Leitsatz:
Bei komplexen Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen muss in der Modernisierungsankündigung die voraussichtliche Dauer für jede einzelne Baumaßnahme getrennt angegeben werden (gegen AG Mitte vom 12.7.2004 – 20 C 11/04 -, GE 04, 1235).
AG Mitte, Urteil vom 17.11.04 – 21 C 120/04 – [rkr.]
Mitgeteilt von RA Sebastian Leonhard
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… Soweit die Klägerin die Duldung von Modernisierungsmaßnahmen begehrt (Klageanträge 1.1 bis 1.17), besteht ein Anspruch aus § 554 Abs. 2 BGB auf Duldung dieser Maßnahmen gegenüber dem Beklagten nicht, weil die Ankündigung vom 26.1.2004 den formellen Anforderungen nach § 554 Abs. 3 BGB nicht genügt und deshalb die Duldungspflicht nicht auslösen kann. Das gilt für sämtliche Modernisierungsmaßnahmen gleichermaßen.
Denn in der Ankündigung vom 26.1.2004 ist die voraussichtliche Dauer der einzelnen Modernisierungsmaßnahmen nicht angegeben worden. Die Klägerin hat lediglich für alle Maßnahmen zusammen einen konkret bestimmten Zeitraum, nämlich die Zeit vom 21.6. bis 29.10.2004 angegeben, aber nicht angekündigt, welche Bauzeit die jeweiligen Gewerke im Einzelnen beanspruchen.
Nach Auffassung des Gerichts ist diese Angabe der voraussichtlichen Einzelbauzeiten aber sowohl nach dem Wortlaut des Gesetzes als auch nach seinem Sinn und Zweck erforderlich.
§ 554 Abs. 2 BGB spricht von einer einzelnen Modernisierungsmaßnahme und legt in Absatz 3 fest, dass ihre voraussichtliche Dauer anzugeben ist. Der Vermieter kann zwar mehrere Maßnahmen verbinden und hintereinander oder parallel zueinander durchführen lassen. Dem steht § 554 BGB in keiner Weise entgegen. Dem Gesetz ist aber nicht zu entnehmen, dass im Falle einer solchen Verbindung sämtliche Modernisierungsmaßnahmen als einheitliche Maßnahme anzusehen sind und deshalb nur für alle Maßnahmen zusammen eine gemeinsame und pauschale voraussichtliche Dauer anzugeben ist. Die Verbindung mehrerer Maßnahmen soll insoweit keine Erleichterung in Bezug auf die Anforderungen des § 554 Abs. 3 BGB herbeiführen. Das zeigt auch ein Vergleich zu den Anforderungen an die Ankündigung der voraussichtlichen Mieterhöhung. Auch diese Ankündigung muss der Vermieter für jede einzelne Maßnahme gesondert angeben. Gleiches muss deshalb auch bei einer Bündelung einzelner Modernisierungsmaßnahmen grundsätzlich für die Dauer der einzelnen Maßnahmen gelten (vgl. auch Kinne/Schach, Mietvertrags- und Mietprozessrecht, 3. Auflage, § 554 Rn. 142 a.E.; LG Berlin GE 1992, 1101).
Etwas anderes mag gelten, wenn mehrere Einzelmaßnahmen untrennbar miteinander zusammenhängen, was hier jedoch nicht der Fall ist. Der Einbau der Heizung hängt hinsichtlich der dafür erforderlichen Arbeiten z.B. nicht mit den Grundrissänderungen oder dem Einbau des Badezimmers zusammen.
Die hier vertretene Auslegung steht auch mit dem Sinn und Zweck der in § 554 Abs. 3 BGB festgelegten Ankündigungspflicht in Einklang. Die Informationen aus der Ankündigung sollen dem Mieter die Möglichkeit geben, zu prüfen, ob er von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen will oder sich auf die Härteklausel gemäß § 554 Abs. 2 S. 2 und 3 BGB berufen kann und will (vgl. Emmerich/Sonnenschein, Miete, 8. Auflage, § 554 Rn. 25). Wenn ihm die voraussichtliche Dauer der einzelnen Maßnahmen nicht mitgeteilt wird, kann der Mieter diese Überlegungen jedoch nicht in ausreichendem Maße anstellen, denn er kann nicht erkennen, welche Arbeiten voraussichtlich gleichzeitig ablaufen werden und in welchen Zeiträumen er mit welchen Arbeiten konkret zu rechnen hat. Erst mit diesen Angaben kann er aber beurteilen, ob die Belastung ein Ausmaß annimmt, dass im Sinne von § 554 Abs. 2 S. 2 und 3 BGB relevant wird. Außerdem vermag der Mieter ohne diese Angaben nicht zu erkennen, wie es sich auf die Belastungsdauer und -intensität auswirkte, wenn einzelne, erkennbar unzulässige Maßnahmen wegfielen. Schließlich ist der Mieter ohne diese Angaben auch nicht in der Lage, seine persönliche Zeitplanung hinreichend genau vorzunehmen.
Im konkreten Fall ist noch zu berücksichtigen, dass die angegebene Zeitspanne immerhin vier volle Monate umfasst. Ohne die hier fehlenden Angaben zur voraussichtlichen Dauer der einzelnen Maßnahmen hat der Beklagte keine Anhaltspunkte dafür, ob die Wohnung über die gesamte Zeit vollständig betroffen sein wird oder ob z.B. ein Teil der Wohnung jedenfalls für Teilzeiträume jeweils als Abstellraum genutzt werden kann. Er kann auch nicht beurteilen, welche Auswirkungen es auf die Bauzeit hätte, wenn z.B. der Abriss der Trennwand zwischen den beiden Wohnräumen als nicht zu dulden entfiele. Dafür spricht hier immerhin viel, da nicht ersichtlich ist, weshalb die Umwandlung von zwei Wohnräumen in einen eine Wohnwertverbesserung bewirken soll.
Entgegen der Auffassung der Klägerin wirken sich die Änderungen, die mit Einführung des § 554 BGB aktueller Fassung (gegenüber dem alten § 541 b BGB) vom Gesetzgeber vorgenommen wurden, auf die Auslegung nicht aus.
Dabei ist zunächst zu beachten, dass sich der Gesetzeswortlaut in Bezug auf die geforderte Angabe zur „voraussichtlichen Dauer“ der Maßnahme nicht verändert hat, weil auch in § 541 b BGB a.F. insoweit bereits nur die „voraussichtliche“ Dauer angegeben werden musste. Aber auch die von der Klägerin hier angeführte Begründung zur Gesetzesänderung vermag das Gericht nicht von einer anderen Auslegung zu überzeugen. Es ist zwar zutreffend, dass der Gesetzgeber die insgesamt sehr hohen Anforderungen, die in der Rechtsprechung in Bezug auf die Modernisierungsankündigung unter der alten Gesetzeslage entwickelt worden waren, reduzieren wollte. Das bezieht sich aber erkennbar nur darauf, vom Vermieter keine zu konkreten und in zeitlicher Hinsicht zu engen Angaben zu fordern, weil der Vermieter zum Zeitpunkt der Modernisierungsankündigung entsprechend konkrete Festlegungen kaum in verlässlicher Weise vornehmen können dürfte und er auch durch aktuelle Änderungen im tatsächlichen Bauablauf zu Modifizierungen gezwungen sein dürfte. Daraus resultiert die Einfügung des Wortes „voraussichtlich“ auch bei der Art und bei dem Beginn der Modernisierungsmaßnahmen. Es ist aber weder aus dem aktuellen Gesetzestext noch aus seiner Begründung zu ersehen, dass durch diese Neufassung der Vermieter die erforderlichen Informationen zur voraussichtlichen Dauer der Maßnahmen bei Durchführung mehrerer Modernisierungsmaßnahmen nur noch pauschal für alle Maßnahmen gemeinsam anzugeben hätte. Das Gericht schließt sich deshalb ausdrücklich nicht der im Urteil des Amtsgerichts Mitte vom 12.7.2004, Az: 20 C 11/04 (GE 2004, 1234), vertretenen abweichenden Auffassung an, weil es insoweit eine entsprechende Änderung der Rechtslage durch die Einführung des heute gültigen § 554 BGB gerade nicht für gegeben hält. Ein rechtlicher Hinweis gemäß § 139 ZPO war hierzu nicht erneut erforderlich, da beide Parteien zu dieser Frage umfassend vorgetragen haben und dieser Aspekt in der Verhandlung vom 1.9.2004 auch erörtert worden ist (auch wenn dies nicht ausdrücklich im Protokoll vermerkt wurde). …
01.01.2018