Immer mehr Mietwohnungen werden in Einzeleigentum umgewandelt. Ein profitables Geschäft: Eigentumswohnungen werden häufig erheblich teurer vermietet als herkömmliche Mietwohnungen. Der Senat könnte der Mietpreistreiberei zumindest in den Milieuschutzgebieten einen Riegel vorschieben, doch die CDU blockiert den Erlass einer Umwandlungsverordnung.
Insgesamt sind in Berlin rund 270.000 Wohnungen als Eigentumswohnungen im Grundbuch verzeichnet. Das ist jede siebte Wohnung. Jährlich werden 4000 bis 7000 weitere Wohnungen in Einzeleigentum umgewandelt, vor allem in den innerstädtischen Bezirken. In Wilmersdorf sind bis dato 29 Prozent des Wohnungsbestandes umgewandelte Eigentumswohnungen, in Schöneberg sind es 26 Prozent, in Charlottenburg 24 Prozent und in Prenzlauer Berg 20 Prozent. Die höchste Zuwachsrate hat Friedrichshain-Kreuzberg.
Nur die wenigsten umgewandelten Wohnungen werden vom neuen Eigentümer selbst bezogen. Sie dienen in der Regel als Kapitalanlage und werden weiter vermietet. Mieter von Eigentumswohnungen haben es häufiger mit unprofessionellen Vermietern zu tun, die sich im Mietrecht schlecht auskennen. Außerdem leben sie in ständiger Gefahr, wegen Eigenbedarfs gekündigt zu werden. Vor allem aber ist die Umwandlung ein Mietsteigerungsmotor. Häufig werden unsanierte Altbauten von einem Bauträger gekauft, in Teileigentum aufgesplittet und die Wohnungen ab Bauplan verkauft. Den Käufern wird dabei eine hohe Rendite zugesagt. Um diese erzielen zu können, werden bei der anschließenden Sanierung des Hauses aufwendige Sonderausstattungen und wohnwerterhöhende Merkmale eingebaut, die später hohe Mieteinnahmen versprechen. Dass die alten Mieter bleiben, ist dabei nicht vorgesehen. Der Bauträger sorgt auf die eine oder andere Weise dafür, dass sie ausziehen, um freie Hand zu haben. So wurden in der Vergangenheit viele einfache Hinterhaus-Wohnungen zu großen Wohnungen zusammengelegt und mit Gästebad, Balkon und Aufzug ausgestattet.
Bevorzugt in Sanierungsgebieten
Besonders oft wurde dieses „Modell“ in den Sanierungsgebieten angewendet. So sind in den Sanierungsgebieten von Prenzlauer Berg bis 2012 schon 30 Prozent der Wohnungen umgewandelt worden, im Gebiet Teutoburger Platz sogar 40 Prozent. In einer Studie zum Sanierungsgebiet Helmholtzplatz fanden die Sozialforscher der Mieterberatungsgesellschaft ASUM heraus, dass die durchschnittliche Nettokaltmiete in den vermieteten Eigentumswohnungen mit 6,90 Euro pro Quadratmeter deutlich höher ist als in den normalen Mietwohnungen, wo sie 5,88 Euro beträgt. Die Mieter von Eigentumswohnungen haben auch ein höheres Haushaltsnettoeinkommen: im Mittel monatlich 2000 Euro gegenüber 1800 Euro. Mit der Umwandlung werden also auch Menschen mit geringeren Einkommen verdrängt. In Milieuschutzgebieten könnten die Bezirke die Umwandlung untersagen. Voraussetzung ist jedoch, dass das Land Berlin eine Umwandlungsverordnung erlässt.
Die Bezirke Pankow und Friedrichshain-Kreuzberg fordern wie auch der Berliner Mieterverein (BMV) seit Jahren eine solche Verordnung, mit der in Hamburg schon seit 1998 erfolgreich gearbeitet wird. Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) hat kurz nach seiner Amtsübernahme eine Umwandlungsverordnung angekündigt, konnte sich damit aber noch nicht gegen den Koalitionspartner CDU durchsetzen. Im September redete sich Müller im Abgeordnetenhaus heraus: „Wir werden in Berlin noch beraten, ob das, zielgerichtet eingesetzt, ein gutes Instrument ist.“ Diese Beratungen dauern nun schon fast zwei Jahre. Dabei ist die Regelung denkbar einfach: Hamburgs Verordnung besteht aus drei Sätzen.
Jens Sethmann
MieterMagazin 11/13
Ohne Umwandlungsverordnung ist jede Berliner Wohnung immer und überall verkäuflich
Foto: Christian Muhrbeck
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Milieuschutz im Aufwind
Der Milieuschutz, auch „soziale Erhaltungsverordnung“ genannt, ist eine städtebauliche Erhaltungssatzung, mit der „die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung“ erhalten werden soll.
Derzeit gibt es in Pankow, Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte 18 Milieuschutzgebiete mit zusammen knapp 170.000 Einwohnern. Pankow plant, die aufgehobenen Sanierungsgebiete und damit einen Großteil von Prenzlauer Berg unter Milieuschutz zu stellen. In Friedrichshain wird zurzeit ein neues Milieuschutzgebiet aufgestellt. Und auch Tempelhof-Schöneberg hat beschlossen, künftig in zwei Schöneberger Gebieten den Milieuschutz anzuwenden. Mit einer Umwandlungsverordnung würde das Instrument erheblich an Schlagkraft gewinnen.
js
03.03.2018