Die städtische Wohnungsbaugesellschaft WBM will auf der Fischerinsel in Mitte ein Wohnhochhaus bauen. Anwohner protestieren und schlagen besser geeignete Grundstücke vor. Doch die WBM schafft Tatsachen mit der Motorsäge.
Ende Februar wurden in der Grünanlage an der Ecke Mühlendamm/Fischerinsel rund 70 Bäume gefällt. Um den Kahlschlag zu verhindern, hatten die in der Fischerinsel-Initiative organisierten Anwohner noch einen Brief an den Regierenden Bürgermeister Michael Müller geschrieben – vergebens. Die WBM will hier einen Neubau mit 200 Wohnungen errichten. Eine Baugenehmigung hat sie noch nicht beantragt. Ob der Bau ohne ein Bebauungsplanverfahren vom Bezirksamt genehmigt werden kann, ist auch noch strittig. Die Bäume wurden dennoch schon gefällt, um hier archäologische Grabungen durchzuführen.
Die Anwohner ärgern sich nicht nur über den Verlust der Grünanlage und einiger Parkplätze. Der Neubau würde auch das Wohnhaus Fischerinsel 1 verschatten. Der im Herbst aus einem Architektenwettbewerb hervorgegangene Siegerentwurf sieht eine achtgeschossige Blockrandbebauung vor, aus der ein Hochhausturm mit 19 Etagen herauswächst. Dieses 58 Meter hohe Gebäude stünde in nur 35 Metern Abstand zum östlich davon gelegenen Haus Fischerinsel 1. Die Anwohner sind nicht grundsätzlich gegen eine Verdichtung der Fischerinsel. Sie schlagen alternative Baugrundstücke in der Nähe vor, die sie für besser geeignet halten: das Areal der ehemaligen Kita Fischerinsel 3, Flächen an der Breiten Straße und Neumannsgasse sowie ein Grundstück an der Neuen Jakobstraße.
Nicht nur unter den direkt betroffenen Nachbarn regt sich Widerstand gegen das Vorhaben der WBM. Die Diskussion, wie sich die alte Stadtmitte künftig entwickeln soll, ist noch in vollem Gang. „Jetzt vorschnell Tatsachen zu schaffen, macht diese Debatte sinnlos“, heißt es in einer Petition, die unter anderem bekannte Historiker und Architekten wie Bruno Flierl, Laurenz Demps und Dieter Hoffmann-Axthelm unterzeichnet haben.
Jens Sethmann
03.04.2016