Wo sterben mehr Menschen: im Straßenverkehr oder im Haushalt? Auf den Straßen, würde man meinen – von tödlichen Verkehrsunfällen hört man schließlich jeden Tag in den Nachrichten. Zu Hause ist es dagegen gemütlich und sicher. Oder?
Tatsächlich zeichnet die Statistik ein ganz anderes Bild: 9818 Menschen kamen laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2015 in Deutschland durch Haushaltsunfälle zu Tode – beinahe 800 mehr als im Vorjahr. Bei Verkehrsunfällen starben im selben Zeitraum 3578 Menschen. Die Chancen, durch einen tödlichen Unfall im eigenen Heim ums Leben zu kommen, stehen also ungleich höher.
Doch was macht die eigenen vier Wände so gefährlich? Vielleicht gerade das trügerische Gefühl, dort ganz sicher zu sein. Eine repräsentative Umfrage des Versicherers „AachenMünchener“ kam zu dem Ergebnis, dass ein Viertel aller Deutschen beim Frühjahrsputz statt der sicheren Leiter auf unsichere Alternativen wie Tisch oder Hocker ausweicht – meist wohl schlicht aus Faulheit, denn das geht schließlich schneller, als die Leiter aus dem Keller zu holen. Ebenfalls verbreitet: Fliesen putzen vom Badewannenrand oder Klo-Deckel aus und sogar das Fensterputzen auf dem Fenstersims stehend. Dabei sind genau diese Situationen gefährlich: In mehr als 80 Prozent der Fälle sind Stürze die Ursache der tödlichen Unfälle im Haushalt. Keinesfalls nur aus dem Fenster übrigens – auch das Stolpern über die Teppichkante oder das Staubsaugerkabel ist verbreitet. Weit abgeschlagen liegen dagegen solche Todesursachen wie Brände, Ersticken, Vergiftungen – hiervon sind vor allem Kinder betroffen – und Ertrinken.
Seit 2007 steigen die Todeszahlen durch Haushaltsunfälle kontinuierlich an. Dieser Trend wird sich wohl auch in Zukunft fortsetzen. Denn: 80 Prozent der Menschen, die 2015 durch einen Unfall in den eigenen vier Wänden ums Leben kamen, waren älter als 75 Jahre. Durch die demografische Entwicklung wird es in Zukunft immer mehr ältere Menschen geben. Bei der Aktion „Das sichere Haus“, einem Zusammenschluss von Verbänden und Institutionen, die sich dem Unfallschutz in Heim und Freizeit verpflichtet fühlen, weiß man, wieso ältere Menschen besonders häufig stürzen: Ihre Muskel- und Sehkraft lässt nach, hinzu kommt nicht selten die mangelnde Einsicht, dass sie manches ohne Hilfe nicht schaffen. Außerdem leben ältere Menschen oft alleine und werden daher nach Unfällen zu spät gefunden.
Volkswirtschaftlicher Milliardenschaden
Interessant ist, dass das Unfallrisiko im eigenen Zuhause deutschlandweit sehr ungleich verteilt ist. Die meisten tödlichen Unfälle ereigneten sich 2015 in sächsischen Haushalten: 24,9 pro 100.000 Einwohner. Dicht folgten Thüringen (21,8) und Sachsen-Anhalt (20,5). Die wenigsten Unfälle ereigneten sich in Bremen und Bremerhaven (2,5). Berlin (8,1) ist nach Niedersachsen das drittsicherste Bundesland. Eine mögliche Erklärung für die großen Unterschiede zwischen den verschiedenen Ländern ist, dass im Osten im Durchschnitt ältere Menschen leben.
Die tödlichen Unfälle sind nur die Spitze des Eisbergs. Beim Gemüseschneiden den Finger getroffen, auf der Treppe gestolpert: Das Robert-Koch-Institut schätzt, dass jährlich in Deutschland 3,15 Millionen Haushaltsunfälle passieren. Diese belasten die Volkswirtschaft jedes Jahr mit Milliardenkosten. Denn allein für die Versorgung eines Oberschenkelhalsbruches – eine weit verbreitete Sturzfolge gerade bei älteren Menschen – werden 7000 Euro fällig.
Katharina Buri
Sicher im Haushalt – sieben Tipps
Gefahrenbewusstsein entwickeln
Oberstes Gebot: Nicht leichtsinnig sein. Auf sicheren Stand achten. Treppen bewusst gehen – dazu rutschfestes Schuhwerk wählen.
Arbeitskleidung tragen
Eng anliegende Kleidung, passendes Schuhwerk, zusammengebundene Haare und der Verzicht auf losen Schmuck verhindern Hängenbleiben. Je nach Aufgabe empfehlenswert: Arbeitshandschuhe, Gehörschutz, Topflappen et cetera.
Schnittwunden vorbeugen
Messer, Mixer und Co. sicher vor Kindern verstauen und nicht zu viel Spülmittel verwenden, um beim Handspülen nicht in ein Messer zu greifen.
Kinder vor Verbrennungen schützen
Töpfe und Pfannen mit dem Griff nach hinten auf die Herdplatte stellen. Und: Kinder nicht alleine an den Herd lassen.
Vergiftungen vorbeugen
Chemikalien (Reinigungs-, Putz-, Lösungsmittel und Medikamente) kindersicher verstauen. Noch besser: auf Giftstoffe verzichten.
Gasunfälle verhindern helfen
Regelmäßige Kontrollen an Gasleitungen und -geräten vom Fachmann durchführen lassen.
Notfallvorkehrungen treffen
In den Haushalt gehören etwa die Haushaltsapotheke, Rauchmelder und ein mobiles Telefon für Senioren. Und: Jedes Haushaltsmitglied sollte die Notfallnummer 112 kennen!
Auf https://das-sichere-haus.de finden Sie Broschüren zu verschiedenen Themen der Unfallprävention, unter anderem zu Haushaltsunfällen – sie können kostenlos heruntergeladen oder bestellt werden.
24.03.2017