Der Eklat um die ersten Mieterratswahlen bei den städtischen Wohnungsbaugesellschaften bleibt ohne Konsequenzen. Eine Untersuchung ergab zwar zahlreiche Fehler und Unregelmäßigkeiten. Dennoch sollen die Wahlen nicht wiederholt werden – sehr zur Erleichterung der Wohnungswirtschaft.
Stein des Anstoßes war vor allem der Ausschluss unliebsamer Kandidaten. 104 Mieter waren wegen „Verletzung mietvertraglicher Pflichten“ oder „schwerwiegender Verstöße gegen das friedliche Zusammenleben“ nicht als Bewerber zugelassen worden, darunter Aktive aus dem Pankower Mieterprotest sowie eine Mieterin, die sich gegen die Stilllegung von Müllschluckern wehrte. Das Wohnungsunternehmen Gesobau hatte sogar umfangreiche Daten über die betreffenden Mieter gesammelt und stellte Teile dieser Dossiers den – mehrheitlich aus Mietern zusammengesetzten – Wahlkommissionen zur Verfügung. Nicht nur die verhinderten Kandidaten, auch die Berliner Datenschutzbeauftragte protestierte scharf gegen dieses Vorgehen. Die rot-rot-grüne Koalition vereinbarte im Koalitionsvertrag daher eine Evaluation der Wahlen. Damit beauftragt wurde der Vorstand der Wohnraumversorgung Berlin (WVB). Der Fachbeirat der WVB, in dem auch der Berliner Mieterverein vertreten ist, nahm ebenfalls Stellung.
„Das Thema wurde sehr kontrovers diskutiert, aber am Ende erschien uns eine Wiederholung der Wahl unverhältnismäßig“, erklärt Mietervereins-Geschäftsführer Reiner Wild. Bei einigen Kandidaten war der Widerspruch akzeptiert worden, andere zogen ihre Kandidatur zurück. Übrig blieben lediglich fünf strittige Fälle. „Wegen fünf Leuten die Wahl zu wiederholen, ist aus praktischen Gründen nicht sinnvoll“, so Wild. Das ändere nichts daran, dass die Wahldurchführung insbesondere bei der Gesobau und der Degewo mit der Rückendeckung der ehemaligen Spitze der Senatsverwaltung ein handfester politischer Skandal war.
In dem 55-seitigen Bericht heißt es, diese Situation sei eine schwere Hypothek für die Glaubwürdigkeit der gewählten Mieterräte. Um solche Vorgänge künftig zu vermeiden, wird in dem Bericht die Überarbeitung der Wahlordnungen und Satzungen empfohlen. So soll die Wählbarkeit künftig ausschließlich von formalen Kriterien abhängen, etwa dem Alter des Bewerbers oder der Dauer des Mietverhältnisses. Die Empfehlungen des Fachbeirats sind allerdings nicht bindend für die Wohnungsunternehmen.
Birgit Leiß
26.09.2017