Die Gesetzeslage ist klar: Die Kosten einer energetischen Sanierung können vom Vermieter umgelegt werden. Und von diesem Recht machen Vermieter – kommunale wie private – auch Gebrauch. Dass es auch anders geht, lässt aufhorchen.
Eine kleine Pressemitteilung verkündete Ende Mai: In der südlichen Friedrichstadt verzichtet ein privater Eigentümer nach energetischer Sanierung auf die fällige Modernisierungsumlage. Was so ganz unscheinbar und wenig spektakulär in den Zeitungsspalten auftauchte, bezeichnet Werner Oehlert, Geschäftsführer von ASUM (Angewandte Sozialforschung und urbanes Management), als einen bisher einmaligen Fall in Berlin. „Es ist ein guter Deal für die Bewohner“, erklärt er. Hintergrund war eine – dringend notwendige – energetische Sanierung an den Häusern um den Mehringplatz. Ihre Fassaden werden mit einem Wärmedämmverbundsystem versehen, und die rund 350 Wohnungen erhalten neue Fenster. Nach ersten Schätzungen hätte die Umlage, die nach einer solchen Sanierung von den Mietern gezahlt werden muss, bei 1,60 Euro pro Quadratmeter monatlich gelegen.
„Selbst wenn man von einer einkommensabhängigen Staffelung der Modernisierungsumlage ausgegangen wäre“, so Werner Oehlert, „hätten viele die höhere Miete nicht verkraftet. Eine Reihe von Bewohnern wäre aus ihren Wohnungen vertrieben worden.“ Der Mehringplatz gilt als einer der sozialen Brennpunkte in Kreuzberg: 22 Prozent aller erwerbsfähigen Anwohner hier sind arbeitslos.
„Was den Vermieter letztlich zu dem Zugeständnis veranlasst hat“, so Werner Oehlert, „war die Umgehung des aufwendigen Genehmigungsverfahrens, das ihm im Sanierungsgebiet bevorstand.“ Und so nahm er das Angebot des Bezirksamts dankbar an: Dauerhafter Verzicht auf die Modernisierungsumlage – und dafür grünes Licht für die energetische Sanierung, die noch in diesem Jahr beginnen soll.
Nun liegen den betroffenen Mietern entsprechende Vereinbarungen vor: „Die sollten auch alle unterzeichnen, damit die Vereinbarung zivilrechtliche Gültigkeit erhält“, rät der ASUM-Geschäftsführer. Und setzt hinzu: „Die Modernisierungsumlage ist damit ausgeschlossen – das heißt allerdings nicht, dass die Mieten am Mehringplatz dauerhaft eingefroren sind.“
Rosemarie Mieder
MieterMagazin 9/13
Am Kreuzberger Mehringplatz verzichtete ein Vermieter auf die Modernisierungsumlage
Foto: Sabine Münch
11.05.2017