung des Anschlusses seiner mit einer Gasetagenheizung ausgestatteten Wohnung an eine Gaszentralheizung verpflichtet. Dies gilt auch für den Fall, dass er selbst die Gasetagenheizung im Einverständnis mit dem Vermieter in seine Wohnung eingebaut hat.
2. Der Mieter ist nicht zur Duldung des Austausches eines Gasherdes gegen einen Elektroherd verpflichtet.
LG Berlin, Urteil vom 26.9.02 – 67 S 84/02 –
Mitgeteilt von RA Henrik Solf
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Duldung des Anschlusses an die im Haus vorhandene Gaszentralheizung und die damit verbundenen notwendigen Arbeiten zur Demontage der in der Wohnung vorhandenen Gasetagenheizung und des Gasherdes. Ein diesbezüglicher Anspruch besteht weder gemäß § 541 a BGB a.F. noch gemäß § 541 b BGB a.F.
1. Nach Artikel 229 § 3 Abs. 1 Ziffer 6 EGZPO ist im Falle einer vor dem 1.9.2001 zugegangenen Mitteilung über die Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen § 541 b des BGB in der bis zum 1.9.2001 geltenden Fassung anzuwenden. Vorliegend wurden die Beklagten mit Schreiben vom 29.6.2001 aufgefordert, die im Klageantrag näher beschriebenen Arbeiten zu dulden. Dieser Duldungsanspruch wurde durch die Klage vom 12.7.2001 gerichtlich geltend gemacht. Daher ist der Sachverhalt nach § 541 b BGB a.F. und nicht nach § 554 BGB n.F. rechtlich zu beurteilen.
2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Duldung der geforderten Maßnahmen gemäß §541 a BGB a.F.. Der vorgesehene Anschluss der streitgegenständlichen Wohnung an die Zentralheizung ist nicht gemäß § 541 a BGB a.F. zur Erhaltung der Mieträume oder des Gebäudes erforderlich. Erhaltungsarbeiten sind das Ausbessern und die Erneuerung schadhafter Teile. Zu den Erhaltungsarbeiten gehören sowohl Instandsetzungsmaßnahmen als auch Instandhaltungen, nicht dagegen die Modernisierung, die durch § 541 b a.F. erfasst wird (Schmidt-Futterer-Eisenschmid, 7. Aufl. 1999, § 541 a Rz. 8).
Unter Berücksichtigung dieses Instandhaltungsbegriffes sind die Demontage der in der Küche installierten, funktionstüchtigen Gastherme, die Demontage des vorhandenen, funktionstüchtigen Gasherdes, die Demontage der vorhandenen funktionstüchtigen Gasrohre einschließlich des Gaszählers und die übrigen damit im Zusammenhang stehenden und von der Klägerin beantragten Reparaturmaßnahmen nicht erforderlich. Es ist unstreitig, dass die streitgegenständliche Wohnung gegenwärtig mit einer funktionstüchtigen Gasetagenheizung versehen ist, so dass eine Instandhaltungsmaßnahme diesbezüglich nicht geboten ist und von der Klägerin auch nicht vorgesehen ist.
Unter dem Gesichtspunkt der Instandhaltung wäre allenfalls die Abdichtung der die Gastherme der Beklagten versorgenden Gasleitungen in Betracht gekommen. Die insoweit zum Zeitpunkt der Sperrung der Gasleitung durch die GASAG am 19.6.2001 bestehenden Probleme mit der Dichtigkeit der Gasleitungen wurden jedoch bis zur mündlichen Verhandlung behoben. Einer darüber hinausgehenden Instandsetzung bedarf es in Bezug auf die Gasetagenheizung der Beklagten daher nicht. Insbesondere handelt es sich nicht um Maßnahmen, die zur Behebung von Mängeln, welche durch Abnutzung, Alterung, Witterungseinflüsse oder Einwirkungen Dritter entstanden sind, erforderlich sind (Schmidt-Futterer-Eisenschmid, 7. Aufl. 1999, § 541 a Rz. 10; Wall, WM 1998, 524, 526). Der von der Klägerin geforderte Anschluss an die Zentralheizung und die damit verbundenen Maßnahmen sind daher im Sinne von § 541 a BGB a.F. für die Erhaltung der Mieträume oder des Gebäudes nicht erforderlich.
Allerdings versteht man im technischen Sinne unter Instandhaltungen auch vorbeugende Maßnahmen an Bestandteilen und Anlagen des Gebäudes, um drohende Defekte oder Schäden am Mietobjekt zu verhindern (Schmidt-Futterer-Eisenschmid, 7. Aufl. 1999, § 541 a Rz. 9; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl. 1988, Abschnitt II Rdnr. 297). In diesem Zusammenhang macht die Klägerin geltend, dass durch den Betrieb der Gasetagenheizung die Versottung des Schornsteins drohe. Dieser Gefahr kann aber durch den Einbau eines Edelstahlrohres vorgebeugt werden. Die diesbezüglichen Kosten belaufen sich auf 1305 Euro. Diese Kosten sind geringer als die Kosten für den Anschluss der Wohnung an die vorhandene Gaszentralheizung, die sich nach dem Vortrag der Klägerin auf 7145 Euro : 4 = 1786,25 Euro belaufen. Grundsätzlich hat der Vermieter zwar eine Wahlfreiheit bei der Art der Beseitigung eines Mangels. Jedoch geht diese nicht so weit, dass er dabei die vertragsgerechte Ausstattung der Wohnung einseitig ändern darf. Gerade eine solche einseitige Änderung stellen aber die von der Klägerin geforderten Maßnahmen insbesondere hinsichtlich der Demontage der in der Küche installierten Gastherme und des vorhandenen Gasherdes dar.
3. Die Klägerin hat aber auch nach § 541 b BGB a.F. keinen Anspruch auf Duldung der streitgegenständlichen Maßnahmen. Die geforderten Maßnahmen dienen weder der Verbesserung der gemieteten Räume noch der Einsparung von Heizenergie.
a) Der beabsichtigte Anschluss der bereits mit einer Gasetagenheizung ausgestatteten Wohnung der Beklagten an eine im Haus vorhandene Gaszentralheizung stellt keine Verbesserung der gemieteten Räume im Sinne des § 541 b Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. dar. Maßnahmen zur Verbesserung der Räume sind alle baulichen Veränderungen, die den objektiven Gebrauchs- und Substanzwert der Räume im Rahmen ihres Zweckes erhöhen und eine bessere Benutzung ermöglichen (KG, RE vom 27.6.1985, WM 1985, 248; KG, WM 1988, 389; LG Karlsruhe WM 1992, 121; Schmidt-Futterer-Eisenschmid, 7. Aufl. 1999, § 541 b Rz. 10). Der Maßstab, nach dem beurteilt werden muss, ob der Wohnwert verbessert wird, orientiert sich nicht an der Wertung des derzeitigen Mieters, sondern allein an der Verkehrsanschauung (LG Berlin, GE 1997, 1031). Entscheidend ist, ob allgemein in den für das Mietobjekt in Betracht kommenden Mieterkreisen der Maßnahme eine Wohnwertverbesserung zugemessen wird. Der Vermieter soll damit kalkulieren können, dass die Wohnung nach Durchführung der Maßnahme von künftigen Mietinteressenten – bei im Übrigen gleichen Verhältnissen – eher angemietet wird als eine vergleichbare Wohnung, bei der diese Maßnahme nicht durchgeführt worden ist (Schmidt-Futterer-Eisenschmid, 7. Aufl. 1999, § 541 b Rz. 15).
Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und der Verkehrsanschauung ist festzuhalten, dass der von der Klägerin beabsichtigte Austausch der vorhandenen Gasetagenheizung durch eine Gaszentralheizung keine Maßnahme zur Verbesserung des Wohnwertes darstellt, weil sich der Gebrauchswert der Wohnung nicht dadurch erhöht, dass die Wärme zentral im Keller erzeugt wird. Dementsprechend werden mit Gasetagenheizung ausgerüstete Wohnungen bei Erhöhungsverlangen gemäß § 558 BGB n.F. in den Mietspiegel wie zentralbeheizte Wohnungen eingruppiert. Bezüglich des Bedienungskomforts weist die Beheizung mit einer Gasetagenheizung gegenüber einer Gaszentralheizung zwar keine wesentlichen Unterschiede auf. Trotzdem räumen nach der Überzeugung des Gerichts Mieter überwiegend der individueller bedienbaren, dezentralen Gastherme den Vorzug gegenüber der Gaszentralheizung ein. Dies liegt in erster Linie daran, dass die Gasetagenheizung einerseits unabhängig von Heizperioden funktionstüchtig ist und andererseits die Erzeugung der Wärme und damit der Energieverbrauch individueller reguliert werden kann. Bei dem beabsichtigten Anschluss an die Gaszentralheizung handelt es sich daher nicht um eine Maßnahme zur Verbesserung der gemieteten Räume, die die Beklagten gemäß § 541 b Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. zu dulden hätten.
b) Weiter handelt es sich bei dem geplanten Austausch nicht um eine Maßnahme zur Einsparung von Heizenergie im Sinne des §541 b Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.. Das Gesetz erfordert Maßnahmen, die zu einer wesentlichen Verminderung des Energieverlustes und des Energieverbrauchs führen. Die Kammer geht nicht davon aus, dass im Falle der Umstellung eine Einsparung von Heizenergie vorläge. Der Wärmeleistungsbedarf der Räume, d.h. die vom Heizmedium an die Umgebung abzugebende Leistung, erfährt durch die beabsichtigte Umstellung keine Veränderung. Es lässt sich unter Berücksichtigung der von der Klägerin genannten Zahlen nicht feststellen, dass die vorhandene Zentralheizung wesentlich weniger Energie verbraucht als die vorhandene Gasetagenheizung. Die Höhe des Verbrauchs hängt vielmehr entscheidend von dem Verhalten des Benutzers ab. Aus diesem Grund muss auch die größenmäßige Dimensionierung der Therme der Beklagten nicht zwangsweise zu einem wesentlich höheren Verbrauch führen, als die Zentralheizung für denselben Heizbedarf benötigen würde. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass für den Mieter die Kosten der Gaszentralheizung geringer wären. Die monatlichen Betriebskosten belaufen sich der Ankündigung zu Folge auf 141,66 Euro, was zu Jahreskosten von 1699,92 Euro führen würde. Die Beklagten tragen unwidersprochen vor, dass sich ihre bisherigen Gaskosten einschließlich der Kosten für den Betrieb des Gasherdes auf jährlich 968,60 Euro belaufen. Das Argument der Überdimensionierung der Gasetagenheizung ist nicht überzeugend, weil die Klägerin eine auf die Wohnung bezogene Wärmebedarfsberechnung nicht vorgelegt hat (LG Bückeburg, WM 1992, 378; LG Hamburg, WM 1988, 168; AG Berlin-Schöneberg, MM 1990, 315). In diesem Sinne hat bereits das Landgericht Hamburg entschieden, dass der Mieter nicht verpflichtet sei, den Anschluss seiner Wohnung an eine Gaszentralheizung zu dulden, wenn die Wohnung bereits mit Nachtstromspeicheröfen ausgestattet ist (LG Hamburg, WM 1990, 18). Es gilt nichts anderes, wenn statt der Nachtstromspeicheröfen eine Gasetagenheizung vorhanden ist.
4. Eine Duldungspflicht der Beklagten kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt des §242 BGB bejaht werden, weil ohne Durchführung der Maßnahmen die Wirtschaftlichkeit des Hausbesitzes bedroht sei (BGH, NJW 1972, 723; AG Berlin-Tiergarten, GE 1993, 209). Obschon die Klägerin eine Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der Gaszentralheizung durch den Anschluss der Wohnung der Beklagten vorgetragen hat, ist unter Berücksichtigung aller vorgetragenen Umstände keine krasse wirtschaftliche Unrentabilität zu befürchten, wenn ein Anschluss nicht vorgenommen wird.
5. Abgesehen davon steht dem Duldungsanspruch die von den Parteien am 9.3.1993 geschlossene Mustervereinbarung über die Durchführung einer Mietermodernisierung entgegen. Nach § 2 Ziffer 4 hat sich die damalige Hausverwaltung in einer den Klägern gemäß § 566 Abs. 1 BGB n.F. zurechenbaren Weise dazu verpflichtet, für 10 Jahre weitere Modernisierungsmaßnahmen in der Wohnung der Beklagten nur mit Zustimmung der Beklagten durchzuführen mit Ausnahme folgender Maßnahmen:
Energiesparende Maßnahmen, wobei dieser Begriff dergestalt mit einem Stern gekennzeichnet ist, dass er anschließend ausschließlich auf Wärmedämm-Maßnahmen an der Fassade von außen verweist.
Aus dieser Anordnung ist im Wege der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu ermitteln, dass während der Zehnjahresfrist als energiesparende Maßnahmen allein Wärmedämm-Maßnahmen an der Fassade von außen zustimmungsfrei möglich sind.
Dasselbe gilt für die darüber hinaus ausdrücklich genannten Modernisierungen:
Telefonanschluss, Kabelfernsehanschluss, Installation einer Wechselsprechanlage.
Der von den Klägern beabsichtigte Anschluss der Wohnung der Beklagten an eine Zentralheizung ist insoweit in diesem zustimmungsfreien Modernisierungskanon nicht erfasst und kann daher nach dieser Vereinbarung nicht vor dem 9.3.2003 verlangt werden.
6. Einen Austausch des vorhandenen Gasherdes gegen einen Elektroherd sind die Beklagten unter keinen Umständen zu dulden verpflichtet. Die Erneuerung der Gasleitung ist inzwischen vorgenommen worden. Das Argument der Überschreitung der Opfergrenze ist damit hinfällig geworden. Das Amtsgericht hat damit zu Recht auch die Erledigung des ursprünglichen Wiederherstellungsanspruches festgestellt. …
03.01.2018