Über die Probleme der Mieter in der Schönhauser Allee 90, Ecke Wisbyer Straße 1 in Pankow berichtete das MieterMagazin schon vor vier Jahren („Attraktiv ist anders“). Bis heute hat sich die Situation kontinuierlich weiter verschlechtert. Ziel des Vermieters ist die Vertreibung der verbliebenen Mieter.
Eigentümer des Eckgebäudes mit 32 Wohnungen und Gewerbe im Erdgeschoss ist inzwischen die Jotako Grundbesitzverwaltungs GmbH & Co. KG des Berliner Immobilienunternehmers und Arztes Dr. Rafael Korenzecher. Die Hausverwaltung wird von der Firma Berolina Grundbesitz GmbH betrieben. Beide sind offensichtlich „völlig überfordert und desinteressiert“, wie es einer der Mieter ausdrückt. Anfragen der Presse werden von ihnen nicht beantwortet. Viele Wohnungen in dem Eckhaus stehen bereits leer. In dem maroden Gebäude gibt es fast alle denkbaren Mängel: Der Sicherungskasten im Hauseingang ist lebensgefährlich, immer wieder fällt die Strom- und Gasversorgung aus, der Bodenbelag im Treppenhaus ist defekt, über das ungesicherte und ungenutzte Gerüst, das seit über zweieinhalb Jahren an der Fassade steht, klettern immer wieder Jugendliche hoch. Dazu kommen fehlender Winterdienst, Fäkalien im Keller und Ratten auf dem Hof. Einige Mieter halten das aus, weil sie keine Chance auf eine andere Wohnung sehen. Leerstehende Wohnungen werden gelegentlich vermietet – zu horrenden Mieten.
Im April 2018 kündigte die Hausverwaltung an, dass Arbeiten an Fassade, Fenstern und Balkonen bevorstünden. Passiert ist noch immer nichts. Lediglich im Erdgeschoss bauen zwei Handwerker einen Laden um. Keine Bautafel weist auf Verantwortlichkeiten hin. Modernisierungsankündigungen: Fehlanzeige. Am Freitag, dem 11. Mai 2018, erhielten sieben Mieter die fristlose Kündigung – für den darauffolgenden Montag. Der Grund: Sie hätten ihre Balkone nicht geräumt und damit die Bauarbeiten behindert. Für einige von ihnen ist das nicht die erste Kündigung. Der Berliner Mieterverein unterstützt sie.
Mehr als ein Dutzend Mal war das Bauamt bereits vor Ort – ohne dass sich etwas geändert hätte. Erst wenn mit einem Zwangsgeld gedroht wird, reagiert der Eigentümer beziehungsweise die Hausverwaltung. Anfang Juni standen die Probleme der Mieter erneut auf der Tagesordnung der Bezirksverordnetenversammlung. Baustadtrat Vollrad Kuhn: „Die Sache ist komplex.“ Den Vorwurf, das Verfahren werde unzureichend betrieben, weist er von sich. Die Mieter haben den Eindruck, dass die Probleme ausgesessen werden sollen. Der linke Bezirksverordnete Frederik Bordfeld und andere sehen die einzige Lösung in einer treuhänderischen Verwaltung des Gebäudes.
Rainer Bratfisch
30.06.2018