Leitsätze:
1. Der Mieter ist nicht zur Zahlung einer Nachforderung aus einer Betriebskostenabrechnung vepflichtet, wenn der Vermieter die Übersendung von Rechnungskopien von einem nicht nur geringfügig überhöhten Kostenvorschuss abhängig macht.
2. Für die Herstellung von Kopien sind Kosten von 0,25 Euro pro Blatt in der Regel ausreichend.
AG Mitte, Urteil vom 21.3.03 – 18 C 241/02 –
Mitgeteilt von RA Henrik Solf
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Beklagte schuldet dem Kläger gegenwärtig keine Zahlung von Betriebskostennachforderungen für 1999 aus dem Mietvertrag.
Dem Grunde nach schuldet der Beklagte den Ausgleich von Nachforderungen aus der Betriebskostenabrechnung. Der Kläger hat aber seine Verpflichtung, dem Beklagten Einsicht in die Unterlagen zu der Betriebskostenabrechnung zu gewähren, nicht hinreichend erfüllt, so dass dem Beklagten jedenfalls ein Zurückbehaltungsrecht zusteht.
Der Mieter hat gegen den Vermieter einen Anspruch auf Einsicht in die Unterlagen bzw. auf die Überlassung von Ablichtungen der Originalunterlagen zur Betriebskostenabrechnung (Langenberg, Betriebskostenrecht, 3. A. 2002, S. 326 ff. m.w.N.). Auch wenn der Sitz des Vermieters bzw. der von ihm beauftragten Hausverwaltung am Ort des Mietobjekts liegt, kann der Vermieter den Mieter entgegen der Annahme des Klägers nicht auf sein Einsichtnahmerecht im Büro verweisen, denn dies würde die Interessen des Mieters nicht hinreichend berücksichtigen (Langenberg, a.a.O., S. 327; a.A. LG Berlin vom 29.4. 2002, GE 2002, S. 860). Für eine eingehende Prüfung einschließlich der Erörterung von Zweifelsfragen mit kundigen Dritten wäre der Mieter gehalten, sich umfangreiche Notizen zu machen oder die Belege vollständig abzuschreiben. Diesem Schreib- und Zeitaufwand steht der kurze Kopiervorgang gegenüber.
Der Mieter hat dem Vermieter jedoch die durch die Ablichtung entstehenden, zusätzlichen Kosten zu erstatten. Hierzu zählen neben den Kosten für die Kopien die Personalkosten, die für die Anfertigung der Kopien erforderlich sind sowie die Kosten für die Versendung (Langenberg, a.a.O., S. 328 m.w.N.). Zu beachten ist dabei, dass die bei einer Einsichtnahme vor Ort ohnehin anfallenden Kosten, also die Personalkosten für das Heraussuchen und das eventuell notwendige Aufarbeiten und Sortieren der Belege, nicht vom Mieter zu tragen sind, sondern zu den Verwaltungskosten des Vermieters gehören (Langenberg, a.a.O., S. 329, 322). Für die Herstellung von Ablichtungen und die Übersendung sind Kosten von circa 0,25 Euro pro Kopie in der Regel ausreichend (0,50 DM, Langenberg, a.a.O., m.w.N.). Die Übersendung kann der Vermieter von einem entsprechenden Kostenvorschuss des Mieters abhängig machen.
Kommt der Vermieter dem Wunsch nach Übersendung nicht nach, steht dem Mieter jedenfalls ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der begehrten Nachforderung zu (Langenberg, a.a.O., S. 329), wobei eine Verurteilung Zug um Zug gegen Übersendung ausscheidet, weil sie den Interessen des Mieters, die Belege prüfen zu können, nicht hinreichend Rechnung trüge und im Ergebnis sein Prüfungsrecht verkürzen würde (Langenberg, a.a.O., S. 326). Vielmehr ist eine Klage auf Nachforderung abzuweisen (Langenberg, a.a.O., m.w.N.). Nichts anderes kann gelten, wenn der Vermieter die Übersendung von einem nicht nur geringfügig überhöhten Kostenvorschuss abhängig macht.
Indem der Kläger die Übersendung von Ablichtungen von Kosten in Höhe von 0,50 Euro abhängig machte, hat er einen deutlich überhöhten Kostenvorschuss gefordert und damit die Rechte des Beklagten auf Überprüfung der Betriebskostenabrechnung unzulässig verkürzt. Der Beklagte hatte mit Schreiben vom 20.2.2002 erfragt, welche Kosten für eine Übersendung anfallen. Der Kläger wies daraufhin am 28.2.2002 auf Kosten von 0,50 Euro pro Ablichtung hin. Unter dem 5.3.2002 erklärte der Beklagte sich mit der Zahlung von 0,26 Euro einverstanden. Mit Schreiben vom gleichen Tag hielt der Kläger an seiner Forderung von 0,50 Euro fest.
Die nach gerichtlichem Hinweis mit Schriftsatz vom 27.2.2003 mitgeteilte Bereitschaft, die Ablichtungen für 0,25 Euro pro Blatt zur Verfügung zu stellen, erfolgte verspätet. Unter Zugrundelegung normaler Postlaufzeiten war dem Beklagten eine Überprüfung der daraufhin zu übersendenden Belege bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 12.3.2003 nicht mehr möglich. Dem Mieter ist in der Regel eine Prüfzeit von 14 Tagen zuzubilligen (LG Berlin vom 1.9.2000, ZMR 2001 S. 33, 34), die sich nach dem Sinn und Zweck auch auf die Belege erstreckt.
Selbst wenn dem Mieter ein Anspruch auf Übersendung von Belegablichtungen versagt würde (so LG Berlin vom 29.4.2002, a.a.O.), müsste der Kläger sich an seiner in den Schreiben vom 28.2.2002 und 5.3.2002 zum Ausdruck gekommenen Bereitschaft zur Übersendung festhalten lassen, denn der Beklagte durfte auf Grund der Schreiben davon ausgehen, dass der Kläger grundsätzlich zur Übersendung bereit ist.
Nichts anderes folgt daraus, dass der Beklagte nicht spezifizierte, welche Belege er einsehen bzw. übersandt haben wolle. Zwar kann der Mieter nicht pauschal alle Belege verlangen, sondern hat sein Einsichtsbegehren auf konkret zu bezeichnende Belege zu einzelnen Abrechnungspositionen zu richten (Langenberg, a.a.O., S. 326 m.w.N.). Die unterlassene Spezifizierung führt aber vorliegend nicht dazu, dass die überhöhte Kostenforderung des Klägers gegenstandslos würde. Vielmehr ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Kläger bis zu seinem – verspäteten – Schreiben vom 27.2.2002 auch bei einer Spezifizierung an seiner überhöhten Kostenforderung festgehalten hätte.
Inhaltliche Bedenken gegen die Betriebskostenabrechnung des Klägers wegen der Differenzierung zwischen Gewerbe- und Wohnnutzung können dahinstehen. …
Anmerkung der Redaktion:
siehe Beitrag in MM 03, 83
15.03.2013