Die energetische Gebäudesanierung macht für viele Menschen das Wohnen unbezahlbar und birgt „erheblichen sozialen Sprengstoff“ – das behauptet eine aktuelle Studie. Die Deutsche Energie-Agentur (dena) widerspricht heftig.
Unvorstellbare 2,1 Billionen Euro müssen investiert werden, wenn, wie von der Bundesregierung gefordert, der Energiebedarf des Gebäudebestands bis 2050 um 80 Prozent gesenkt werden soll. Das ergab eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik und der Technischen Universität Darmstadt. In einem Mehrfamilienhaus verteure sich das Wohnen monatlich um rund 140 Euro pro Wohnung. Das belaste vor allem Geringverdiener.
„Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 900 bis 1300 Euro zahlen nach Sanierung die Hälfte ihres Einkommens für das Wohnen – das ist dramatisch und bricht den Sozialpakt“, warnt Andreas Pfnür von der TU Darmstadt. Die Ausgaben des Staates für das Wohngeld und die Kosten der Unterkunft würden bis 2050 drastisch steigen: von aktuell 17 Milliarden auf über 24 Milliarden Euro pro Jahr.
Die Deutsche Energie-Agentur (dena) weist die Studie vehement zurück. „Die TU Darmstadt stellt die Kosten der energetischen Sanierung unrealistisch hoch dar“, wirft dena-Geschäftsführer Stephan Kohler den Autoren vor. In den Gesamtkosten von 2,1 Billionen Euro seien auch notwendige Instandhaltungen und Modernisierungsmaßnahmen enthalten, die gar nichts mit der energetischen Sanierung zu tun hätten. Besonders die Prognose der Mietsteigerungen weise Fehler auf. So gehe die Berechnung davon aus, dass sämtliche Modernisierungskosten überall und ausnahmslos in voller Höhe auf die Mieten umgelegt werden, und berücksichtige nicht, dass die staatliche Förderung die umlagefähigen Kosten reduziere.
Für die dena sind energetische Gebäudesanierungen das einzige Mittel gegen hohe Kostenbelastungen durch steigende Energiepreise. Stephan Kohler ist überzeugt: „Wenn gar nicht saniert wird, ist das für den Mieter die teuerste Variante, da seine Warmmiete durch die steigenden Energiepreise erheblich stärker steigen wird, als wenn sein Haus saniert wird.“
Jens Sethmann
MieterMagazin 10/13
Was kommt unterm Strich teurer: sanieren oder nicht sanieren?
Foto: Christian Muhrbeck
13.06.2018