Leitsatz:
Nach § 554 Absatz 3 BGB muss der Vermieter unter anderem die zu erwartende Mieterhöhung in Textform mitteilen. Wenn es sich um mehrere Baumaßnahmen handelt, muss dies in der Weise geschehen, dass die Mieterhöhung für jede Maßnahme (also getrennt) ausgewiesen wird.
AG Charlottenburg vom 15.6.2012 – 232 C 70/12 –
Mitgeteilt von RA Falko Kalisch
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Es ging in dem Prozess um die Verpflichtung des Mieters zur Duldung mehrerer Modernisierungsmaßnahmen. Das Gericht verneinte einen Duldungsanspruch des Vermieters, weil er die Modernisierungsankündigung nicht in korrekter Form abgegeben hätte.
Danach sei eine Duldungspflicht nur gegeben, wenn die Ankündigung der beabsichtigten Maßnahmen den Erfordernissen des § 554 Abs. 3 BGB entspreche. Nach dieser Vorschrift müsse der Vermieter unter anderem die zu erwartende Mieterhöhung in Textform mitteilen. Wenn es sich um mehrere Baumaßnahmen handele, müsse dies in der Weise geschehen, dass die Mieterhöhung für jede Maßnahme (also getrennt) ausgewiesen werde. Dies sei erforderlich, damit sich der Mieter entscheiden könne, ob er gegebenenfalls nur einen Teil dulden wolle.
Der BGH führe in seiner Entscheidung vom 28.9.2011 (VIII ZR 242/10) zwar aus, dass die Handhabung der Mitteilungsanforderungen nicht über das zum Schutze des Mieters gebotene Maß hinausgehen dürfe. Er stelle aber auch klar, dass das Informationsbedürfnis des Mieters dahin gehe zu wissen, wie sich die Maßnahmen auf die zu zahlende Miete auswirken, um ihm eine sachgerechte Beurteilung hinsichtlich seiner Duldungspflicht zu ermöglichen. Das sei aber nur möglich, wenn ihm die zu erwartende Mieterhöhung, bezogen auf jede Modernisierungsmaßnahme, mitgeteilt werde. Es gebe für den Mieter nämlich nicht nur die Möglichkeit, allen Maßnahmen zuzustimmen oder alle abzulehnen, sondern er könne auch teilweise zustimmen. Um hier eine sachgerechte Entscheidung zu treffen, müsse er aber wissen, welche Mietbelastung mit welcher Maßnahme für ihn verbunden sei. Im vorliegenden Fall handele es sich auch um Maßnahmen, die zwar ein gemeinsames Ziel, nämlich die Energieeinsparung anstrebten, die aber ansonsten sehr unterschiedlich und konkret zu trennen seien. Entsprechend mache die Vermieterin auch völlig unterschiedliche Angaben zu der erwarteten Dämmwirkung.
Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass dem Vermieter die Handhabung der Mitteilungspflicht durch eine solche Aufteilung in keiner Weise erschwert werde, weil, wenn er den Gesamtbetrag einer zu erwartenden Mieterhöhung kenne, er naturgemäß auch die anteiligen Kosten kenne, aus denen sich dieser Gesamtbetrag zusammen setze.
Urteilstext
Tatbestand:
Die Beklagten sind aufgrund Mietvertrags vom 26. März 2008 Mieter einer Wohnung im Hause T. Straße in Berlin im I.Geschoss links im Vorderhaus. Die Klägerin ist Vermieterin. Mit Schreiben ihres Anwalts vom 28. Juli 2011 wandte sich die Klägerin an die Beklagten und ließ mitteilen, dass sie die energetische Modernisierung der Fassade durch Aufbringung von Dämmmaterial auf die straßenseitige Frontfassade sowie die Ersetzung der Kastendoppelfenster durch moderne Isolierglasfenster beabsichtige. Die monatliche Mieterhöhung werde voraussichtlich 138,00 Euro betragen. Sie bitte bis Ende des kommenden Monats um Mitteilung, ob die Beklagten mit der Modernisierungsmaßnahme einverstanden sind. Auf die weiteren genauen Einzelheiten dieser Schreiben wird verwiesen. Die Beklagten gaben die gewünschte Erklärung nicht ab.
Mit der Klage begehrt die Klägerin nunmehr die Beklagten zur Duldung der Maßnahmen zu verurteilen. Sie behauptet, dass die Maßnahmen nötig seien, um das Haus auf den heutigen Stand der Technik zu bringen. Der Wärmedämmwert der Hausfassade entspreche nicht den Anforderungen nach der Energieeinsparverordnung. Um den heutigen technischen Standard zu erreichen, sei die Aufbringung einer modernen Fassadendämmung erforderlich. Die energetische Qualität der Gebäudehülle HT vor der Sanierung liege bei 1,33 W/qmK. Nach der Durchführung der Sanierung verbessere sich die energetische Qualität der Gebäudehülle auf mindestens 0,76 W/qmK. Zu den Fenstern trägt sie vor, der Wärmedurchgangskoeffizient (Uw-Wert) der Holz-Doppelkastenfenster liege zwischen 2,0 W/qmK und 2,5 W/qmK. Nach Einbau der neuen Fenster liege dieser Wert bei weniger als 1,3 W/qmK. Bei den neuen Fenstern handele es sich um doppeltverglaste Holisolierglasfenster.
Sie ist der Ansicht, dass die Beklagten aufgrund der Modernisierungsankündigung zu einer Duldung verpflichtet seien. Insbesondere sei es nicht erforderlich gewesen, die zu erwartende Mieterhöhung auf die unterschiedlichen Modernisierungsmaßnahmen aufzuschlüsseln.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten, bei Vermeidung der gerichtlichen Festsetzung eines der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellten Ordnungsgeldes, ersatzweise einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu verurteilen, an dem Objekt Tübinger Straße 9, Durlacher Straße 27 in 10715 Berlin die erforderlichen Maßnahmen zur Einsparung von Energie, namentlich
a) die Modernisierung der straßenseitigen Frontfassade durch die Anbringung einer Wärmedämmung und
b) innerhalb der von ihnen bewohnten Wohnung 1. OG links, den Austausch der noch vorhandenen Kastendoppelfenster in den Straßen- und hofseitigen Zimmern durch moderne doppelverglaste Holzisolierglasfenster, die über einen Fensterfalz-Lüfter (Regel-Air) verfügen
jeweils nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen der Energieeinsparverordnung zu dulden und der Klägerin und den von ihr beauftragten Handwerkern zur Durchführung der Arbeiten werktags nach Absprache freien Zugang zu ihrer Mietwohnung zu gewähren.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Sie halten die Klage für unzulässig, weil die Modernisierungsankündigungserklärung formunwirksam sei. Unter anderem beanstanden sie, dass keine Aufschlüsselung der zu erwartenden Mieterhöhung zwischen den beiden beabsichtigten Maßnahmen erfolgt ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Frage, ob die Modernisierungsankündigung wirksam ist, ist keine Frage der Zulässigkeit der Klage. Denn wenn die Ankündigung den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt und deshalb keine Duldungspflicht besteht, dann besteht der geltend gemachte Anspruch nicht und die Klage ist lediglich nicht begründet. Der Klageantrag ist hier auch ordnungsgemäß formuliert, weil es dafür genügt, dass die zu duldenden Handlungen so genau bezeichnet werden, dass der in Anspruch genommene Schuldner im Falle einer dem Antrag entsprechenden gerichtlichen Entscheidung eindeutig erkennen kann, was von ihm verlangt wird (vgl. BGH NJW 2012, 63 = GE 2011, 1545).
Der geltend gemachte Duldungsanspruch besteht jedoch nicht. Eine Duldungspflicht der Beklagten läßt sich hier nur aus der Bestimmung des § 554 Abs. 2 und 3 BGB herleiten. Danach ist eine Duldungspflicht nur gegeben, wenn die Ankündigung der beabsichtigten Maßnahmen den Erfordernissen des § 554 Abs. 3 BGB entspricht (vgl. Eisenschmid in Schmidt-Futterer, 10. Aufl. Rdnr. 293 zu § 554 BGB). Die Modernisierungsankündigung der Klägerin genügt den Erfordernissen jedoch nicht. Nach § 554 Abs. 3 BGB muss der Vermieter u. a. die zu erwartende Mieterhöhung in Textform mitteilen. Wenn es sich um mehrere Baumaßnahmen handelt, muss dies in der Weise geschehen, dass die Mieterhöhung für jede Maßnahme (also getrennt) ausgewiesen wird. Dies ist erforderlich, damit sich der Mieter entscheiden kann, ob er ggf. nur einen Teil dulden will (vgl. Kinne/Schach/Bieber, 6. Aufl. Rdnr. 143 zu § 554 BGB m. w. N.; Sternel aktuell Anm. VII 162; LG Berlin MM 1992, 388). An diesem Erfordernis, das nicht nur in der älteren Rechtsprechung sondern auch in aktuellen Kommentaren vertreten wird, hat sich durch die neueste Rechtsprechung des BGH nichts geändert. Soweit die Klägerin sich auf die Entscheidung des BGH in NJW 2002, 2036 beruft, ergibt sich daraus bereits deshalb nichts anderes, weil sie hier nicht einschlägig ist, da sie den Fall der Mieterhöhung nach einer Modernisierung und nicht die Frage der Duldung einer Modernisierung betrifft. Aus der Kommentierung in Palandt-Weidenkaff, 71. Aufl., Rdnr. 27 zu § 554 BGB, worauf sich die Klägerin auch beruft, ergibt sich ebenfalls nichts anderes, weil dort nur ausgeführt wird, dass die Mieterhöhung in einem bestimmten Geldbetrag anzugeben ist, während zu der Frage, ob bei unterschiedlichen Modernisierungsmaßnahmen dieser Geldbetrag pro Maßnahme mitzuteilen ist, keine Aussage getroffen wird. Der BGH führt (NJW 2012, 63, 65) in seiner Entscheidung vom 28.09.2011 zwar aus, dass die Handhabung der Mitteilungsanforderungen nicht über das zum Schutze des Mieters gebotene Maß hinausgehen darf. Er stellt aber auch klar, dass das Informationsbedürfnis des Mieters dahin geht zu wissen, wie sich die Maßnahmen auf die zu zahlende Miete auswirken, um ihm eine sachgerechte Beurteilung hinsichtlich seiner Duldungspflicht zu ermöglichen. Das ist aber nur möglich, wenn ihm die zu erwartende Mieterhöhung, bezogen auf jede Modernisierungsmaßnahme, mitgeteilt wird. Es gibt für den Mieter nämlich nicht nur die Möglichkeit, allen Maßnahmen zuzustimmen oder alle abzulehnen sondern er kann auch teilweise zustimmen. Um hier eine sachgerechte Entscheidung zu treffen, muss er aber wissen, welche Mietbelastung mit welcher Maßnahme für ihn verbunden ist. Der BGH schreibt in der vorgenannten Entscheidung auch nicht, dass der Mieter die zu erwartende Mieterhöhung kennen müsse sondern er führt aus, der Mieter müsse wissen, wie sich die Modernisierungsmaßnahmen auf die Miete auswirken. Es geht also um mehr als die Kenntnis der zu erwartenden Mieterhöhung als solcher sondern auch darum, wie sich die Maßnahmen darauf auswirken. Wenn es um mehrere Maßnahmen geht, muss er deshalb wissen, welche Maßnahme sich wie auswirkt. Im vorliegenden Fall handelt es sich auch um Maßnahmen, die zwar ein gemeinsames Ziel, nämlich die Energieeinsparung anstreben, die aber ansonsten sehr unterschiedlich und konkret zu trennen sind. Entsprechend macht die Klägerin auch völlig unterschiedliche Angaben zu der erwarteten Dämmwirkung. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass dem Vermieter die Handhabung der Mitteilungspflicht durch eine solche Aufteilung in keiner Weise erschwert wird, weil, wenn er den Gesamtbetrag einer zu erwartenden Mieterhöhung kennt, er naturgemäß auch die anteiligen Kosten kennt, aus denen sich dieser Gesamtbetrag zusammen setzt.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass, wenn eine beabsichtigte Maßnahme der Energieeinsparung dienen soll, der Vermieter auch nachvollziehbare Einzelheiten zur voraussichtlichen Verbrauchsminderung bzw. dem voraussichtlicher Energiegewinn darlegen muss (vgl. Eisenschmitt a.a.O. Rdnr. 255 und 154 zu § 554 BGB). In dem Ankündigungsschreiben sind zu dieser Frage lediglich hinsichtlich der Fenster die Wärmedurchgangseffizienten in altem und neuem Zustand mitgeteilt. Wie sich dies dann aber auswirkt, wird nicht ausgeführt. Hinsichtlich der Fassadendämmung sind gar keine Angaben zu dieser Frage gemacht.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
01.01.2018