Nach dem Motto „Den besten Ableser sieht man nicht“ stellen immer mehr Messdienstfirmen auf eine Funkablesung der Heiz- und Warmwassererfassungsgeräte um. Vielen Mietern bereitet das Unbehagen, weil sie ihre Verbrauchswerte vermeintlich nicht mehr kontrollieren können. Zu Irritationen führt außerdem, dass bei manchen die Heiz- und Warmwasserkosten zu 70, bei anderen dagegen zu 50 Prozent nach dem Verbrauch berechnet werden.
Die Kosten für Heizung und Warmwasser müssen nach der Heizkostenverordnung mindestens zu 50, dürfen aber höchstens zu 70 Prozent nach dem tatsächlichen Verbrauch der einzelnen Mieter abgerechnet werden. Ob der Vermieter einen Schlüssel von 70 zu 30 oder von 55 zu 45 wählt, bleibt ihm überlassen. „Wer wenig verbraucht, fährt natürlich besser, wenn der verbrauchsabhängige Anteil größer ist“, sagt Michael Roggenbrodt vom Berliner Mieterverein (BMV).
Vor allem sparsame Mieter ärgern sich über eine vermeintlich ungerechte Umlage der Kosten. Aber: Eine absolut gerechte Verteilung kann es ohnehin nicht geben. Zum einen, weil keine Verbrauchserfassung wirklich exakt ist. Zum anderen, weil die Heizkosten nur teilweise durch individuelles Verhalten beeinflussbar sind. Wer unter dem Dach oder über einem unbeheizten Keller wohnt, wer viele Außenwände hat oder der Wetterseite ausgesetzt ist, der wird für die gleiche Zimmertemperatur mehr Energie brauchen als ein Nachbar im selben Haus. „Deshalb wäre eine Abrechnung nur nach Verbrauch keinesfalls zu empfehlen“, erklärt BMV-Rechtsexperte Frank Maciejewski. Fachleute halten einen Schlüssel von 50/50 für optimal.
Welcher Umlageschlüssel maßgeblich ist, steht im Mietvertrag. Als Mieter hat man darauf keinen Einfluss. Wenn der Vermieter einen wichtigen Grund hat, kann er den Umlagemaßstab auch nachträglich, also nach Mietvertragsabschluss ändern – allerdings nicht mitten in der Abrechnungsperiode. Und: Er muss seine Mieter darüber informieren. Als wichtiger Grund für eine Umstellung gilt beispielsweise ein entsprechender Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft oder eine zwischenzeitlich durchgeführte Wärmedämmung. In einigen Ausnahmefällen muss gar nicht verbrauchsabhängig abgerechnet werden. Darunter fallen Studenten- und Altersheime sowie spezielle Heizungssysteme und -anlagen (Einrohrheizung, Solaranlage oder Kraft-Wärmekopplung).
Auch in Zweifamilienhäusern, in denen eine Wohnung vom Vermieter bewohnt wird, dürfen die Kosten ausschließlich nach Wohnfläche umgelegt werden. Ansonsten gilt: Werden Heizung und Warmwasser nicht vorschriftsgemäß verbrauchsabhängig abgerechnet, kann der Mieter die in Rechnung gestellten Beträge um 15 Prozent kürzen. Auch bei der Wahl der Erfassungsgeräte hat der Vermieter freie Hand.
Verdunsterröhrchen immer noch weit verbreitet
Am preiswertesten – und immer noch weit verbreitet – sind die guten alten Verdunsterröhrchen. Das Prinzip: In den Erfassungsgeräten verdunstet langsam eine Flüssigkeit entsprechend der vom Heizkörper abgegebenen Wärme. Die Menge der verdunsteten Flüssigkeit kann an einer Strichskala des Röhrchens abgelesen werden. Aus der Anzahl der Striche werden dann die Heizkosten errechnet. Genau genommen messen diese Geräte nicht den eigentlichen Verbrauch, sondern geben nur einen Verhältniswert im Vergleich zu den Verbräuchen der anderen Mieter eines Hauses an. Daher werden sie auch Heizkostenverteiler genannt.
Ein Nachteil der Verdunsterröhrchen ist ihre Ungenauigkeit. Die Verdunstung entspricht nicht der tatsächlich entnommenen Wärmemenge, außerdem reagieren die Röhrchen auch auf andere Wärmequellen im Raum. Zum Ausgleich für diese sogenannte Kaltverdunstung wird das Messröhrchen über den Nullpunkt der Skala hinaus befüllt. Trotzdem ist die Fehlerquote vergleichsweise hoch. Wärmezähler sind dagegen echte Messgeräte. Sie sind aber zurzeit vorwiegend bei Einfamilienhäusern gebräuchlich.
Auch elektronische Erfassungsgeräte sind lediglich Heizkostenverteiler und keine Messgeräte. Es gibt sie in zwei Varianten: funklesbare und solche, die direkt am Display abgelesen werden. In beiden Fällen wird die Temperaturdifferenz zwischen der Oberfläche des Heizkörpers und der Raumluft seiner Umgebung ermittelt. Meist werden Zweifühlergeräte verwendet. Dabei wird die Temperatur des Heizkörpers mit einem Oberflächenfühler erfasst, die Raumtemperatur mittels eines Sensors an der Frontseite des Verteilers. Die Temperaturdifferenz wird dann auf dem Display in Form von Zählschritten angezeigt. Die meisten elektronischen Verteiler haben eine Batterie, die von Zeit zu Zeit ausgetauscht werden muss. Der Kaltverdunstung wird bei den elektronischen Verteilern durch eine Messwertunterdrückung Rechnung getragen.
Elektronische Verteiler haben gegenüber den Verdunsterröhrchen eindeutige Vorteile. Weil der Ablesewert bis zum nächsten Stichtag (meist der 31. Dezember) gespeichert wird, kann er vom Mieter bequem kontrolliert werden. Außerdem wird der Ablesewert eines jeden Monats gespeichert. Dadurch entfallen Zwischenablesungen, beispielsweise bei einem Mieterwechsel.
Eindeutig auf dem Vormarsch sind funkaktivierte Geräte. Das heißt: Die Verbrauchsdaten werden per Funk übertragen, ein Betreten der Wohnung durch einen Mitarbeiter des Abrechnungsunternehmens ist nicht mehr erforderlich. Praktisch ist das eigentlich für alle Beteiligten: Der Mieter muss nicht mehr zu einem bestimmten Termin zu Hause sein und der Vermieter hat nicht mehr das Problem, dass manche Wohnung nicht zugänglich ist – etwa weil ein Mieter längerfristig verreist ist. Trotzdem ist die Fernablesung nicht bei allen Mietern beliebt. „Die große Sorge ist, dass man die Daten nicht kontrollieren könne – schließlich muss man kein Ableseprotokoll mehr unterschreiben, das die Zahlen schwarz auf weiß aufführt“, erklärt Michael Roggenbrodt vom BMV.
Die Werte sind im Ablesegerät gespeichert
Doch diese Bedenken sind unbegründet. Jeder Mieter kann überprüfen, ob die in der Heizkostenabrechnung aufgeführten Zahlen korrekt sind. Die Ablesewerte sind sichtbar für ein Jahr gespeichert. „Wer nicht weiß, welchen Knopf er am Ablesegerät drücken muss, kann sich das vom Hausmeister zeigen lassen oder einen technisch versierteren Nachbarn um Hilfe bitten“, empfiehlt Roggenbrodt.
Und wie funktioniert die Funkablesung technisch? Auf dem Markt kursieren verschiedene Systeme. Ihnen gemeinsam ist, dass in den Erfassungsgeräten ein Funksender integriert ist. Das Gerät speichert sogenannte Funktelegramme mit den Verbrauchswerten, die am Ablesetag über einen mobilen Empfänger auf einen portablen Computer übertragen werden. Von hier aus gehen die Verbrauchsdaten in das Abrechnungssystem. Der Ableser muss nun zwar nicht mehr die Wohnung betreten, wohl aber das Haus, denn die Reichweite der Geräte ist aufgrund der geringen Sendeleistung nicht sehr groß. Meist wird der Mitarbeiter der Erfassungsfirma vom Hausflur aus ablesen.
Nach Angaben der Ablesefirmen besteht weder die Gefahr einer Manipulation – die Geräte sind verplombt – noch von Übertragungsfehlern. Auch gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Funkwellen seien nicht zu befürchten.
Selbstverständlich versichern die Ablesefirmen auch, dass der Datenschutz eingehalten wird. Doch viele Mieter sind skeptisch. Schließlich könnte man aus den gesammelten Daten ein Nutzerprofil erstellen. Oder warum sonst hat der Internet-Gigant „Google“ Anfang 2014 für 3,2 Milliarden Euro einen Thermostat- und Rauchmelder-Hersteller gekauft?
Birgit Leiß
MieterMagazin 5/14
Ob Verdunsterröhrchen oder digitale Erfassungsgeräte: Beim herkömmlichen Auslesen der Verbrauchswerte muss der Ableser in die Wohnung kommen
Fotos: epr, ista
Die computergesteuerte Verbrauchserfassung erlaubt eine genaue Analyse des Heizverhaltens
Foto: techem
Die Übertragung der Verbrauchsdaten vom Heizkörper zur Abrechnungsfirma erfolgt zunehmend durch Funksender
Foto: techem
Rat und Tat
Neue Vorschrift: Wärmezähler sind Pflicht
Seit dem 1. Januar 2014 sind für Zentralheizungen, die auch warmes Wasser bereiten, Wärmezähler vorgeschrieben. Bisher galt: Ist kein Zähler vorhanden, werden die Kosten für die Wassererwärmung pauschal mit 18 Prozent der Gesamtkosten angesetzt. Diese Praxis ist nach der Heizkostenverordnung seit Januar nur noch in Ausnahmefällen zulässig – nämlich wenn der Einbau eines Wärmezählers einen „unzumutbar hohen Aufwand“ darstellt. Hintergrund der neuen Vorschrift: Durch energetische Sanierungen und sparsames Heizverhalten sinkt der durchschnittliche Energieverbrauch für Raumwärme immer weiter, während der Warmwasserverbrauch relativ konstant bleibt und somit prozentual wächst. Die Regelung soll daher eine genauere und damit gerechtere Verteilung der Wasserkosten – und als Folgewirkung auch der Heizkosten – bewirken. Die Kosten des Einbaus können als eine nicht vom Vermieter zu vertretende Maßnahme auf die Mieter umgelegt werden. Wurden vom Vermieter keine Warmwasserzähler eingebaut, kann er bei der nächsten Heizkostenabrechnung zwar immer noch nach Wohnfläche abrechnen, muss aber einen 15-prozentigen Abzug an den Kosten vornehmen.
bl
04.02.2019