Deutschlands größter Vermieter Vonovia SE ist kein Wohnungsunternehmen im klassischen Sinne, sondern ein Finanzinvestor. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung des Vonovia-Geschäftsgebahrens.
Dass bei der börsennotierten Vonovia nicht die Wohnraumversorgung, sondern die Gewinnsteigerung das oberste Ziel ist, wissen die 345.000 Mieter des Unternehmens schon längst. Klagen über eine schlechte Instandhaltung, schleppende Reparaturen, überteuerte Modernisierungen und falsche Nebenkostenabrechnungen gibt es zuhauf. Für die Aktionäre ist die Beteiligung an dem Unternehmen dagegen äußerst lukrativ. Im Jahr 2017 wurden rund 640 Millionen Euro Dividende ausgeschüttet.
Der Wirtschaftsprofessor Heinz-J. Bontrup hat im Auftrag der Bundestagsfraktion der Linken die Konzernstrategie unter die Lupe genommen. Vonovia verhält sich demnach wie ein Hedge-Fonds, auch als „Heuschrecke“ bekannt. Das Unternehmen hat in den letzten Jahren viele Konkurrenten mit extrem zinsgünstigen Krediten aufgekauft und gleichzeitig unrentabel erscheinende Bestände abgestoßen. Der Wert der Immobilien wird in der Bilanz ungewöhnlich hoch angesetzt, weil unter anderem Mietpreissteigerungen schon einkalkuliert werden. Die Shareholder werden „auf Pump“ befriedigt: Die Ausschüttungen an die Aktionäre sind höher als die Gewinne aus dem eigentlichen Vermietungsgeschäft. Für Bontrup ist Vonovia deshalb ein „Finanzinvestor mit angeschlossener Immobilienwirtschaft“. Steigende Zinsen oder ein Ende des Immobilienbooms könnten das Unternehmen in ernste Schwierigkeiten bringen.
Die Linke fordert deshalb, dass mit Wohnungen nicht mehr an der Börse gehandelt werden dürfe. Zudem müsse ein Rekommunalisierungsfonds eingeführt werden, der Kommunen den Rückkauf von Wohnungen erleichtert. Die Bestände der Vonovia, bis 2015 „Deutsche Annington“, setzen sich hauptsächlich aus ehemaligen Beständen der öffentlichen Hand zusammen, die in den 2000er Jahren privatisiert wurden.
Jens Sethmann
29.10.2018