Die Versorgung der Haushalte mit Fernwärme ist einer der letzten unregulierten Monopolmärkte Deutschlands. Die Preise sind häufig zu hoch, der Markt ist intransparent. Der Deutsche Mieterbund (DMB), der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) fordern deshalb eine umfassende Reform des Fernwärme-Marktes.
Jeder siebente Haushalt in Deutschland heizt mit Fernwärme. Aber Fernwärme ist teuer. Anbieterwechsel bei Preiserhöhungen, kürzere Vertragslaufzeiten und die Umstellung auf andere effizientere Technologien – bei Gas und Strom längst Standard – sind auf dem Fernwärmemarkt noch Zukunftsmusik. Die Monopolstrukturen sind nicht verbraucherfreundlich und in Zeiten liberalisierter Energiemärkte überholt. Da sich die Verbraucher Preis- und Vertragsänderungen nicht entziehen können, „braucht es entweder Wettbewerb, eine Preisregulierung oder eine Genehmigung der Endpreise“, fordert Klaus Müller, Vorstand des vzbv. Das Bundeskartellamt spricht von „gefangenen Kunden“.
Umweltschützer fordern seit Jahren, dass auch das 1750 Kilometer lange Berliner Fernwärmenetz, das größte in Westeuropa, ausgeschrieben wird. 90 Prozent der Fernwärme liefert Vattenfall. 1,2 Millionen Berliner Haushalte bezahlen die monopolisierte Fernwärme zurzeit viel zu teuer. Seit 2010 sind die Preise um rund 20 Prozent gestiegen. Die steigenden Grundpreis-Anteile belasten insbesondere Kunden mit einem geringen Verbrauch.
Stefan Preidt, Leiter Vertrieb der Vattenfall Europe Wärme AG, sieht trotzdem „keine logische Veranlassung“ für Reformen und verweist darauf, dass sein Unternehmen „die günstigste Fernwärme in den neuen Bundesländern“ liefere. Lukas Siebenkotten, Bundesdirektor des DMB, fordert: „Basisinformationen der zur Wärmeerzeugung eingesetzten Energieträger sowie zu Emissionen und Netzverlusten müssen für Verbraucher im Internet abrufbar sein.“
Die Wärmeversorgung ist für rund ein Drittel der Treibhausgas-Emmissionen verantwortlich. Die Deutsche Umwelthilfe verlangt deshalb in ihrer „Blaupause Wärmewende“ Anreize für den Umstieg auf eine erneuerbare Energieversorgung bei der Wärmeversorgung. Bis 2050 soll der Ausstoß von Treibhausgasen im Wärmesektor um 80 Prozent reduziert werden. Das kann mit der bisherigen Struktur des Fernwärme-Marktes nicht erreicht werden.
Rainer Bratfisch
03.04.2016