Leitsatz:
Es stellt einen Mangel der Mietsache dar, wenn der Mieter zur Vermeidung von Schimmelbildung täglich 6-mal (davon 2-mal nachts) lüften muss, um Schimmelbildung zu vermeiden.
AG Mitte, Urteil vom 28.5.2009 – 12 C 234/05 –
Mitgeteilt von RAin Barbara Vogt
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist teilweise begründet; die Widerklage ist unbegründet.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Beseitigung von Mängeln im Kinderzimmer und im Badezimmer gemäß § 535 Abs. 1 BGB.
Die Tatsache, dass in den vorgenannten Wohnräumen an den Wänden ein Befall mit Schimmelpilzen gegeben ist, stellt einen Mangel der Mietsache dar.
Dies ergibt sich aus dem eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. M. und der mündlichen Erläuterung durch den Sachverständigen im Termin vom 20.3.2009.
a. Schimmelbildung im rechts gelegenen Wohnraum (sog. Kinderzimmer)
Die Tatsache, dass im Bereich der südlich gelegenen Außenwand ein Befall mit Schimmel besteht, stellt einen Mangel der Mietsache dar. Dies ergibt sich aus dem eingeholten Gutachten des Sachverständigen M. Der Sachverständige hat bei seiner Begehung der Wohnung festgestellt, dass sich Schimmel oberhalb der Sockelleiste im Bereich der südlich gelegenen Außenwand in der Fensternische befindet.
Der Schimmelbefall ist auch dem Verantwortungsbereich der Klägerin zuzurechnen. Der Fehler des Mietobjekts liegt darin begründet, dass die Wohnung Mängel aufweist, welche durch ein übliches Wohnverhalten nicht mehr vermieden werden können. Die Klägerin hat den Nachweis erbracht, dass nur durch ein übermäßiges Lüftungsverhalten, welches ihr nicht zumutbar ist, die Schimmelbildung verhindert werden kann.
Der Sachverständige hat in seiner mündlichen Erläuterung des Gutachtens ausgeführt, dass eine Ofenheizung einen erhöhten Luftbedarf benötigt, damit Luft nachströmen kann, die durch die Verbrennung über den Kamin abgeführt wird. Die vormals eingebauten Kastendoppelfenster besaßen aufgrund ihrer nicht vorhandenen Passgenauigkeit im Gegensatz zu modernen Fenstern, die über Kunststoffdichtungen verfügen, eine selbstständige Grundlüftung. Diese Grundlüftung war abhängig von Temperaturunterschieden als auch vom Wind.
Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist davon auszugehen, dass 30 Kubikmeter pro Stunde pro Person benötigt werden bzw. 500 Kubikmeter pro Tag und pro Person. Ausgehend von zwei Personen und einer Wohnungsgröße von 40 qm, welches ca. einem Raumvolumen von 120 entspricht, und ausgehend auch von einem Querlüften, das bedeutet, dass in der Wohnung zwei Fenster gleichzeitig geöffnet werden, und zwar in unterschiedlichen Räumen, und dazu ca. noch eine Öffnung der Fenster von 1 ½ qm, wären dies am Tage ca. 1000 Kubikmeter Luft, die ausgetauscht werden müssten. Dabei wurde eine Strömungsgeschwindigkeit von 1 Meter pro Sekunde zugrunde gelegt. Daraus folgt, das ca. 40 Minuten am Tag eine Öffnung der Fenster mittels Querlüftung vorliegen müsste. Ausgehend davon, dass ca. 8 Luftwechsel am Tag stattfinden müssten und wenn man davon ausgeht, dass zwei Luftwechsel durch die vorhandenen Öffnungen stattfinden, verbleiben noch 6 Luftwechsel am Tag, so dass auch nachts Luftwechsel vorgenommen werden müssten zur Vermeidung einer Schimmelbildung.
Ob die tägliche Lüftung eines Raumes zwei- oder dreimal für den Mieter zumutbar ist, bedarf keiner Entscheidung; jedenfalls eine erforderliche Lüftung von sechsmal am Tag ist nicht mehr zumutbar und nicht mehr als üblich und hinnehmbar anzusehen (so auch LG Hamburg, NJW-RR, 1309 und OLG Frankfurt, NZM 2001. 39).
b. Schimmelbildung im Badezimmer
Die Tatsache, dass im Bereich des Abwasserrohrs ein Befall mit Schimmel besteht, stellt einen Mangel der Mietsache dar.
Dies ergibt sich aus dem eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. M.. Der Sachverständige hat bei seiner Begehung der Wohnung festgestellt, dass sich Schimmel unmittelbar angrenzend an das Abwasserrohr Fallrohr/Ausgussrohr befindet.
Die Klägerin hat – wie bereits unter 1 b ausgeführt – den Nachweis erbracht, dass nur durch ein übermäßiges Lüftungsverhalten, welches ihr nicht zumutbar ist, die Schimmelbildung verhindert werden kann.
Da ein dreimaliges Stoßlüften zur Vermeidung der Schimmelbildung nicht ausreicht und hier kein ein normales alltägliches Wohnverhalten verlangt wird. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die Wohnung bei normalem Nutzerverhalten nicht nutzbar ist, kann Mitverschulden der Klägerin nicht festgestellt werden. Insoweit war auf den Hilfsantrag der Beklagten keine Feststellung zu treffen, dass die Klägerin die Kosten der Instandsetzung im Umfange ihres Mitverschuldenanteils zu tragen hat.
2. Die Klage auf Mängelbeseitigung unterlag der Abweisung, soweit die Klägerin einen Befall mit Schimmel im Wohnzimmer und in der Küche behauptet hatte. Der Sachverständige konnte bei der Ortsbesichtigung in den Räumen keinen Schimmelbefall feststellen.
Der Einwand der Beklagten, dass ihre Verpflichtung zur Mängelbeseitigung mit Eintragung der neuen Eigentümerin entfallen sei, geht fehl.
Nach § 265 Abs. 2 ZPO hat die Veräußerung des Streitsache nach Rechtshängigkeit keinen Einfluss auf den Prozess. Die Klage auf Mängelbeseitigung wurde mit Zustellung an die Beklagte am 30.8.2005 rechtshängig. Am 26.7.2007 wurde erst die M… als neue Grundstückseigentümerin eingetragen.
3. Eine Erledigung der Widerklage liegt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht vor. Es mangelt bereits an einem erforderlichen Prozessrechtsverhältnis. Die Widerklage vom 13.12.2005 auf Zahlung von rückständiger Miete konnte nicht wirksam an die Klägerin zugestellt werden. Am 13.7.2005 wurde bereits ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin eröffnet. Nach § 240 ZPO war das Verfahren unterbrochen. Eine Zustellung der Widerklage war gemäß § 249 Abs. 2 ZPO beiden Parteien gegenüber wirkungslos.
11.06.2018