Dieses MieterMagazin-Extra behandelt folgende Themen:
- Wildwest auf den Wohnungsmärkten:
Die scheidende Bundesregierung hinterlässt mehr Probleme als Lösungen
• Preiswerter Wohnraum wird immer knapper
• Woran es beim Neubau krankt - Was wollen die Parteien nach der Bundestagwahl 2017 tun?
Die Wahlprogramme der Parteien auf dem Prüfstand der Mieterinteressen
Fragen und Parteienantworten zu:
• Mietpreisbremse, Mieterhöhungen und Wohngeld
• Modernisierung, energetische Sanierung und Klimaschutz
• Neubau, soziale Wohnraumförderung und neue Gemeinnützigkeit
• Kündigungsschutz und sonstiges Mietrecht
• Fazit - Deutliche Eingriffe der Politik erforderlich
Forderungen des Berliner Mietervereins an den nächsten Deutschen Bundestag
Wildwest auf den Wohnungsmärkten
Die scheidende Bundesregierung hinterlässt mehr Probleme als Lösungen
Schlechte Karten für Mieter auf dem Berliner Wohnungsmarkt: Trotz verschiedener Maßnahmen des Bundes, aber auch der Berliner Landesregierung, steigt die Wohnkostenbelastung weiter an, und angemessene Wohnungen sind für breite Teile der Bevölkerung nur sehr eingeschränkt verfügbar. Mit Neubau allein kommt man dagegen nicht an.
Preiswerter Wohnraum wird immer knapper
Die Gründe dafür sind:
• Massiver Anstieg der Mieten bei Wiedervermietung
Im Schnitt stiegen die Angebotsmieten in den letzten Jahren zwischen fünf und zehn Prozent. Durch Möblierung von Wohnungen wird das Mietniveau zusätzlich nach oben getrieben. Mit der erheblich gestiegenen Nachfrage in Berlin und anderen größeren Städten vor allem durch Zuwanderung hat der Wohnungsneubau nicht mitgehalten. Renditeorientierte Vermieter nutzen dies aus und missachten die Mietpreisbremse. Diese verfehlt ihr Ziel. Der Berliner Mieterverein schätzt, dass bei rund zwei Drittel aller Wiedervermietungen gegen das Mietpreisrecht verstoßen wird. Zudem machen die gesetzlich zugelassenen Ausnahmen sowie der Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete die Mietpreisbremse zu einem stumpfen Schwert.
• Erhebliche Mietsteigerungen in bestehenden Mietverhältnissen
Der aktuelle Berliner Mietspiegel weist gegenüber 2015 beim Mittelwert 9,4 Prozent höhere Mieten aus – ein Anstieg weit über dem allgemeinen Berliner Lebenshaltungskostenindex. Noch gravierender ist der Sprung bei den Oberwerten der Mietspiegelspanne. Hier weist der Mietspiegel eine Erhöhung um 17,4 Prozent aus, was den Rahmen für die Mieterhöhungen von morgen bildet. Denn die Mieterhöhungen dürfen ohne Nachweis von Merkmalen mit dem Oberwert der Mietspiegelspanne begründet werden. Hinter diesem eklatanten Anstieg stehen vor allem modernisierungsbedingte Mietsteigerungen und die Miethöhen neuer Vertragsabschlüsse der letzten Jahre. Besonders ärgerlich: In den Mietspiegel fließen auch Mieten ein, mit denen die gesetzliche Kappung der Mietpreisbremse umgangen wurde. Von 5,84 auf 6,39 Euro pro Quadratmeter monatlich nettokalt ist die Miete im Berliner Mietspiegel 2017 gestiegen. In guten Wohnlagen stieg der Mittelwert um 0,85 Euro pro Quadratmeter im Monat auf 7,41 Euro pro Quadratmeter, ein Anstieg um 13 Prozent gegenüber 2015. Bei Altbauten, die bis 1918 bezugsfertig wurden, betrug der Anstieg 13,1 Prozent in zwei Jahren.
• Modernisierungen und Energieeinsparmaßnahmen
Eine Analyse des Berliner Mietervereins (hierzu auch die Titelgeschichte dieser Ausgabe des MieterMagazins) hat ergeben, dass die Miete nach Modernisierung im Schnitt um knapp 2,50 Euro pro Quadratmeter beziehungsweise 186 Euro im Monat angehoben wird. Für ein Viertel aller Betroffenen steigt sie sogar um mehr als 3 Euro pro Quadratmeter im Monat. Eine Verdoppelung der bisherigen Kaltmiete ist bei Modernisierungen ebenfalls keine Seltenheit. Die rechtliche Möglichkeit, jährlich 11 Prozent der Investition auf den Mieter abwälzen zu können, führt zu finanzieller Überlastung und Verdrängung von Mietern. Die Modernisierung ist aus dem Ruder gelaufen. 20 bis 30 Prozent der Mieter verlassen ihre Wohnung schon vor den angekündigten Baumaßnahmen. Die Vermieter verlangen trotz energetischer Sanierung weiterhin die alten Vorauszahlungen für die Heizkosten, offenkundig, weil sie der theoretisch berechneten Energieeinsparung und damit auch der Heizkostenersparnis nicht trauen.
So stellen Modernisierung und Energieeinsparmaßnahmen aktuell eine durch das Mietrecht begünstigte massive Umverteilung von Vermögen zu Ungunsten der Mieter dar. Der Nutzen, zum Beispiel eingesparte Heizkosten, ist zumeist gering und steht in keinem Verhältnis zu den teils horrenden Mieterhöhungen. Für die Erfüllung der Klimaschutzziele, denen sich die Bundesregierung international verpflichtet hat, setzt sie auf die Bereitstellung von Finanzhilfen für Eigentümer. Die Ergebnisse aus der BMV-Analyse sind jedoch ernüchternd: Nur in etwa 5 Prozent aller Fälle wurden mietreduzierende Fördermittel in Anspruch genommen. Der Einsatz öffentlicher Fördermittel für eine sozial verträgliche Klimaschutzpolitik im Wohngebäudebestand ist daher nahezu bedeutungslos. Der Berliner Mieterverein hält gleichwohl Maßnahmen zur Energieeinsparung und für den Klimaschutz für sinnvoll. Sie müssen aber ökologisch nachhaltig und gebäudebezogen angepasst sein. Die Mieter müssen durch eine stärkere Kappung der Mieterhöhungen finanziell entlastet werden.
• Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen
Trotz Umwandlungsverbots in den fast 40 Berliner Milieuschutzgebieteen wurden im Jahr 2016 landesweit rund 13.000 Wohnungen in Eigentum umgewandelt. Durch Eigenbedarfskündigungen geht häufig preiswerter Mietwohnraum verloren. Kapitalanleger nutzen in umgewandelten Wohnungen sämtliche Mieterhöhungsspielräume aus. Die Rechtsprechung zum Eigenbedarf begünstigt die Interessen der Vermieter. In den letzten Jahren sind die Erlangungsgründe für die Eigentümer immer stärker ausgeweitet worden.
• Verlust von Mietpreis- und Belegungsbindungen im Sozialen Wohnungsbau
Das Angebot an öffentlich gefördertem Wohnungsneubau wird in Berlin von heute 107.600 Wohnungen auf rund 60.000 Wohnungen im Jahr 2025 sinken. Die im Jahre 2014 wieder aufgenommene soziale Wohnungsneubauförderung wird den Verlust an Mietpreis- und Belegungsbindungen nicht kompensieren können.
Woran es beim Neubau krankt
Wenn die Bevölkerung wie in den Vorjahren um jährlich 40.000 Personen wächst, brauchen wir mehr Wohnungen. Aber welche Wohnungen sollen es sein, wo sollen sie entstehen, und wer soll sie bauen? Eine Entlastung bei den Mieten wird es erst mit einem ausgeglichenen Markt geben. Davon ist Berlin selbst bei 12.000 Neubauwohnungen – wie im Jahr 2016 – weit entfernt. Der Sozialwohnungsanteil am Neubau lag im Vorjahr bei unter 2 Prozent, soll sich aber bald auf rund 3000 Wohnungen erhöhen. Rund 55 Prozent der Haushalte sind aufgrund des Haushaltseinkommens zum Bezug einer Sozialwohnung berechtigt. Die Zahl der armutsgefährdeten Haushalte ist 2015 auf 22,4 Prozent angestiegen. Auch die meisten Zuwanderer haben ein geringes Einkommen. Für sie alle sind die aktuell erstellten Wohnungen unerschwinglich. Ohne das Engagement von städtischen Wohnungsunternehmen, massive Wohnungsbauförderung und Eingriffe des Staates geht es nicht.
Zudem wird ohne die Beendigung der Boden- und Grundstückspekulation der Neubau von Sozialwohnungen immer schwieriger. Die Baulandpreise stiegen in Berlin in einem Jahr zwischen 30 und 60 Prozent. Vielerorts bleiben die Kommunen auf den Fördermitteln für neue Sozialwohnungen sitzen, weil es keine städtischen Wohnungsunternehmen mehr gibt oder diese selbst nicht hinreichend über Grundstücke verfügen. Von Privaten werden die Fördermittel nicht in Anspruch genommen. Lediglich 25.000 Sozialwohnungen wurden 2016 bundesweit bezugsfertig.
Mieterschutz, Bau- und Planungsrecht, Wohnungsbauförderung und Steuern, das sind die zentralen Rahmenbedingungen für eine sozial verantwortliche Wohnraumversorgung, für die die Bundesgesetzgebung weitestgehend verantwortlich ist. Die Möglichkeiten der Bundesländer und letztendlich auch der Kommunen sind für die Lösung der anstehenden Probleme begrenzt – auch weil die „Schuldenbremse“ zukünftige Investitionen massiv behindern wird. Mit der Bundestagswahl werden Weichen für die Zukunft gestellt: Werden die Grundlagen für eine dauerhaft sozialorientierte Mieten-, Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik geschaffen oder werden die alten Denkmuster neoliberaler Wirtschaftstheorien die Oberhand bekommen und die Umverteilung der Vermögen zu Lasten der Mehrheit der Bevölkerung fortgesetzt? Die Mieter stellen zumindest in den Großstädten und Ballungsgebieten die Mehrheit der Wähler. Sie haben es also in der Hand.
Die Autoren des MieterMagazin-Extra zur Bundestagswahl sind Reiner Wild und Wibke Werner von der Geschäftsführung des Berliner Mietervereins.
Was wollen die Parteien nach der Bundestagwahl 2017 tun?
Die Wahlprogramme der Parteien auf dem Prüfstand der Mieterinteressen
Mietpreisbremse, Mieterhöhungen und Wohngeld
CDU: Für die CDU ist die Mietentwicklung weder bei Wiedervermietung noch bei bestehenden Mietverhältnissen wirklich ein Thema. Der beste Schutz vor ausufernden Mietpreisen sei der Wohnungsneubau. Mehr findet sich im Wahlprogramm nicht. Auch Aussagen zur Mietpreisbremse fehlen. Das verwundert nicht, denn die aktuelle Gesetzeslage beinhaltet eine zeitliche Befristung der Rechtsverordnung der Bundesländer auf fünf Jahre. In Berlin ist ohne eine Gesetzesnovelle daher am 31. Mai 2020 ohnehin Schluss mit der Mietpreisbremse. Der Streit um die Mietspiegel tangiert die CDU nicht. Mehr Rechtsicherheit – zum Beispiel durch eine Rechtsverordnung über die Aufstellung von Mietspiegeln – wird offenkundig nicht als notwendig erachtet. Aussagen zur Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen sind Fehlanzeige. Das Wohngeld soll in Hinblick auf die individuelle Lebenssituation verbessert werden. Ob damit eine Erhöhung in der Breite gemeint ist? Einzig auf den Wohnungsneubau zu setzen, um die Mieten in den Griff zu bekommen, wird dem Problem nicht gerecht. Denn erkennbar wird in der nächsten Zeit, zum Beispiel wegen des eklatanten Mangels an günstigen Grundstücken in den Städten, mit preiswertem Wohnungsneubau der Nachfrageanstieg durch Zuwanderung und Haushaltsgründungen nicht befriedigt werden.
SPD: Die Mietpreisbremse soll wegen der anhaltenden Kritik verbessert werden. Das schließt wohl eine Verlängerung ein, auch wenn es nicht dezidiert erwähnt wird. Die Korrektur bezieht sich aber allein darauf, die Stellung der Mieter bei der Wahrung von Rechtsansprüchen zu verbessern und zwar durch Transparenz über die Vormiete bei Vertragsabschluss. Zudem soll die Rückforderung bei überhöhter Miete ab Vertragsbeginn möglich werden und offenbar nicht mehr von einer Rüge abhängig sein. Der Bestand der Vormiete als Umgehung der Mietpreisbremse soll aber aufrechterhalten werden. Die Mietpreisbremse würde also selbst bei Einhaltung der Rechtsvorschriften durch die Vermieter nur bedingt die Mietpreise dämpfen. Für das zentrale Problem der Mietpreisbremse, dass Vermieter ungestraft die Konkurrenz am Wohnungsmarkt mit überhöhten Mieten ausnutzen, gibt es keine Lösung. Wäre ein Mietpreisverstoß bußgeldbewährt, würden sich vermutlich deutlich mehr Vermieter an das Gesetz halten. Die SPD will bessere und verbindlichere Mietspiegel. Mit den derzeitigen Kappungsgrenzen scheint sie zufrieden zu sein. Das Wohngeld soll regelmäßig an den Mietenanstieg angepasst werden.
Bündnis 90/Die Grünen: Eine „richtige Mietpreisbremse ohne Hintertür“ wollen die Grünen. Wie die aussehen soll, erfährt man aber im Wahlprogramm nicht. Oder wollten sich die Grünen mit dieser offenen Formulierung die Hintertür für eine Koalition mit der CDU offenhalten? Nur wenn man im letzten Parteitagsbeschluss vom Juni 2017 oder einem älteren Antrag im Bundestag vom Herbst 2016 nachschaut, wird man in puncto Präzisierung fündig. Die Zulässigkeit der Mietpreisbremse soll für die Bundesländer auf mindestens zehn Jahre statt jetzt fünf Jahre verlängert werden. Unnötige Ausnahmen von der Bremse wie die für umfassende Modernisierungen, Wiedervermietung von Neubauten und möblierte Wohnungen sollen ebenso abgeschafft werden wie die Rügepflicht. An der Vormiete-Regelung allerdings rühren die Grünen nicht.
Mietspiegel sollen sich aus Mieten von längeren Zeiträumen als vier Jahren bilden und die ökologische Qualität abbilden. Hier wäre es sicher hilfreich, wenn die Grünen einen Vorschlag präsentierten, der dann auch in eine eventuell zu erlassende Rechtsverordnung einbezogen werden könnte. Der Mietenanstieg bei Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete soll – vermutlich durch eine reduzierte Kappungsgrenze – gedämpft werden, aber um wieviel? Das Wohngeld soll erhöht und um eine Klimakomponente ergänzt werden.
Die Linke: Die Mieten sollen runter – ein hoher Anspruch. Liest man das Programm, sind jedoch keine Vorschläge vorhanden, wie die Mieten gesenkt werden könnten. Vielmehr geht es den Linken darum, den Mietenanstieg zu beschränken. Die Mietpreisbremse soll bundesweit, unbefristet und ohne Ausnahmen gelten. Es soll vermutlich auch die Vormiete-Regelung beseitigt werden, obwohl dies formell keine Ausnahme darstellt. Unklar bleibt, wofür ein Moratorium für Mieterhöhungen gedacht ist. Denn die normalen Mieterhöhungen sollen auch weiterhin bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete möglich sein, allerdings nicht höher als der Inflationsausgleich ausfallen. Mietspiegel sollen sich aus den Mieten aller Mieterverhältnisse bilden und nicht nur aus denen der letzten vier Jahre. Ab einer bestimmten Gemeindegröße sollen Mietspiegel verpflichtend sein. Dafür soll es für die Kommunen finanzielle Unterstützung vom Bund geben. Für die Missachtung der Mietpreisbremse sollen Vermieter zukünftig – vermutlich mit einem Bußgeld – bestraft werden. Mietwucher soll wirkungsvoll geahndet werden. Es dürfte gemeint sein, dass die Mietpreisüberhöhung nach dem Wirtschaftsstrafgesetz nach der einschränkenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wieder wirksam bei 20 oder vielleicht auch weniger Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete bekämpft werden kann. Das Wohngeld soll auf Basis der Bruttowarmmiete gezahlt und um eine Stromkostenkomponente ergänzt und zu einem Klimawohngeld zusammengefasst werden.
AfD: Die Mietpreisbremse wird kritisch bewertet. Zwar wird nicht explizit für die Abschaffung der Mietpreisbremse eingetreten, aber die Mietpreisbremse würde private Investitionen in den Wohnungsbau weniger rentabel machen und den Neubau ausbremsen. Die Miethöhe bei Vermietung von Neubauten, die nach Oktober 2014 bezugsfertig wurden, unterliegt derzeit nicht der Mietpreisbremse. Einen direkten Zusammenhang zwischen Neubau und Mietpreisbremse gibt es also nicht. Alle seriösen Studien zur Stärkung des – vor allem preiswerten – Neubaus weisen auf ganz andere Probleme, wie zum Beispiel die extrem angestiegenen Preise für Bauland und die Spekulation mit Grundstücken, hin. Weder dazu noch zu den anderen Problemen der Mietentwicklung äußert sich die AfD. Bei der AfD wird die neoliberale Wirtschaftstheorie ganz einfach über das Wohnungswesen gestülpt. Das zeugt von wenig Kompetenz. Immerhin, das Wohngeld soll nicht abgeschafft werden. Warum man etwas ins Wahlprogramm schreibt, was man nicht will, sei dahingestellt.
FDP: Die Mietpreisbremse soll abgeschafft werden. Folglich gibt es für den Mietenanstieg bei bestehenden Mietverhältnissen keinen Handlungsbedarf, ebenso wie beim Wohngeld. Dass trotz Mietpreisbremse in den letzten zwei Jahren in den meisten deutschen Großstädten und vielen anderen Gemeinden auch der Neubau gerade von teuren Mietwohnungen deutlich stärker angewachsen ist als zu Zeiten ohne Mietpreisbremse, gibt weder der FDP noch der AfD (siehe oben) zu denken. Hier mangelt es an Ehrlichkeit. Die Mietpreisbremse könnte, wenn sie denn wirksam wäre, die Renditen der Vermieter tatsächlich beschränken und auch für die bestehenden Mietverhältnisse über die Mietspiegel eine preisdämpfende Wirkung haben. Genau das aber möchte die FDP nicht. Es handelt sich daher beim Wahlprogramm um eine klare Klientelpolitik zugunsten der Vermieter. Als Verfechter einer Strategie der Subjektförderung, von der die Vermieter immer profitieren, tritt die FDP dann logischerweise auch für eine Anpassung des Wohngeldes an gestiegene Mieten ein.
Modernisierung, energetische Sanierung und Klimaschutz
CDU: Von der Union ist das Problem, mit den jetzigen Instrumenten die Klimaschutzziele im Gebäudebestand nicht erreichen zu können, offenbar wahrgenommen worden. Deshalb soll die energetische Gebäudesanierung durch zusätzliche Anreize gestärkt werden. Dabei geht es nicht um eine Verschärfung von ordnungsrechtlichen Vorgaben für Bestandsgebäude, sondern ausschließlich um eine zusätzliche steuerliche Förderung für Gebäudeeigentümer. Die steuerliche Förderung mit der Gießkanne wirkt aber nicht mietreduzierend. Nicht angekommen ist also in der Union, dass die Umsetzung der Klimaschutzziele im Wohngebäudebestand auch einen erheblichen soziapolitischen Sprengstoff beinhaltet. Denn zumindest auf den städtischen Wohnungsmärkten müssen am Ende die Mieter den Klimaschutz bezahlen – und nach den aktuellen mietrechtlichen Regeln sogar mit einer erheblichen Gewinnspanne für die Vermieter. Doch an der Beschränkung der Mieterhöhungen nach Modernisierung hat die CDU/CSU kein Interesse. Schließlich hat das Kanzleramt in der jetzt endenden Legislatur einen Vorschlag des Bundesjustizministers Maas (SPD) für mehr Mieterschutz bei Modernisierung und Energieeinsparung in der Schublade verschwinden lassen, obwohl in der seinerzeitigen Koalitionsvereinbarung hierzu Handlungsbedarf erkannt und gesetzliche Regelungen in Aussicht gestellt wurden.
SPD: Die SPD erkennt, dass die Mieterhöhungen nach einer Modernisierung begrenzt werden müssen. In welchem Umfang, verrät sie im Wahlprogramm aber nicht. Justizminister Maas (SPD) hatte in seinem Referentenentwurf für eine zweite Novelle des Mietrechts im Jahr 2016 eine Kappung der Abwälzung auf 8 Prozent statt bisher 11 Prozent der Investitionskosten sowie einige andere Verbesserungen vorgeschlagen, war damit aber bei der CDU/CSU und insbesondere im Kanzleramt nicht durchgedrungen.
Bei der SPD gibt es kein Konzept, wie einerseits deutlich mehr zur Umsetzung der klimapolitischen Ziele im Wohngebäudebestand getan werden kann, gleichzeitig aber die Maßnahmen sozialpolitisch vertretbar bleiben. Das wirkt, als wäre es „weder Fisch noch Fleisch“. Man will die Gebäudeeigentümer unterstützen, ihre Häuser energetisch zu sanieren und erneuerbare Energien zu nutzen. Hier ist nicht klar, ob es um Beratung oder – wie bei der Union – um zusätzliche steuerliche Förderungen für Gebäudeeigentümer gehen soll.
Bündnis 90/Die Grünen: Die Praxis des Raussanierens wollen die Grünen bekämpfen und die Verdrängung beenden. Eine klimafreundliche und warme Wohnung soll bezahlbar bleiben. Wie die Mieterhöhung nach Modernisierung und Energieeinsparmaßnahmen beschränkt werden soll, ist aber dem Wahlprogramm nicht zu entnehmen. Gleichwohl, die soziale Dimension des Klimaschutzes ist bei den Grünen angekommen. Der Umstieg auf klimaschonende Wärme gelingt nur, wenn Wohnen und Heizen bezahlbar bleiben. Einer Verdrängung der Mieter bei Sanierung soll durch Änderung des Mietrechts ein Riegel vorgeschoben werden. Zur Umsetzung der klimapolitischen Ziele wollen die Grünen ein Klimaschutzgesetz, in dem auch die Umsetzung der energetischen Gebäudesanierung geregelt ist. Mit einem Programm „Faire Wärme“ soll die energetische Quartierssanierung durch hohe finanzielle Förderung sozialverträglich umgesetzt werden. Mit einem zusätzlichen Klimawohngeld, das im Übrigen auch die Linken fordern, soll energetisch sanierter Wohnraum auch für Einkommensschwache bezahlbar bleiben.
Die Linke: Die Modernisierungsumlage soll nach dem Willen der Linken abgeschafft werden. Andererseits soll eine warmmietenneutrale Sanierung ermöglicht werden. Da im Normalfall mit Energiesparmaßnahmen nur geringfügige Einsparungen von Heizkosten verbunden sind, entsteht die Frage, wie bei einer warmmietenneutralen Sanierung der Vermieter die Nettokaltmiete erhöhen kann, wenn § 559 BGB gestrichen ist. Wenn der Vermieter keine öffentlichen Fördermittel in Anspruch nimmt, soll der Mieter nicht zu einer Duldung der Maßnahme verpflichtet sein. Die Linke möchte zur Erreichung der Klimaziele die jährliche Sanierungsrate auf zwei Prozent erhöhen. Wie das aber gehen soll, bleibt unklar. Denn die finanziellen Anreize für Vermieter im Mietrecht sollen mehr oder weniger komplett gestrichen werden. Die Linke setzt auf die Erhöhung der Fördermittel als Ersatz und will die Fördermittelannahme gar gesetzlich erzwingen. Geht man aber davon aus, dass Letzteres rechtlich nicht möglich sein wird, verpufft diese Strategie. Ohnehin erscheint es sinnvoller, direkt durch ein Klimaschutzgesetz die schrittweise und damit sozialverträgliche energetische Sanierung einzufordern. Bei den derzeitigen Gewinnmargen im Wohnungswesen muss nicht noch gutes öffentliches Geld ausgegeben werden, wo dies gar nicht nötig ist. Damit der regenerative Wärmeanteil 2020 bei mindestens 20 Prozent liegt, will die Linke auch im Gebäudebestand eine Verpflichtung einführen.
AfD: Die Mietentwicklung nach Modernisierung und Energieeinsparmaßnahmen in bestehenden Mietverhältnissen stellt für die AfD kein Problem dar. Im Wahlprogramm findet sich dazu nichts. Allerdings meint man, dass durch die ständige Verschärfung der Energieeinsparverordnung (EnEV) und dem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) die Baukosten steigen würden und hohe Mieten entstehen, die besonders die unteren Einkommensgruppen hart treffen. Was sich zunächst sozial verantwortlich anhört, ist bei näherer Betrachtung doch eher Populismus gegen staatliche Rahmenbedingungen für Klimaschutz. Das EEWärmeG führt in der Regel nicht zu höheren Baukosten, weil die Bauherren weit überwiegend von den Ersatzmaßnahmen nach § 7 des Gesetzes Gebrauch machen. Die Anhebung der Anforderungen durch die ständige Verschärfung der EnEV bezieht sich nur auf den Neubau. Untere Einkommensgruppen kommen im nicht geförderten Wohnungsneubau aber gar nicht zum Zuge, und bei Sozialwohnungen zahlen sie eine Einstiegsmiete, die vollkommen unabhängig vom Anteil der Baukosten für die Erfüllung energetischer Anforderungen ist. Für den Gebäudebestand gibt es seit Jahren keine Erhöhung der Anforderungen in der EnEV. Im EEWärmeG gibt es für bestehende Gebäude mit Ausnahme einer Länderregelung in Baden-Württemberg gar keine Anforderungen.
FDP: Im Wahlprogramm der FDP finden sich zu den Themen Modernisierung, energetische Sanierung und Klimaschutz keine Aussagen.
Neubau, soziale Wohnraumförderung und neue Gemeinnützigkeit
CDU: Die CDU setzt auf Wohnungsbau als Mittel gegen ausufernde Mieten. Insgesamt will sie, dass 1,5 Millionen Wohnungen in den nächsten vier Jahren neu gebaut werden. Eine Quote von günstigen Wohnungen wird nicht definiert. Sozialer Mietwohnungsneubau kommt im Wahlprogramm der Union nicht vor. Anreize für den Wohnungsneubau sieht sie in einer steuerlichen Förderung und der Einführung einer degressiven Abschreibung (AfA: „Abschreibung für Abnutzung“) für einen begrenzten Zeitraum. Die Einführung einer degressiven AfA kommt einer Förderung nach dem Gießkannenprinzip gleich, Fördergelder werden ohne Zweckbestimmung für angespannte Wohnungsmarktregionen flächendeckend verteilt. Grundstücke des Bundes sollen verbilligt an Städte und Gemeinden verkauft werden. Das allein wird nicht genügen, um der Spekulation mit Grund und Boden und den daraus resultierenden steigenden Bodenpreisen zu begegnen. Das Motto der Union könnte sein, „weiter wie bisher“. Denn die aktuelle Wohnungsmarktsituation bringt ja auch Vorteile – für die Vermieter.
Die CDU will die Bildung von Wohneigentum durch die Einführung eines Baukindergeldes für junge Familien stärken und die Reduzierung der Grunderwerbsteuer fördern.
SPD: Die Aussagen zum Sozialen Wohnungsneubau bleiben vage. Die SPD möchte die gemeinsame Zuständigkeit von Bund und Ländern für den Sozialen Wohnungsbau über 2019 hinaus gewährleisten und die Förderung im Sozialen Wohnungsbau fortsetzen – wie genau, sagt sie nicht. Mit zusätzlichen Investitionsanreizen (steuerliche Förderung?) und bundesweit einheitlichen Standards – hier könnte die Vereinheitlichung von Bauordnungen gemeint sein – soll der Wohnungsbau zusätzlich angekurbelt werden. Hohe Baulandpreise werden als Problem für bezahlbaren Wohnungsbau benannt, aber der Ausweg erst einmal nur in einer Vorbildfunktion des Bundes gesehen, der beim Verkauf öffentlicher Grundstücke wohnungs- und stadtentwicklungspolitische Ziele berücksichtigen soll. Hierfür soll das BImA-Gesetz angepasst werden. Zwar wird das Ziel, Spekulation mit baureifem Boden zu begrenzen, deutlich, doch findet sich wenig Konkretes zur Umsetzung.
Bündnis 90/Die Grünen: Bündnis 90/Die Grünen greifen bei den Zielzahlen für bezahlbaren Wohnungsneubau hoch und wollen eine Million Wohnungen mit dauerhafter Sozialbindung entstehen lassen. Dies soll möglichst flächensparend und durch kompakte Raumkonzepte geschehen. Zur Finanzierung des Wohnungsbaus soll die kommunale Wirtschaftssteuer verlässlicher und die Grundsteuer gerechter werden. Aussagen dazu, was mit einer verlässlicheren Wirtschaftssteuer und einer gerechteren Grundsteuer gemeint ist, fehlen ebenso wie klare Aussagen zur Wohnungsbauförderung über 2019 hinaus, wenn die bisherige Bundesunterstützung für die soziale Wohnraumförderung endet.
Es bleibt bei der relativ pauschalen Aussage, dass Immobilienspekulationen uneingeschränkt zu besteuern sind. Den Ansatz einer Besteuerung zur Verhinderung von Bodenspekulation teilt auch der Berliner Mieterverein. Ideen einer konkreten Umsetzung finden sich im Wahlprogramm der Grünen jedoch nicht. Liegenschaften des Bundes sollen vergünstigt an Kommunen abgegeben werden. An dieser Stelle bleiben die Grünen hinter den Forderungen des Deutschen Mieterbundes zurück, Grundstücke der öffentlichen Hand kostenfrei an Kommunen zu übertragen.
Auch die Grünen setzen sich – wie DMB und BMV – für die Einführung einer neuen Gemeinnützigkeit ein, mit der sie neben Genossenschaften und kommunalen Wohnungsunternehmen auch private Investoren für den Sozialen Wohnungsbau gewinnen wollen. Zudem wollen die Grünen den Erwerb von Genossenschaftsanteilen finanziell unterstützen.
Die Linke: Für den Neubau und Ankauf von mindestens 250.000 Sozialwohnungen im Jahr möchte die Linke über fünf Milliarden Finanzmittel des Bundes bereitstellen und die dauerhafte Sozialbindung für öffentlich geförderte Sozialwohnungen einführen. Über einen Rekommunalisierungsfonds soll der Rückkauf von Wohnungen durch Kommunen, Genossenschaften und Mietergemeinschaften ermöglicht werden. Dadurch entsteht aber noch keine bezahlbare Wohnung, sondern es wird eine bestimmte Eigentümerstruktur gestärkt.
Spekulationen mit Grund und Boden will Die Linke verhindern, indem Spekulanten vom Grundstücksverkehr ausgeschlossen und Gewinne aus Spekulation und Immobilienverkäufen deutlich stärker besteuert werden. Außerdem sollen Bodenpreise gedeckelt und die Veräußerungsgewinne aus Bodenpreissteigerungen abgeschöpft und für sozialen, kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbau verwendet werden. Öffentlicher Boden darf nicht privatisiert, sondern nur im Erbbaurecht vergeben werden. Da auch Erbpachtzinsen im Zuge eines steigenden Zinsniveaus zu Kostenbelastungen führen können, sollte die Vergabe im Erbbaurecht eine Option darstellen, aber nicht als Regel definiert werden. Die kostenlose Übertragung öffentlicher Grundstücke an Städte oder Kommunen könnte einen größeren Effekt nach sich ziehen. Die Linke ist für die Einführung einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit.
AfD: Die AfD bringt nichts Konkretes, sondern genügt sich mit plakativen Forderungen nach einer Verstärkung des Wohnungsbaus durch geeignete Rahmenbedingungen. Es soll mehr Bauland ausgewiesen werden.
Aber wo? Da wo Wohnraum besonders nachgefragt wird, gibt es kaum Flächen, die kommunal ausgewiesen werden können. Im Bundestagswahlkampf aber geht es darum, was der Bund bewerkstelligen kann. Da fällt der AfD nur die Senkung energetischer Baustandards ein. Das ist eine in der Vermieterlobby populäre Forderung, aber sie hat keinerlei Auswirkung auf die Wohnungsbauzahlen, weil die Kostenprobleme bei den hohen Grundstückspreisen von privaten Bodeneigentümern liegen. Da aber sieht die AfD keinen Handlungsbedarf. Diese von der AfD vorgeschlagenen Maßnahmen werden nicht zur Entlastung auf angespannten Wohnungsmärkten beitragen.
FDP: Die FDP will Anreize für den Wohnungsneubau durch eine Erhöhung der jährlichen Abschreibungsrate für Gebäude von zwei auf drei Prozent schaffen. Ohne zusätzliche Kriterien würden also Fördermittel nach dem Gießkannenprinzip verteilt.
Was die soziale Wohnungsbauförderung betrifft, fordert die FDP ausschließlich eine Zweckbindung der Bundesmittel zur Wohnungsbauförderung. Zu dem eigentlichen Problem, wie die soziale Wohnungsbauförderung auch nach 2019 verstetigt werden soll, wenn der Bund seine Zuständigkeit verliert, äußert sich die FDP nicht.
Die FDP sieht keinen Handlungsbedarf bei der Frage, wie günstiger Wohnraum geschaffen werden kann, sondern setzt ausschließlich auf eine Subjektförderung durch Erhöhung des Wohngelds und dessen Anpassung an die Mietentwicklung.
Kündigungsschutz und sonstiges Mietrecht
SPD: Die SPD will gesetzlich regeln, dass es bei Mieterhöhungen und Betriebskostenabrechnungen auf die tatsächliche Wohnfläche ankommt. Diese Korrektur ist überfällig, nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) zur Mieterhöhung entschieden hat, dass die tatsächliche Wohnfläche zugrunde zu legen ist. Das Kündigungsrecht des Vermieters wegen Eigenbedarfs will die SPD konkretisieren, um einem Ausufern und Umgehungsmöglichkeiten entgegenzuwirken. Es bleibt offen, was genau mit einer Konkretisierung gemeint ist.
Bündnis 90/Die Grünen: Bei den Grünen findet sich die recht allgemeine Aussage, dass ein ökologisches und soziales Mietrecht eingeführt werden soll. Zur Frage des Kündigungsschutzes findet man nur die Aussage, dass dieser wieder zu einem Schutzinstrument gemacht werden soll und Mietervereine zu stärken sind.
Die Linke: Die Linken befassen sich am ausführlichsten mit mietrechtlichen Verbesserungsvorschlägen. Eine Sonderkommission sowie eine öffentliche Beschwerdestelle sollen die Einhaltung des Mieterschutzes, die Einhaltung von Mietspiegeln sowie den Milieuschutz kontrollieren. Der Milieuschutz soll ausgeweitet und bis zur Umsetzung eines verbindlichen Mietspiegels in Milieuschutzgebieten eine Mietobergrenze von 8,50 Euro eingeführt, darunterliegende Mieten eingefroren werden. Mietobergrenzen in Milieuschutzgebieten wären ein guter Ansatz, allerdings muss erwähnt sein, dass das Bundesverwaltungsgericht 2006 solche Mietobergrenzen für unzulässig erklärt hatte. Eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs soll nach Ansicht der Linken entfallen, wenn Mietrückstände beglichen werden. Mietminderungen sollen nicht zu einer Kündigung führen können.
In den Wahlprogrammen von CDU, FDP und AfD finden sich keine Aussagen zur Verbesserung des Kündigungsschutzes und zu weiteren Mietrechtsänderungen.
Fazit:
CDU und CSU wollen die Eigentumsförderung stützen. Für die Städte bringt das nichts. 70 bis 85 Prozent der Stadtbewohner sind Mieter und werden es wegen fehlenden Eigenkapitals, Erwerbsnebenkosten und der starken Bindung an ein Gebäude auch bleiben. Eine neue Eigentumsförderung würde lediglich die Immobilienwirtschaft subventionieren. Ansonsten setzt man auf die „heilenden Kräfte“ des Marktes. Verbesserungen im Mieterschutz wird es mit der Union nicht geben. Auch für den Neubau von Sozialwohnungen gibt es keinen Plan.
Die FDP unterscheidet sich kaum von CDU/CSU. Bei einer Koalition aus CDU/CSU und FDP müssen Mieter mit einem massiven Abbau von Mieterschutzrechten rechnen, wie das Ergebnis – zum Beispiel Abschaffung der Mietpreisbremse und der reduzierten Kappungsgrenze – der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen jüngst gezeigt hat.
Auch die SPD will die Eigentumsbildung fördern, gleichzeitig aber den Schutz der Mieter verbessern durch Nachbesserung der Mietpreisbremse, Beschränkung der Miethöhe nach Modernisierung, verbindlichen Mietspiegeln und Anpassung des Wohngeldes. Die SPD steht zur gemeinsamen Förderung des Wohnungsbaus von Bund und Ländern und will die Spekulation mit baureifem Boden begrenzen. Im Mietrecht werden aber viele Forderungen des Mietervereins nicht aufgenommen.
Die Linke widmet den Wohnungsmarktproblemen fünf Seiten im Wahlprogramm und dokumentiert damit den hohen Stellenwert des Wohnens. Viele Vorschläge entsprechen auch im Detail den BMV-Forderungen, zum Beispiel im Mietrecht oder bei der Einführung einer neuen Gemeinnützigkeit. Einige Versprechungen („Mieten runter“) werden wohl nicht gehalten werden können.
Auch die Grünen haben zahlreiche Vorschläge im Mietrecht, die den Schutz der Mieter vor Verdrängung und überzogenen Mietsteigerungen verbessern sollen. Dauerhaft gebundener Wohnraum soll durch eine neue Gemeinnützigkeit geschaffen werden. Mit diesen Punkten allein wird man der Verantwortung des Bundes für die Erstellung von preiswerten Wohnungen nicht gerecht.
Die AfD widmet dem Wohnen 32 halbe Zeilen, will die Mietpreisbremse de facto abschaffen und besorgt damit das Geschäft der Vermieter. Steuersenkungen sollen Vermieter zu mehr Wohnungsbau beflügeln.
Der Berliner Mieterverein meint: Die Wohnungspolitik muss endlich umsteuern und darf nicht dem Marktgeschehen hinterherlaufen. Ohne einen Regierungswechsel im Bund wird es weder mehr Mieterschutz noch neue Instrumente zur Errichtung preisgünstigen Mietwohnraums geben.
Die Autoren des MieterMagazin-Extra zur Bundestagswahl sind Reiner Wild und Wibke Werner von der Geschäftsführung des Berliner Mietervereins.
Der Deutsche Mieterbund hat auf seinem Portal www.mieterbund.de einen Link zur Bundestagswahl 2017 mit Fragen des DMB und Antworten der Parteien, Forderungen des Mieterbundes und einem „Miet-O-Mat: Die Mieter-Testwahl“
Eine Broschüre des Berliner Mietervereins zur Bundestagswahl 2017 finden Sie als Download unter www.berliner-mieterverein.de//uploads/2017/08/flyer-bundestagswahl-2017.pdf.
Sie ist in gedruckter Form auch erhältlich in der Geschäftsstelle und in den Beratungszentren des Berliner Mietervereins.
Deutliche Eingriffe der Politik erforderlich
Zehn Forderungen des Berliner Mietervereins an den nächsten Deutschen Bundestag
Mietrecht und Mietpreisrecht
1. Die Mietpreisbremse muss dringend nachgebessert werden. Die Befristung und die Ausnahmen (erhöhte Vormiete, Modernisierung) sind zu beseitigen. Die Rügepflicht ist abzuschaffen, Rückforderungsansprüche sollen ab Beginn des Mietverhältnisses wirksam werden.
2. Das Wirtschaftsstrafgesetz ist so zu ändern, dass es des Beweises des Mieters über die Ausnutzung einer angespannten Wohnungsmarktlage nicht mehr bedarf und die Mietpreisüberhöhung bereits bei 15 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete anzunehmen ist. Oberhalb von 15 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete wird dann ein Bußgeld fällig.
3. Die Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen im freifinanzierten Wohnungsbau ist in Gebieten mit erhöhtem Wohnbedarf auf 6 Prozent in drei Jahren, in anderen Gebieten auf 10 Prozent in drei Jahren zu begrenzen. Mietspiegel sind durch Erlass einer Verordnung rechtssicherer zu machen. In die ortsübliche Vergleichsmiete sollen alle am Markt gezahlten Mieten eingehen und nicht nur die der letzten vier Jahre.
4. Die jetzige Mieterhöhungsmöglichkeit nach Modernisierung und Energieeinsparmaßnahmen (11 Prozent der Investition) ist zu beseitigen und befristet durch eine an der erzielten Energieeffizienz orientierten Zulage zu ersetzen, die den Betrag der erzielbaren Heizkostenersparnis nur geringfügig übersteigen darf.
5. Der Kündigungsschutz ist zu verbessern. Eigenbedarfsgründe sind einzuschränken und Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung auf einen klar definierten Rahmen zu beschränken. Kündigungen wegen Mietrückständen dürfen nur wirksam werden, wenn der Vermieter diese eingeklagt hat und der Mieter auf ein rechtskräftiges Urteil hin den Rückstand nicht begleicht. In Gebieten mit erhöhtem Wohnbedarf ist die Sperrfrist bei Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen auf 12 Jahre zu verlängern. Untervermietung und Wohnungstausch sind zu erleichtern.
Soziale Wohnraumförderung
6. Der Bund soll auch über 2019 hinaus für die soziale Wohnraumversorgung mitverantwortlich sein. Der erforderliche Rechtsrahmen ist zu schaffen und die Fördermittel sind auf drei Milliarden Euro jährlich zu erhöhen. Die Mittel sollen auch zur Erweiterung eines dauerhaft gebundenen Wohnungsvermögens dienen können.
7. Die Verwendung der öffentlichen Mittel soll in Kombination mit der ergänzenden Länderförderung sowohl für den Neubau, für die Erneuerung des Wohnungsbestands, für den Ankauf von Grundstücken, den Zukauf von Wohnungen und Belegungsrechten durch städtische und landeseigene Wohnungsunternehmen sowie die Einbringung in ein dauerhaft gebundenes Vermögen möglich sein. Zudem ist eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit einzuführen.
Boden-, Planungs- und Steuerrecht
8. Ohne Eingriffe in die Boden- und Grundstückspreisentwicklung sowie den Handel mit Immobilien werden Schaffung und Erhalt preisgünstigen Wohnraums in den Zentren der Boomstädte nicht mehr möglich sein. Entsprechende Instrumente zur Regulierung fehlen im Bodenrecht, Planungs- und Steuerrecht und müssen endlich eingeführt werden. Die kommunalen Vorkaufsrechte sind durch Ausweitung des Erwerbs zu preislimitierten Verkehrswerten zu stärken.
9. Die Städtebauförderung ist auszubauen, die Kulisse um Gebiete mit Verordnungen der sozialen Erhaltungssatzung und der Umstrukturierungssatzung zu erweitern. Mit einer Änderung des Baugesetzbuchs soll die Modernisierungstätigkeit in Milieuschutzgebieten mittels gebietsspezifischer Mietobergrenzen weiter eingeschränkt und die Kündigungssperrfrist verlängert werden. Ausnahmen vom Verbot der Umwandlungen sind abzuschaffen.
Klimaschutz und Energiewende
10. Klimaschutz und Energiewende sind gesamtgesellschaftliche Aufgaben, die sozial gerecht ausgestaltet werden müssen. Neben der Veränderung des Mietrechts bedarf es klarer Vorgaben zur Senkung des Energieverbrauchs in Wohngebäuden über einen Stufenplan. Darauf abgestimmt ist mit öffentlichen Fördermitteln sicherzustellen, dass Mieter und Vermieter sowie Eigentümer nicht überfordert werden. Zur Erreichung der klimapolitischen Ziele ist ein abgestimmtes Bündel von ordnungsrechtlichen Maßnahmen, Förderung und Information erforderlich.
03.03.2018