„Elefantenhochzeiten“ am Immobilienmarkt verheißen Mietern nichts Gutes. Deshalb wird vonseiten der Mietervertreter begrüßt, dass die Übernahme der Deutsche Wohnen durch die Vonovia gescheitert ist. Der Konzentrationsprozess hat erstmal einen Einbruch erlebt. Zu Ende wird er damit aber nicht sein.
Die E-Mails an Mitglieder des Vonovia-Aktionsbündnisses klingen sachlich-informativ, verärgert, alarmiert: Da verkauft Vonovia Bestände in Flensburg – neue Eigentümer und Verwalter werden den Mietern nicht bekannt gegeben. Das Unternehmen muss in Nordrhein-Westfalen per Gerichtsurteil gezwungen werden, Mietern nach Betriebskostenabrechnungen Belegeinsicht in Wohnortnähe zu gewähren. Angebliche Mietrückstände werden von der Vonovia schriftlich angemahnt, aber auf erschrockene Nachfragen der Mieter reagiert über Monate niemand.
„Die Vonovia hat – wie die Deutsche Wohnen auch – ein mieses Image“, erklärt Knut Unger vom Mieterverein Witten. Wäre die Übernahme der einen Gesellschaft durch die andere tatsächlich wie geplant gelungen, hätte sich diese Situation für die Mieter eher noch verschlechtert – davon ist der Mietervertreter überzeugt. „Es sind vor allem die renditeorientierten Unternehmen, bei denen Kundenservice nicht gerade an erster Stelle steht“, so Unger.
„Mit großen Wohnungsbaugesellschaften in den Händen privater Investoren gibt es schon lange Probleme“, ergänzt Daniel Zimmermann, Koordinator beim Deutschen Mieterbund in Nordrhein-Westfalen. Da werden beispielsweise immer wieder die schlechte Erreichbarkeit und fehlerhafte Betriebskostenabrechnungen kritisiert. Da gibt es mehr und mehr Proteste gegen standardisierte nicht objektgerechte Modernisierungen, die vor allem die Mieten in die Höhe treiben.
Aus den Protesten gegen solche Missstände entstanden bereits vor vielen Jahren Mieterinitiativen. 2013 bildete sich das Vonovia-Aktionsbündnis, das nun über Probleme an einzelnen Standorten informiert und die Kraft der vielen Proteste bündelt: Zunehmend werden kritische Stimmen in der Öffentlichkeit laut, auf Aktionärsversammlungen machen Aktionäre aus den Reihen der Mieterinitiativen von ihren Antrags-, Rede- und Fragerechten Gebrauch, und es gibt regelmäßig gemeinsame Beratungen mit Mietervertretern, an denen auch der Berliner Mieterverein (BMV) teilnimmt.
Daniel Zimmermann: „Wir beobachten die Konzentrationsbestrebungen der großen privaten Wohnungsunternehmen und die Konsequenzen, die das für die Mieter hat.“
Mieterverein: Wohnungsdeals erschweren
Dass die Übernahme der Deutsche Wohnen durch die Vonovia gescheitert ist, wird vonseiten der Mietervertreter als positiv bewertet. Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, sieht den Konzentrationsprozess auf dem Wohnungsmarkt dadurch zunächst einmal als unterbrochen an. Für die Zukunft müsse der Gesetzgeber jedoch solche Immobiliendeals erschweren, indem er sie grunderwerbsteuerpflichtig mache. Im Übrigen empfiehlt er dem Wohnungsriesen, seine verfügbaren Mittel lieber in den Neubau zu investieren als in den Einkauf von Bestandswohnungen. Wild: „Durch Aufkäufe und Fusionen entsteht nicht eine einzige neue Wohnung.“
Rosemarie Mieder
Der Aufstieg zum Riesen
2003 kaufte die damalige Deutsche Annington das Wohnungsunternehmen Heimbau in Kiel mit rund 10.000 Wohnungen. 2005 wurde Viterra, eine Immobilientochter des Energieversorgers E.ON übernommen. Die Annington vergrößerte damit ihren Besitz um weitere 152.000 Wohnungen und stieg zum größten deutschen Immobilienunternehmen auf. 2014/2015 folgte die Übernahme des Konkurrenzunternehmens Gagfah. Der nun entstandene Wohnungsriese stieg damit als börsennotiertes Unternehmen auf in den Kreis der großen im Deutschen Aktienindex notierten Firmen und benannte sich um in Vonovia. Nach weiteren Wohnungskäufen in Süd- und Südwestdeutschland griff der Branchenprimus schließlich nach dem Zweitgrößten auf dem Markt. Die Deutsche Wohnen sollte für 14 Milliarden Euro übernommen werden, was aber letztlich an der mehrheitlichen Ablehnung der Deutsche-Wohnen-Aktionäre scheiterte.
rm
03.03.2016