Kinder gehören nicht in eine Obdachlosenunterkunft. Das hat die Landeskommission zur Prävention von Kinder- und Familienarmut klargestellt und Maßnahmen zum Schutz vor Verdrängung und Zwangsräumung beschlossen. Um bei Wohnungsverlust schnell und sensibel zu helfen, sollen auch Familiennotübernachtungen ausgebaut werden. Bisher gibt es nur eine einzige in Berlin. Die ist regelmäßig an ihrer Kapazitätsgrenze.
Zwei bezogene Doppelstockbetten, ein quadratischer Tisch mit Stühlen, ein Schrank – der Raum, der die vierköpfige Familie erwartet, ist karg möbliert. Aber für etwa 14 Tage wird die Familiennotübernachtungsstelle des Diakonischen Werkes in der Kreuzberger Wrangelstraße ihr Zuhause sein. So wie für weitere 19 Kinder, acht Frauen und sieben Männer, die derzeit in der einzigen Notunterkunft für Familien in Berlin untergekommen sind.
„Zwangsräumung aufgrund von Mietschulden ist einer der typischen Gründe, warum sie zu uns geschickt werden“, erklärt die Sozialarbeiterin Merle Mangels. Die Landeskommission zur Prävention von Kinder- und Familienarmut will nun mit einem Katalog von Maßnahmen dafür sorgen, dass Kinder armer und armutsgefährdeter Familien nicht mehr von Wohnungsnot, Verdrängung und letztlich Wohnungslosigkeit betroffen sind. Zu den Anfang Juli dieses Jahres beschlossenen Steuerungsmechanismen gehören die Aktivierung eines Frühwarnsystems bei Mietschulden, eine enge Zusammenarbeit mit kommunalen, genossenschaftlichen wie auch privaten Vermietern und ressortübergreifende Netzwerke zwischen Jobcenter, Jugendamt und Beratungsstellen. Familien mit minderjährigen Kindern dürften nicht zwangsgeräumt werden, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme der Landeskommission, der unter anderem verschiedene Senatsverwaltungen, Bezirksvertreter, aber auch Wohlfahrtsverbände angehören.
Ihr sei besonders die Situation von Kindern wichtig, erklärte Sigrid Klebba, Staatssekretärin für Jugend und Familie und Vorsitzende der Landeskommission. Wenn sie von Wohnungslosigkeit betroffen sind, verlieren sie oft ihr gesamtes Umfeld und hilfreiche Strukturen in der Nachbarschaft. Klebba: „Es muss unser Ziel sein, ihnen ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen.“
So soll es künftig auch mehr Plätze in familiengerechten Notunterkünften geben. Vor allem jedoch müsste verhindert werden, dass Familien überhaupt wohnungslos werden, meint Merle Mangels. In den zurückliegenden zwei Jahren sei es gerade zwei Familien gelungen, aus ihrer Einrichtung wieder in eine normale Wohnung zu wechseln. Alle anderen mussten in Wohnheime umziehen. Merle Mangels: „Wer nämlich erst einmal draußen ist, hat derzeit so gut wie keine Chance mehr auf dem Mietmarkt.“
Rosemarie Mieder
21.08.2018