Leitsätze:
1. Bei einer ohne Zustimmung des Mieters vorgenommenen Umstellung auf Wärmecontracting dürfen weiterhin nur die Heizkosten auf den Mieter umgelegt werden, die auch bislang aufgrund des Mietvertrags umlegbar waren. Der Vermieter muss die nicht umlagefähigen Kosten (zum Beispiel Investitionskosten) gesondert ausweisen und aus der Heizkostenabrechnung herausnehmen.
2. Kann der Vermieter die genaue Zusammensetzung des Grundpreises seines Wärmecontractors nicht aufschlüsseln, stehen ihm Nachzahlungen aus der Heizkostenabrechnung nicht zu.
3. Eine mietvertragliche Vereinbarung, wonach der Mieter die Umstellung der Sammelheizung auf Fernheizung zu dulden habe, ist etwas anders als die Umstellung auf Wärmecontracting.
LG Berlin, Urteil vom 21.12.06 – 62 S 256/06 –
Mitgeteilt von RA Jörg Grützmacher
Urteilstext
Aus den Gründen:
… Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Zutreffend hat das Amtsgericht die Klage auf Nachzahlung aus den Heizkostenabrechnungen für die Jahre 2001 bis 2004 abgewiesen. In den Abrechnungen werden nach deren Inhalt nicht ausscheidbare Kosten auf die Beklagte umgelegt, auf deren Erstattung die Klägerin keinen Anspruch hat.
Grundsätzlich gilt, dass mit der Miete die vom Vermieter zu erbringenden Leistungen abgegolten werden. Soll der Mieter für Leistungen des Vermieters über die Miete hinaus eine gesonderte Vergütung bzw. Kostenumlage entrichten, bedarf dies einer ausdrücklichen Vereinbarung (vgl. BGH NZM 2004, 253 f.; BGH NJW 2004, 1380 f.). Betriebskosten können auf den Mieter im Übrigen gesondert nur dann umgelegt werden, soweit dies nach Art und Umfang zwischen den Parteien vereinbart ist (BGH WuM 2004, 399 f.; BGH WuM 2004, 290 f.; BGH WuM 2004, 292 f.; BGH NJW-RR 2000, 1463 f.). Inwieweit dem Vermieter entstehende Kosten im Zusammenhang mit der Fremdvergabe des Betreibens einer Heizungsanlage umlagefähig sind, kann dementsprechend nicht generell beantwortet werden; dies hängt vielmehr zum einen vom Inhalt des Vertragsverhältnisses zwischen Vermieter und Mieter und zum anderen vom Leistungsumfang aus dem Vertragsverhältnis zwischen Vermieter und Anlagenfremdbetreiber ab (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2005, VIII ZR 54/04 = NJW 2005, 1774 ff.; LG Köln WuM 2004, 400 ff.; LG Bochum WuM 2004, 477 ff. und WuM 2005, 245 ff., LG Berlin WuM 2004, 611 ff.; LG Essen NZM 2001, 90; LG Braunschweig ZMR 2000, 832).
Zwar bedarf die Umstellung auf Wärmecontracting als solche nicht der Zustimmung des Mieters, jedoch dürfen bei einer ohne Zustimmung vorgenommenen Umstellung weiterhin nur die Kosten der Wärmeversorgung auf den Mieter umgelegt werden, die auch bislang aufgrund des Mietvertrages umlagefähig waren. Hierzu gehören insbesondere nicht die Investitionskosten, die bei einem Betrieb der Heizungsanlage durch einen Dritten gewöhnlich anfallen. Der Vermieter muss diese nicht umlagefähigen Kosten gesondert ausweisen und aus der Heizkostenabrechnung herausnehmen. Dies hat der BGH in einem Fall entschieden, in dem der Anlagenbetreiber zu einer solchen gesonderten Ausweisung bereit und in der Lage war (BGH, GE 2005, 665 – re. Sp. unten), wobei es auf diesen Aspekt nach Auffassung der Kammer nicht wesentlich ankommen kann. Da eine solche getrennte und für den Mieter nachvollziehbare Herausrechnung der nicht umlagefähigen Kosten generell möglich ist, kann es nicht zu Lasten des Mieters gehen, wenn der Vermieter eine Vertragsgestaltung mit dem Anlagenbetreiber wählt, die eine solche Herausrechnung im Einzelfall als nicht möglich erscheinen lässt.
Eine Vereinbarung der Parteien oder eine wirksame einseitige Erklärung des Vermieters, dass über die vertragliche Regelung hinaus Betriebskosten aufgrund der eigenständigen gewerblichen Lieferung von Wärme auf den Mieter umgelegt werden können, ist nicht ersichtlich.
Vorliegend haben die Parteien in § 3 des Mietvertrages eine sogenannte Teil-Inklusivmiete vereinbart, wobei der Mieter neben der Miete (nur) eine Umlage für Heizkosten zu tragen hat. Die Abrechnungen betreffen jedoch nicht den Betrieb der bei Vertragsschluss in Eigenregie betriebenen vorhandenen Zentralheizung. Im Übrigen enthält der Mietvertrag keine ausdrückliche Regelung zur Umlage weiterer Kosten.
Die nach § 11 MietV von der Beklagten zu duldende Umstellung der Sammelheizung auf Fernheizung ist etwas anderes als die hier vorgenommene Umstellung auf „Wärmecontracting“. Auch lässt sich § 11 Nr. 2 Satz 1 MietV lediglich eine Duldungspflicht der Beklagten zu Maßnahmen zur Verbesserung oder Modernisierung der Mietsache entnehmen. Abgesehen davon, dass die Umstellung auf Wärmecontracting für den Mieter weder eine Verbesserung noch eine Modernisierung der Mietsache mit sich bringt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine Zustimmung des Mieters erforderlich, durch die Umstellung der Wärmeversorgung mit zusätzlichen Kosten belegt zu werden. Dies lässt sich der genannten Duldungspflicht nicht entnehmen, zumal sich § 11 Nr. 2 Satz 4 MietV entnehmen lässt, dass die Duldung für den Mieter gerade nicht mit Kosten oder Aufwendungen verbunden sein soll. Das Entstehen einer weitergehenden vertraglichen Grundlage hat die Klägerin nicht dargetan.
Die Umlage neu entstandener Betriebskosten durch einseitige Erklärung des Vermieters war bei Umstellung des Heizungsbetriebs im Jahre 2000 nicht möglich, denn der Zeitraum aus der Übergangsregelung in § 14 Abs. 1 MHG war bereits abgelaufen und ferner gilt diese Vorschrift nur für das Beitrittsgebiet. Insoweit ergibt sich auch nichts anderes aus der Entscheidung des BGH – VIII ZR 286/02, Urteil vom 16. Juli 2003 (= NZM 2003, 747 f.). Dort hat der BGH entschieden, dass zum Entgelt für die Wärmelieferung bei der eigenständigen gewerblichen Lieferung von Wärme im Sinne von Nr. 4 c der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der Zweiten Berechnungsverordnung (II. BV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Oktober 1990 die kompletten vom Versorgungsunternehmen berechneten Kosten zählen, einschließlich der darin enthaltenen Investitions- und Verwaltungskosten und auch der Unternehmergewinn des Lieferanten. Eine Vereinbarung der Parteien oder eine wirksame einseitige Erklärung des Vermieters, dass über die vertragliche Vereinbarung hinaus Betriebskosten i.S.d. Nr. 4 c der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. BV auf den Mieter umgelegt werden können, ist jedoch nicht ersichtlich.
Die Klägerin kann die in den streitgegenständlichen Abrechnungen in Ansatz gebrachten Heizkosten auch nicht nach § 7 Abs. 3 und 4 HeizkostenV auf die Beklagte umlegen. Zwar sehen die maßgeblichen Bestimmungen der Heizkostenverordnung vor, dass der Vermieter entweder selbst die Wärmelieferung übernimmt und die hierbei umlagefähigen Kosten nach § 7 Abs. 2 HeizkostenV gegenüber den Verbrauchern abrechnet oder dass er die Wärmelieferung auf einen Dritten überträgt und dann die Kosten, die ihm für die Wärmelieferung in Rechnung gestellt werden, nach § 7 Abs. 3 und 4 HeizkostenV berechnet. Letzteres setzt aber voraus, dass der Vermieter mit den Mietern entsprechende vertragliche Vereinbarungen trifft, die Heizkostenverordnung gibt dem Vermieter kein Recht, den mit den Mietern abgeschlossenen Mietvertrag einseitig zu ändern (BGH NJW 2005, 1776 ff.; LG Köln WuM 2004, 400 ff.; LG Neuruppin WuM 2000, 554 f.).
Die Klägerin hat ihrer Obliegenheit, die nicht umlagefähigen Kosten für den Mieter nachvollziehbar aufzuschlüsseln und nachzuweisen, nicht genügt. Insofern genügt die Angabe, der Contractor habe im Schreiben vom 7. April 2003 mitgeteilt, dass 100 Prozent des Arbeitspreises und 59 Prozent des Grundpreises umlagefähig seien, nicht. Auch die Bescheinigung der Firma E. vom 14. September 2006 ist unzureichend, weil sie die Kalkulationsgrundlagen nicht erkennen lässt. Neben den als nicht umlagefähig bezeichneten Kosten für Investition und Instandhaltung enthält der an den Wärmeversorger zu entrichtende Betrag regelmäßig Rücklagen, Finanzierungskosten, Pachtzinsen, Abschreibungen, Gewinnanteile, Steuerbelastungen etc. (vgl.
Schmidt/Futterer/Lammel, 8. Aufl., § 1 HeizKostV Rn. 9). Eine nachvollziehbare Aufschlüsselung muss dem Mieter ermöglichen, der im Einzelnen dargestellten Zusammensetzung des Grundpreises zu entnehmen, welche Positionen umlagefähig sind, da diese auch bei dem Selbstbetrieb der Heizungsanlage durch den Vermieter angefallen wären, und welche nicht. Die Klägerin legt selbst dar, dass die genaue Angabe der Zusammensetzung des Grundpreises – vor allem auch hinsichtlich der Gewinnanteile des Contractors – nicht möglich sei, da die Offenbarungspflicht des
Wärmeversorgers weitgehend beschränkt sei. Die Lösung dieses auf Seiten des Vermieters liegenden Problems kann jedoch nicht darin liegen, nicht aufschlüsselbare Kostenanteile auf den Mieter umzulegen, die dieser nach der vertraglichen Vereinbarung nicht schuldet. …
Mitgeteilt von RA Jörg Grützmacher
04.01.2018