Drohende Wohnungsverluste abzuwenden ist sinnvoller als die anschließende Betreuung und Unterbringung Obdachloser. Das ist auch der Ansatz einer berlinweit einzigartigen Kooperation zwischen der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gesobau, dem Bezirk Pankow und dem sozialen Träger Gebewo. Kürzlich wurde die Zusammenarbeit um weitere fünf Jahre verlängert.
Die Kooperation, die seit 1999 besteht, sei heute notwendiger denn je, meint Pankows Sozialstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD): „Bei steigenden Mieten und knapper werdendem Wohnraum fallen bestimmte Bevölkerungsgruppen schneller durchs Raster.“ Berlin ist mittlerweile die Hauptstadt der Räumungsklagen. Das Modell habe daher stadtweite Vorbildfunktion. Dennoch hätten andere Wohnungsbaugesellschaften bisher kein Interesse gezeigt. Die Gesobau hat es bislang nur in ihren Beständen in Pankow eingeführt.
Das zweistufige Maßnahmenkonzept sieht die Unterstützung und Beratung durch einen externen Partner, die „Gebewo – Soziale Dienste gGmbH“ vor. Sobald wegen Mietrückstands die Kündigung eines Mieters droht, nehmen die Sozialpädagogen der Gebewo Kontakt zu dem Betroffenen auf. Sie machen sich zunächst ein Bild über dessen finanzielle Situation und versuchen dann, die Übernahme der Mietschulden durch Sozialamt oder Jobcenter zu erreichen.
Seit 1999 hatte man insgesamt 1033 Beratungsfälle. Bei 577 davon konnte die Räumung abgewendet werden. Das sei angesichts der Vielzahl von Schwierigkeiten ein gutes Ergebnis, meinen Gebewo und Gesobau. Häufig stecken hinter den Mietschulden der Verlust des Arbeitsplatzes, Trennung, Krankheit oder Suchtprobleme. Es handelt sich um Menschen, die ansonsten auf der Straße gelandet wären.
Allerdings stellt sich die Frage, wieso die Gesobau dennoch unter den Wohnungsbaugesellschaften Spitzenreiter bei Zwangsräumungen ist – so jedenfalls eine Statistik aus den Jahren 2008 bis 2012. Prokurist Lars Holborn hat darauf keine schlüssige Antwort: „Räumung ist für uns immer ein letztes, schmerzliches Mittel – aber wir können nicht ganz darauf verzichten.“
Birgit Leiß
28.01.2016