Auch bei langjährigen Wohngemeinschaften kann es zum Zerwürfnis kommen und einer muss – oder will – ausziehen. Sofern beide als Hauptmieter im Vertrag stehen, hat man dann ein Problem. Denn eine Kündigung ist nicht ohne den Anderen möglich. Für solche Fälle bietet der Berliner Mieterverein seit Neuestem ein Mediationsverfahren an.
Beate Müller* wusste sich nicht mehr zu helfen. Ihr Mitbewohner, der als gleichberechtigter Hauptmieter mit im Mietvertrag stand, war zwar bereit auszuziehen, verlangte aber als Entschädigung eine hohe Ablöse. Beim Berliner Mieterverein (BMV) empfahl man ihr ein Mediationsverfahren. Zunächst setzten sich beide Konfliktparteien beim Mediator Marco Waelisch an einen Tisch. „Aber wir konnten einfach nicht mehr miteinander reden, die Luft war zum Schneiden dick“, beschreibt Beate Müller diesen ersten Termin. Daher verhandelte Marco Waelisch im Folgenden getrennt mit beiden Parteien.
Schritt für Schritt wurde versucht, eine Lösung zu finden. Der Mediator ergreift dabei grundsätzlich keine Partei. „Es geht darum, einen Kompromiss zu finden, der beiden Seiten gerecht wird“, erklärt Waelisch. In diesem Fall hatten beide Mieter ein Ziel: den Mietvertrag so umändern zu lassen, dass Beate Müller die alleinige Hauptmieterin ist. Am Ende wurde eine schriftliche Vereinbarung mit einer wesentlich niedrigeren Ablösesumme getroffen. Beate Müller ist damit im Großen und Ganzen zufrieden. Ihr Ex-Mitbewohner ist weniger glücklich: „Ich habe sehr viel an Zeit und Geld in die Wohnung investiert, die Summe, die ich jetzt bekommen habe, ist zu niedrig. Aber wenn ich einen Anwalt eingeschaltet hätte, wäre das teurer geworden.“
Das Mediationsverfahren ist für Mitglieder des BMV kostenlos. Eine vorherige rechtliche Beratung ist sinnvoll. Für eine solche Mediation kommen aber keine WG-internen Konflikte in Betracht, sondern ausschließlich Auszugsverhandlungen, wenn mehrere Hauptmieter vorhanden sind.
Die Konstellationen können dabei ganz unterschiedlich sein, wie ein anderer Fall zeigt. Hier war die WG längst zerbrochen, und der bereits vor Jahren ausgezogene Mitmieter wollte nun endlich auch offiziell aus dem Vertrag heraus – schließlich haftete er sonst weiter für Mietschulden und Schönheitsreparaturen. Die in der Wohnung verbliebene Mieterin wollte dagegen, dass er pro forma Hauptmieter bleibt. Sie befürchtete, dass der Vermieter nach einer Kündigung die Miete erhöht oder die große Wohnung gar nicht mehr an sie vermietet. In diesem Fall wurde in der Mediation eine ungewöhnliche Lösung gefunden. Die Hausverwaltung erklärte sich bereit, die große Wohnung zu teilen und eine Hälfte an die verbliebene Mieterin zu vermieten.
Birgit Leiß
* Name von der Redaktion geändert
20.06.2023