Leitsätze:
1. Der Vermieter führt einen Mangel der Mietsache herbei, wenn er im Rahmen einer Modernisierungsmaßnahme Isolierglasfenster einbauen lässt, deren Glasflächen erheblich kleiner sind als die der ursprünglich vorhandenen Altbaufenster.
2. Eine Verringerung der Glasfläche um 23 Prozent ist erheblich und stellt einen Mangel der Mietsache dar. In diesem Fall ist der Mieter berechtigt, pro Fenster die Miete um 3 Prozent zu mindern. Darüber hinaus hat der Mieter einen Mängelbeseitigungsanspruch dahingehend, dass der Vermieter die vor der Modernisierung vorhandene größere Glasfläche der Fenster wiederherstellt.
LG Berlin, Urteil vom 8.1.04 – 67 S 312/01 –
Mitgeteilt von RA Hans-Joachim Gellwitzki
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… I. Die Kläger können von dem Beklagten gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit dem am 25.8.1994 geschlossenen Mietvertrag verlangen, durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass die Lichtfläche der fünf zur Straße gelegenen Fenster der im Vorderhaus 4. Obergeschoss links auf dem Grundstück C.-Straße in Berlin gelegenen Wohnung auf jeweils 0,99 Quadratmeter vergrößert wird. Denn der Kläger hat einen Mangel der Mietsache herbeigeführt, indem er im Rahmen einer Modernisierungsmaßnahme Isolierglasfenster hat einbauen lassen, deren Fläche kleiner ist als die der ursprünglich vorhandenen. Durch diese Maßnahme ist der Einfall von Licht beeinträchtigt worden. Der vertragsgemäße Gebrauch der Wohnung wird durch den Zustand bestimmt, den die Wohnung bei Vertragsschluss hatte. Ein Vermieter darf diesen Zustand grundsätzlich nicht einseitig zum Nachteil des Mieters ändern. Wenn eine Wohnung mit Fenstern einer bestimmten Größe ausgestattet ist, dann muss der Vermieter diese Gegebenheiten bei einer Instandsetzungsmaßnahme berücksichtigen. Es kommt nicht darauf an, ob durch die anderen Fenster auch ein ausreichender Lichteinfall ermöglicht wird. Entscheidend ist, dass der ursprüngliche Lichteinfall ohne Abstriche erhalten bleibt.
a) Die drei zur Straße weisenden Zimmer der Wohnung der Kläger waren bei Vertragsschluss unstreitig mit einfach verglasten Holzfenstern ausgestattet, an deren Innenseiten jeweils ein zweiter Fensterrahmen angesetzt worden war. Am 3.12.1998 tauschten die von dem Beklagten beauftragten Handwerker die Fenster in Abwesenheit der Kläger gegen Isolierglasfenster aus. Die alten Fenster hatten unstreitig eine Glasfläche von wenigsten 0,99 Quadratmeter. Nach Vortrag des Beklagten soll die Fläche sogar 1,092 Quadratmeter betragen haben.
b) Die Isolierfernster haben nach Vortrag des Beklagten eine Fläche von 0,84 Quadratmetern. Daraus ergäbe sich eine Verringerung um 23 Prozent. Nach Vortrag der Kläger sollen die Fenster sogar eine Fläche von nur 0,68 Quadratmeter haben. Dies würde zu einer Verringerung um 37,73 Prozent führen. Aber auch eine Verringerung der Glasfläche um 23 Prozent stellt einen Mangel der Mietsache dar, der zu einer Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs führt. Es ist nachvollziehbar, dass die verringerte Glasfläche weniger Tageslicht in die Räume lässt und deshalb zu einer spürbaren Beeinträchtigung der Wohnnutzung führt.
c) Eine derartige Beeinträchtigung der Wohnnutzung mussten die Kläger nicht auf Grund der Tatsache hinnehmen, dass die Fenster im Rahmen einer Modernisierungsmaßnahme eingebaut worden waren, zu deren Duldung sie sich auf Grund einer Vereinbarung vom 9.11.1998 verpflichtet hatten. Eine andere Betrachtungsweise wäre allenfalls gerechtfertigt, wenn auf Grund der baulichen Gegebenheiten bei den vorhandenen Fensteröffnungen nur der Einbau von lsolierfenstern in der vorliegenden Art und Weise möglich gewesen wäre. Denn in diesem Falle wäre die Zustimmung zu dem Fensteraustausch so zu verstehen, dass sie sich auf eine Maßnahme bezieht, die nicht zu unvertretbaren Kosten führt. Dabei kann allerdings nicht pauschal darauf abgestellt werden, dass dem Kläger zu 1. seine fachliche Kompetenz vorgehalten und ihm vorgeworfen wird, er hätte bei seiner Zustimmung mit einer Verringerung der Glasfläche rechnen müssen. Damit muss er nicht rechnen, wenn technische Lösungen möglich sind, die eine Verringerung der Glasfläche vermeiden. Selbst die Mitteilung der Typenbezeichnung IV 68 in der Modernisierungsankündigung musste nicht zwangsläufig bei den Klägern eine Vorstellung von den genauen Maßen der Fenster hervorrufen. Denn diese Bezeichnung bezog sich auf die Breite des Rahmens.
d) Auf Grund der Ausführungen des Sachverständigen W. in dessen Gutachten vom 21.10.2002 ist davon auszugehen, dass die in dem Beweisbeschluss der Kammer vom 6.6. 2002 angeführten Abstände zwischen den Rahmen der Isolierfenster und den Fensterlaibungen gegeben waren. Daraus geht hervor, dass die eingebauten Fenster die vorhandenen Laibungen nicht vollständig ausschöpften. Des Weiteren hat der Sachverständige bestätigt, dass die Fugen zwischen den eingebauten Fenstern und dem Mauerwerk so hätten verringert werden können, dass vier Zentimeter breitere Fenster hätten eingebaut werden können. Diese allgemeine Feststellung reicht aus, um zu der Überzeugung zu gelangen, dass der Einbau von Fenstern mit einer um vier Zentimeter größeren Breite nicht ausgeschlossen war. Weiterhin hat der Sachverständige bestätigt, dass Fenster mit schmaleren Blend- und Flügelrahmen auf dem Markt verfügbar sind und es technisch möglich gewesen wäre, solche Fenster mit schmaleren Blend- und Flügelrahmen einzubauen. Dies hat er auch im Rahmen seiner mündlichen Anhörung im Termin am 24.3.2003 bestätigt.
e) Indessen kann aus rechtlicher Sicht nicht der Auffassung des Sachverständigen gefolgt werden, dass aus Gründen der Fassadengestaltung Sonderlösungen nicht in Betracht zu ziehen sind. Der Gedanke einer einheitlichen Fassadengestaltung, der für sich genommen nachvollziehbar ist, wenn es darum geht, vertikal und horizontal fluchtende Fenster gleicher Größe einzubauen, muss hinter dem rechtlichen Gesichtspunkt zurücktreten, dass der Vermieter im Rahmen einer Modernisierung keine Verschlechterung des Wohnstandards herbeiführen darf. Dies ist aber bei dem Einbau von Fenstern der Fall, der zu einer nicht unwesentlichen Verringerung der Lichteintrittsfläche führt.
f) Der Gesichtspunkt, dass die Sonderanfertigung von Fenstern mit einer größeren Fläche als der gegenwärtig vorhandenen nach Darstellung des Sachverständigen zu Mehrkosten von 30 bis 50 Prozent führen würde, kann nicht dazu führen, dass die Kläger eine nicht unerhebliche Verschlechterung der Beleuchtungsverhältnisse in ihrer Wohnung hinnehmen müssen. …
Anmerkung der Redaktion:
vgl. AG Hamburg WM 99, 160
03.01.2018