Nachdem jahrzehntelang kommunale Wohnungen verramscht wurden, sind die landeseigenen Wohnungsunternehmen nun wieder auf Wachstumskurs. Durch Bestandserweiterung kann das Angebot dringend benötigter Wohnungen schneller erweitert werden – und das zu deutlich günstigeren Preisen.
Seit Herbst 2011 haben die sechs städtischen Wohnungsbaugesellschaften 13.890 Wohnungen hinzugekauft (Stand: Juli 2013). Die neuen Bestände verteilen sich recht gleichmäßig über die Stadt, nur in Marzahn-Hellersdorf kam keine einzige Wohnung hinzu. Die meisten befinden sich in Spandau (2407 Wohnungen), aber auch Mitte (1840) und Neukölln (1781) sind stark vertreten. Auffällig sind die großen Unterschiede zwischen den Unternehmen. So sind die Wohnungsbaugesellschaft Mitte sowie das Unternehmen Stadt und Land mit 363 beziehungsweise 341 neu hinzugekauften Wohnungen am zurückhaltendsten.
„Passende Angebote zu finden ist nicht immer einfach, die neuen Bestände müssen ins Portfolio passen“, äußert sich dazu der Sprecher des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), David Eberhard. Allerdings sind die Unternehmen auch wirtschaftlich ganz unterschiedlich aufgestellt. Bekanntlich ist die Kapitaldecke der WBM wesentlich dünner als beispielsweise die der Gewobag, die mit 5489 Zukäufen klarer Spitzenreiter ist.
Mietpreise im mittleren Bereich
Nach Angaben des BBU überwiegen Paketverkäufe, zum Beispiel aus der Hand von Finanzinvestoren. Als Neubestände finden sich beispielsweise 4680 ehemalige BVG-Wohnungen, die im November 2012 von Degewo und Gesobau gemeinsam gekauft wurden. Aber auch Einzelkäufe gibt es. So hat die Stadt und Land gerade aktuell einen Altbau mit 21 Wohnungen in der Otto-Franke-Straße in Adlershof erworben. Man kaufe in diesen Fällen von Eigentümern, die aufgrund überzogener Renditeerwartungen in eine wirtschaftliche Schieflage geraten sind, erklärt Gewobag-Vorstand Markus Terboven. Nur so könne man die Preise bekommen, die man brauche, um günstige Mietwohnungen anzubieten. Ironie der Geschichte: Mitunter gelangen wieder genau jene Bestände in den Schoß der Unternehmen, die im Rahmen der Privatisierung veräußert worden waren. So hat die Howoge im April 2013 einen Wohnblock in Lichtenberg zurückgekauft, der nach mehreren Eigentümerwechseln völlig heruntergewirtschaftet war.
Beim Berliner Mieterverein begrüßt man die Bestandserweiterung. „Auch wenn die Aufkäufe nicht gerade die preisgünstigsten Mieten bescheren, so sind es doch Wohnungen, die für mittlere Einkommensschichten geeignet sind“, meint Geschäftsführer Reiner Wild. Die Miethöhen, so heißt es beim BBU, seien sehr unterschiedlich und hingen unter anderem von der Mietenpolitik des Voreigentümers und der Fluktuation der letzten Jahre ab. Luxusobjekte seien aber keine darunter, das Mietniveau bewege sich überwiegend im mittleren Bereich des Mietspiegels. „Weitere Ankäufe sind geplant, das Hauptaugenmerk liegt dabei auf vertretbaren Kaufpreisen“, so der BBU-Sprecher.
Zwar sind Mieter städtischer Wohnungsunternehmen auch nicht immer vor rücksichtlosen Modernisierungen oder überzogenen Mietforderungen gefeit – aufgrund ihrer besonderen sozialen Verantwortung agieren die Städtischen aber anders als beispielsweise ein Investmentfonds. Durch besseres Vermietungsmanagement und Abbau von Instandhaltungsdefiziten gelangen wieder bezahlbare Wohnungen auf den Markt. Vor allem aber kann das Land Berlin über seine Präsenz in den Aufsichtsräten der städtischen Wohnungsgesellschaften endlich wieder seinen Einfluss geltend machen, um eine sozialverträgliche Mietenentwicklung zu gestalten. Die Bestandserweiterungen sind daher zweifellos ein richtiger Schritt für die Mieterstadt Berlin. Die Fehler der Vergangenheit, insbesondere den Verkauf der GSW mit ihren über 65.000 Wohnungen, können sie jedoch nicht wettmachen.
Birgit Leiß
MieterMagazin 1+2/14
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Fotos: Nils Richter
28.12.2017