Noch einmal können die Mieter des Hauses Großgörschen-, Ecke Katzlerstraße Hoffnung schöpfen. Erstmalig hat ein Bezirk nun von seinem Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten Gebrauch gemacht. Bezahlen will man allerdings nur den selbst ermittelten Verkehrswert.
Die Schöneberger Immobilie ereilte ein undankbares Schicksal. Waren es doch die Mieter gerade dieses Hauses, die die Diskussion um die in der Vergangenheit ausschließlich gewinnorientierten Grundstücksverkäufe der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) in Gang gebracht hatten. Derzeit führt der Berliner Senat Übernahmeverhandlungen. Doch das Schöneberger Objekt ist nicht dabei. Den Zuschlag für das Gebäude in der Großgörschenstraße erhielt ein privater Investor. Dessen Kaufangebot lag mit 7,8 Millionen Euro deutlich über der Offerte des Senats von 6,3 Millionen Euro (das MieterMagazin berichtete in seiner Ausgabe 3/2015, Seite 9: „Die Aktivisten sind die Gekniffenen“).
Da das Grundstück im Bereich des Erhaltungsgebiets Bautzener Straße liegt, unterliegt es hinsichtlich Modernisierung und Verkaufsmöglichkeiten besonderen Schutzbedingungen, die die Verdrängung der ansässigen Mieter verhindern sollen. Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg versuchte zunächst, eine sogenannte Abwendungsvereinbarung auszuhandeln. Vereinbarungen dieser Art verpflichten den Käufer auf eine moderate Modernisierung mit weiterhin tragbaren Mieten, auf einen Verzicht von Umwandlung und Nutzungsänderungen sowie auf weitere Vorgaben, die im Interesse des Milieuschutzes liegen und über das hinausgehen, was dem Eigentümer im Rahmen der Erhaltungssatzung ohnehin abgefordert werden kann. Im Gegenzug hätte das Bezirksamt auf ein Vorkaufsrecht verzichtet, das ihm – ebenfalls im Rahmen des Milieuschutzes – grundsätzlich zusteht.
Aber der Käufer lehnte ab. Also blieb der Tempelhof-Schöneberger Stadträtin jetzt nur, ihr Vorkaufsrecht auszuüben. Das kann der Bezirk auch zugunsten eines Dritten wahrnehmen. Als solcher stünde das kommunale Wohnungsunternehmen Gewobag zur Verfügung. Allerdings ist man nicht bereit, 7,8 Millionen Euro zu bezahlen. Das Vermessungsamt der Bezirksverwaltung hat den Wert der Immobile auf 6,32 Millionen Euro taxiert, ein höherer Preis sei mit den Zielen des Milieuschutzes nicht vereinbar.
Ob der Käufer gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts vorgeht, ist offen. Bei den Mietern herrscht gedämpfte Hoffnung.
Udo Hildenstab
03.03.2018