Pressemitteilung 32/2015
Der heute vom Senator für Stadtentwicklung und Umwelt, Andreas Geisel, dem Senat vorgelegte Entwurf für ein neues Wohnraumversorgungsgesetz beinhaltet zahlreiche Verbesserungen für Mieter in der Wohnraumversorgung durch städtische Wohnungsunternehmen und Sozialwohnungen, erklärte der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild. So werden für die Mieter in den rund 290.000 städtischen Wohnungen die Auflagen aus dem Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten gesetzlich verankert. Bei Neuvermietung müssen mehr Mieter mit Einkommen in den Grenzen des Wohnberechtigungsscheins (WBS) berücksichtigt werden. Statt bisher 50 % bzw. 30 % müssen jetzt einheitlich in Innen- und Außenstadt 55 % der freien Wohnungen an WBS-Berechtigte vergeben werden, davon 20 % für Haushalte mit besonderem Bedarf und der Rest vorrangig für Einkommensbezieher mit 80-100 % der WBS-Einkommensgrenze. Kündigungen und Zwangsvollstreckungen sollen eingeschränkt werden, die Mietermitwirkung durch Bildung von Unternehmensmieterräten und Vertretung im Aufsichtsrat gestärkt werden. Es wird eine übergeordnete Anstalt öffentlichen Rechts gegründet, die ein Vetorecht bei Veräußerung von Landesbeteiligungen erhält.
Für Mieter in Sozialwohnungen werden die Nettokaltmieten staatlich heruntersubventioniert, wenn sie 30 % des Haushaltsnettoeinkommens überschreiten. Der Aufwand wird aber bei 40 – 45 Mio. Euro pro Jahr gedeckelt. Empfänger von SGB II und XII erhalten den nicht berücksichtigten Teil der Unterkunftskosten (Bruttokaltmiete) ergänzend erstattet. Die Nachwirkungsfrist bei vorzeitiger Darlehensrückzahlung wird von 10 auf 12 Jahre erhöht. Großflächige Freistellungen von Bindungen werden ausgeschlossen. Mieter in Wohnungen privater Vermieter können von mehr öffentlicher Förderung beim Neubau (192 Mio. Euro pro Jahr für 3.000 WE) und einer Modernisierungsförderung von 8 Mio. Euro pro Jahr profitieren.
Nachdem sich die Koalitionspartner SPD und CDU bislang nicht auf gesetzliche Regelungen zur Verbesserung der sozialen Wohnraumförderung und -versorgung verständigen konnten, ist der Druck durch die Initiative für einen Volksentscheid als Erfolg zu werten. Gleichwohl gibt es aus Sicht des Berliner Mietervereins Nachbesserungsbedarf beim Gesetzentwurf. Weil der Senat trotz gutachterlicher Unterstützung die absurde Mietensystematik im Sozialen Wohnungsbau aus Rücksichtnahme auf die Vermieter aufrechterhält, müssen mit erheblichem Subventionsaufwand die unbezahlbar gewordenen Mieten mit 40 bis 45 Mio. Euro pro Jahr Härtefallzuschüssen heruntersubventioniert werden. Hätte man zunächst die Mietensystematik in Richtung einer politisch festgesetzten Richtsatzmiete modernisiert, könnten mit dem geplanten Subventionsaufwand deutlich bessere Hilfen initiiert werden, erklärte Wild. So beginnt die Härtefallunterstützung zum Beispiel bei 1-Personenhaushalten mit 140 % Einkommen nach WBS erst bei 8,40 Euro pro Quadratmeter nettokalt, bei 2-Personenhaushalten sogar erst bei 9,70 Euro pro Quadratmeter nettokalt. Auf diese Weise werden die Vermieter die Differenz zwischen derzeit verlangter Ist-Miete und rechtlich zulässiger Miete, das sind bis zu 1,50 Euro pro Quadratmeter monatlich, aufheben wollen und die Mieten erhöhen. „Erste Anzeichen dazu ergeben sich bereits aus unserer Rechtsberatungspraxis“, so Wild. Beträgt das WBS-berechtigte Einkommen nur 1.500 Euro monatlich (100 % WBS-Berechtigung) für 2-Personenhaushalte, dann beginnt eine Härtefallunterstützung bei einer Miete von mehr als 6,92 Euro pro Quadratmeter im Monat, wenn die Wohnung 65 qm groß ist. Die Bruttokaltmietenbelastung liegt dann aber schon bei fast 39 %, die Warmmietenbelastung bei ca. 45 %. „Wir schlagen daher vor, die Mietbelastungsgrenzen auf die Bruttokaltmiete zu beziehen und nach Einkommen zu staffeln“, fordert Wild. Zur Finanzierung soll unter anderem auf die neu geschaffene Eigentumsförderung verzichtet werden.
Leider räumt der vorgelegte Entwurf auch nicht die Kritik aus, die an den einzelnen Regelungen des Bündnisses für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten geübt wurde. So muss zum Beispiel weiterhin bei den städtischen Wohnungsunternehmen mit Konflikten um die energetische Sanierung gerechnet werden, weil eine rechnerisch ermittelte Heizkostenersparnis, die mit der wahren Heizkostensenkung nach der Modernisierung nichts zu tun hat, auf die ortsübliche Vergleichsmiete aufgeschlagen werden darf.
16.12.2015