Der Begriff Luxusmodernisierung ist zweifellos ideologisch besetzt. Manche Mieter schreien schon „Luxus“, wenn ihre marode Altbauwohnung mit Heizung und Bad ausgestattet wird. Umgekehrt weisen viele Eigentümer den Verdacht einer Luxussanierung entrüstet zurück, selbst wenn Fußbodenheizung, Kamin und eine 30 Quadratmeter große Dachterrasse auf dem Programm stehen. Was genau ist also unter Luxusmodernisierung zu verstehen?
„Luxus ist alles, was teuer und völlig überflüssig ist“, sagt der Rechtsanwalt Christian Emmerich, „für mich gehören dazu auch Handtuchheizkörper.“ Auch Christoph Müller ärgert sich über den Trend zu überflüssigen und kostentreibenden Modernisierungsmaßnahmen. Der Anwalt hat es zunehmend mit Fällen zu tun, wo selbst Kleinstwohnungen mit einem zweiten Balkon ausgestattet werden. Bei größeren Wohnungen muss es dann schon mal der dritte Balkon sein. „Kürzlich habe ich auch erlebt, dass der Einbau einheitlicher Steckdosen als Modernisierung geltend gemacht werden sollte.“ Ob solche Maßnahmen unter Luxusmodernisierung fallen oder nicht, ist Auslegungssache. „Das Problem ist, dass es keine eindeutige Definition seitens des Gesetzgebers gibt“, kritisiert Christoph Müller. Die Rechtsprechung beziehungsweise die Mietrechtsliteratur nennt nur wenig praxistaugliche Beispiele, etwa den Einbau eines Hallenbades oder die Ausstattung mit goldenen Wasserhähnen. „Beides habe ich noch nie erlebt“, sagt Müller.
Manchmal werden auch Erwerber ehemals kommunaler Wohnungen vertraglich dazu verpflichtet, auf Luxusmodernisierungen zu verzichten – ohne dass definiert ist, was darunter fällt. Für die Mieter hat eine solche Klausel daher wenig Wert. Konkreter wird es für Bewohner in Milieuschutzgebieten. Dort gibt es Listen mit Ausstattungsmerkmalen, die untersagt werden können, beispielsweise ein Hänge-WC, ein zweiter Balkon oder ein Handtuchtrockner. Die Kriterien werden von den Bezirken festgelegt, wobei zur Abgrenzung der übliche Standard im jeweiligen Gebiet herangezogen wird.
Eines der wenigen Urteile, das sich explizit auf den Begriff bezieht, stammt aus dem Jahre 2005. Der Vermieter könne zwar grundsätzlich die Art und Weise, wie er den Wohnwert seiner Wohnungen verbessert, selbst auswählen, befand der Bundesgerichtshof. Die Grenze sei jedoch die Luxusmodernisierung. Der Mieter solle vor besonders aufwendigen Maßnahmen, die zu unzumutbaren Härten führen, geschützt werden (BGH vom 20. Juli 2005 – VIII ZR 253/04).
Eine interessante, aber durchaus gewagte Position wird im „Schmidt-Futterer“, einem der Standardwerke für Mietrecht, vertreten. Dort heißt es: Maßstab dafür, ob eine Luxusmodernisierung vorliegt oder nicht, sei das Verhalten eines durchschnittlichen Hauseigentümers, der in das von ihm selbst bewohnte Gebäude investiert.
„Luxusmodernisierung ist kein objektiver Tatbestand, sondern ein subjektiver“, erklärt Frank Maciejewski vom Berliner Mieterverein. Mietrechtlich sei der Begriff irreführend: „Entweder steckt dahinter eine finanzielle Härte oder es liegt gar keine Gebrauchswertverbesserung vor.“
Wirtschaftliche Situation des Mieters entscheidet
So seien die goldenen Wasserhähne schon deswegen nicht zu dulden, weil sie den Gebrauchswert nicht verbessern – zumindest dann nicht, wenn bereits vernünftige Armaturen vorhanden sind. Werden sie bei einem erstmaligen Badeinbau installiert, sind sie dagegen keine Luxusmodernisierung, wenn der Mieter ein gut verdienender Angestellter ist. Anders sieht es bei einem Hartz-IV-Empfänger aus. Es kommt also immer auf die persönliche Einkommenssituation des Mieters an.
Ein praxistauglicheres Beispiel: Wird ein Bad erstmals verfliest, ist dies ohne Zweifel eine Gebrauchswertverbesserung. Dabei steht es dem Vermieter grundsätzlich frei, ob er Fliesen für 30 oder für 95 Euro pro Quadratmeter verwendet. Aber: Bei entsprechend schlechten Einkommensverhältnissen kann der Mieter eine finanzielle Härte einwenden. Die „Luxusfliesen“ sind also nicht aufgrund eines objektiven Tatbestandes „verboten“. Das, so der BMV-Rechtsexperte, sei ein weit verbreiteter Mietrechtsirrtum.
Birgit Leiß
Vorbildliche Definition eines wenig vorbildlichen Unternehmens
Falls sich der Gesetzgeber zu einer rechtlichen Klarstellung durchringt, könnte ausgerechnet die Formulierung aus einem höchst umstrittenen Immobiliendeal wegweisend sein. Als die Augsburger „Patrizia AG“ vor einigen Jahren 32.000 gemeinnützige Wohnungen von der Bayerischen Landesbank kaufte, wurde den Mietern der Verzicht auf Luxusmodernisierungen zugesichert. Das, so heißt es in der Sozialcharta, sind „bauliche Maßnahmen, die die Ausstattung, den baulichen Zuschnitt und das Wohnumfeld in einer Weise ändern, dass die betroffene Bestandswohnung nach einer solchen Maßnahme eine andere Zielgruppe als die bisherige Mieterstruktur anspricht.“ Dass sich das Wohnungsunternehmen nicht danach richtete und die Sozialcharta de facto nur Augenwischerei war, wie Mietervereine in Bayern kritisieren, steht auf einem ganz anderen Blatt.
bl
02.01.2018