Leitsatz:
Entfernt der Mieter eine Trennwand in der Wohnung und legt er das Bad und das Gäste-WC zusammen, ohne hierzu eine Genehmigung des Vermieters zu haben, stellt dies eine schwerwiegende Vertragsverletzung dar, die den Vermieter zur ordentlichen Kündigung nach § 573 Absatz 2 Nummer 1 BGB berechtigt.
LG Berlin vom 3.9.2012 – 67 S 514/11 –
Urteilstext
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um die Räumung und Herausgabe sowie um Mietzinsansprüche für ein Einfamilienhaus.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen – insbesondere wegen der Anträge der Parteien in erster Instanz – und zum Tenor und den Entscheidungsgründen wird auf das am 06. September 2011 verkündete Urteil des Amtsgerichts Spandau Bezug genommen (Bl. 22-30/II d.A.).
Die Beklagten haben gegen das Urteil Berufung eingelegt.
In der Berufung vertiefen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 3. September 2012 haben die Beklagten mitgeteilt, selbst eine Kündigung zum 31. Oktober 2012 erklärt zu haben und bis zum genannten Termin die Wohnung räumen zu wollen. Sie haben weiter im Termin ein Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. … aus dem selbstständigen Beweisverfahren 15 H 1/11 des Amtsgerichts Spandau vorgelegt.
Die Beklagten beantragen in der Berufung, unter Änderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Ergänzend wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
1) Die Berufung ist gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthaft und die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Mindestbeschwer ist erreicht. Die Form- und Fristvorschriften der §§ 517, 519 und 520 ZPO sind erfüllt. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig.
2) Die Berufung hat keinen Erfolg.
a) Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe des Einfamilienhauses aus § 546 Abs. 1 BGB.
Durch die eigene Kündigung der Beklagten wird der Rechtsstreit nicht berührt. Insbesondere haben die Beklagten das Einfamilienhaus noch nicht herausgegeben.
Mit dem Vertrag vom 6. Juli 2009 mieteten die Beklagten von der Klägerin das Einfamilienhaus im … Weg 25, … Berlin. Die Miete betrug 800 €.
Die Parteien kamen – in der Anlage 2 zum Mietvertrag – darin überein, dass verschiedene Arbeiten im und am Haus ausgeführt werden sollten. Die Klägerin übernahm für einen Teil die Kosten.
Die Klägerin rügte, dass die Beklagten verschiedene Veränderungen vorgenommen hätten, die nicht den Absprachen entsprächen, so zum Beispiel:
– Entfernung des Wasserabsperrhahns im Bad,
– Fenster im Bad nicht mehr zu öffnen,
– offene Fugen zwischen den Fliesen im Bad,
– Spritzwassereintritt hinter der Badewanne,
– mangelhafte Fugen zwischen den Fliesen im Flur,
– Schrank im Schlafzimmer vor der Heizung,
– Herd in der Küche mittels 6m Kabel versetzt,
– offene Küche, nur Umluft-Dunsthaube, kein Abzug nach draußen,
– eingezogene Zwischendecke in der Küche,
– Trennwand zwischen Bad und Gäste-WC entfernt,
– fehlendes Gefälle und fehlender Bodenabfluss im Bad,
– fehlende Revisionsklappen an Dusche und Wanne,
– Umbauten (Theke) im Hobbyraum,
– Außenlicht und Steckdose entfernt und
– Schrank-Trennwand entsorgt.
Die Beklagten widersprechen dem Vortrag der Klägerin. Den Einzelheiten dazu muss nicht nachgegangen werden.
Die Klägerin forderte die Beklagten unter dem 20. Mai 2010 auf, den ordnungsgemäßen Zustand wieder herzustellen. Die Beklagten wurden nicht tätig. Die Klägerin sprach unter dem 27. Juli 2010 eine Abmahnung aus. Am 10. September 2010 schließlich erklärte die Klägerin die Kündigung. Im Rechtsstreit hat die Klägerin weitere Kündigungen ausgesprochen.
Die Kündigung der Klägerin ist schriftlich erfolgt (§ 568 Abs. 1 BGB) und ausreichend begründet (§ 569 Abs. 4 BGB).
Die Kündigung ist aus § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB (als ordentliche Kündigung) gerechtfertigt. Die Ausführungen des Amtsgerichts dazu sind zutreffend. Der Einzelrichter schließt sich ihnen an. Die verschiedenen zwischen den Parteien streitigen Umbauten bzw. Veränderungen können ganz überwiegend dahinstehen. Jedenfalls ist es eine schwere Vertragsverletzung, wenn die Mietsache durch die Entfernung einer Wand und die Zusammenlegung von Bad und Gäste-WC in ihrer Substanz verändert wird. In der von den Beklagten zitierten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes des Landes Berlin vom 13. Dezember 2001 (GE 2003, 452f.) ging es nur um den Umbau eines Raumes.
Die Beklagten können sich für die Veränderung und Zusammenlegung von Bad und Gäste-WC nicht auf eine Zustimmung der Klägerin berufen.
Der Mietvertrag mit der Anlage 2 enthält eine solche Zustimmung nicht. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob man diese Regelung nun als detailliert ansieht oder nicht.
Zu der von den Beklagten behaupteten mündlichen Genehmigung hat das Amtsgericht Beweis erhoben durch die Vernehmung der von den Beklagten benannten Zeugen … und … M., die Kinder der Beklagten, die bei ihrer Vernehmung 17 bzw. 20 Jahre alt waren. Das Amtsgericht ist der Zeugin … M. nicht gefolgt, da es die Aussage nicht für glaubhaft hielt. Die Beweiswürdigung gibt keinen Anlass, erneut in die Beweisaufnahme einzutreten. Es ist auch für den Einzelrichter nicht nachvollziehbar, dass sich die Zeugin an die Verabredung zur Trennwand, aber an nichts sonst erinnern will. Der Zeuge … M. konnte eine Vereinbarung nicht bestätigen.
Eine Genehmigung war nicht entbehrlich.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Klägerin die Entfernung der Trennwand hätte klar sein müssen bzw. dass der Umbau nur mit Entfernung der Trennwand funktionieren würde. Es mag eventuell sein, dass ein Fachmann aus der Mitteilung einer bestimmten Liste von Ausstattungsdetails bei Kenntnis der örtlichen Verhältnisse hätte schlussfolgern können, dass wohl die Trennwand fallen müsste. Von der Klägerin konnte ein solcher Schluss nicht erwartet werden. Die Vermutung der Beklagten, dass der Klägerin alles egal gewesen sei, da sie die Baustelle nur wenige Male aufgesucht habe, ist nicht nachvollziehbar. Es ist weiter unerheblich und im Übrigen im Ausgangspunkt ja auch unstreitig, dass die Parteien davon ausgingen, dass das Bad umgebaut werden sollte. Die Entfernung einer Trennwand und die Zusammenlegung zweier Räume ist aber in jedem Fall mehr bzw. etwas anderes als der Umbau eines oder beider Räume.
b) Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der vollen Miete bzw. Nutzungsentschädigung ab Dezember 2010 aus § 535 Abs. 2 BGB bzw. § 546a Abs. 1 BGB.
Das Zahlungsverhalten der Beklagten und die sich daraus ergebenden Rückstände sind unstreitig. Das Amtsgericht ist (auch hier) zutreffend davon ausgegangen, dass ab dem Dezember 2010 eine Minderung nicht mehr eingreift. Für den davor liegenden Zeitraum hat das Amtsgericht eine Minderung von 7% wegen Feuchtigkeit bzw. Schimmel zugesprochen, was von keiner Seite angegriffen ist. Das Amtsgericht hat wegen der Minderung ab Dezember 2010 den Zeugen T. vernommen, der bekundet hat, dass er im November 2010 zunächst die Feuchte gemessen und dann im Dezember 2010 einen Mitarbeiter zu weiteren Arbeiten geschickt habe. Es ist nicht ersichtlich, warum der Zeuge unzutreffende Angaben machen sollte. Die Sache ist nicht aufgrund des im Termin vorgelegten Gutachtens anders zu beurteilen. Das Gutachten war nicht mehr zu berücksichtigen, da es verspätet vorgelegt worden ist, § 296 Abs. 2 ZPO. Die Beklagten kannten das Gutachten aus dem selbstständigen Beweisverfahren und hätten es sechs Monate lang in das Verfahren einbringen können. Im Termin konnte sich die Klägerin dazu nicht äußern, sondern nur darauf verweisen, dass sie im selbstständigen Beweisverfahren eine Stellungnahme abgegeben hat. Das Gutachten konnte nicht Entscheidungsgrundlage in hiesiger Sache sein, ohne jedenfalls die Stellungnahme der Klägerin zu berücksichtigen. Dadurch aber wäre der Rechtsstreit verzögert worden, denn es hätte ein neuer Termin anberaumt werden müssen.
Der Zinsanspruch folgt aus § 291, § 288 BGB.
3.a) Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
b) Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 7 und Nr. 10, § 711 ZPO.
c) Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gegeben sind. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es ist nicht erforderlich, die Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
d) Die Räumungsfrist war nach § 721 Abs. 1 ZPO auch ohne einen ausdrücklichen Antrag der Beklagten zu gewähren, da es ihnen nicht zuzumuten ist, vor dem bevorstehenden Ende des Vertrags und dem von ihnen angekündigten Auszug in nicht mehr ganz zwei Monaten noch eine Zwischenunterkunft anzumieten. Eine unzumutbare Belastung der Klägerin durch die Räumungsfrist ist nicht ersichtlich.
23.12.2017