Darf man von einer Gewerkschaft einen sozialen Anspruch erwarten, wenn es um ihren Immobilienbesitz geht? Bei der IG Metall sind da Zweifel angebracht.
Kürzlich fand im IG-Metall-Haus in der Alten Jakobstraße 149 unter dem Motto „Ethik statt Monetik“ der Berliner Sozialgipfel statt. Eine der Hauptforderungen, die auch vom gewerkschaftlichen Dachverband DGB unterzeichnet wurde: bezahlbarer Wohnraum.
Mit ihren eigenen Immobilien ist die IG Metall diesbezüglich bereits zweimal negativ aufgefallen. So wurde vor einigen Jahren ein Wohnhaus aus dem Jahre 1859 in der Alten Jakobstraße 145, Ecke Neuenburger Straße 9 saniert – und die Wohnungen anschließend zu Quadratmeterpreisen von 10,50 bis 13,50 Euro neu vermietet. Lediglich für die beiden Altmieter konnte dank eines Sozialplanverfahrens im Sanierungsgebiet Südliche Friedrichstadt eine günstige Miete ausgehandelt werden.
Der Rest des Hauses stand weitgehend leer, wobei sich der Verdacht aufdrängt, dass man die Wohnungen gezielt nicht mehr vermietet hatte, um lästige Mietpreisbeschränkungen bei Neuverträgen zu vermeiden. „Wir haben niemanden raussaniert“, sagt Sprecherin Ingrid Gier von der Igemet, die den Immobilienbesitz der Gewerkschaft treuhänderisch verwaltet. Den hohen Leerstand begründet sie mit dem schlechten Zustand des Hauses: Außenklo, eingestürzte Decken, Schwamm. Doch der ist hausgemacht, denn die IG Metall ist seit Jahrzehnten Eigentümerin.
Die happigen Preise bei der Neuvermietung hält die IG Metall für ortsüblich – ungeachtet der Tatsache, dass der bei der Vermietung gültige Mietspiegel für die großen Wohnungen einen oberen Spannenwert von 6,10 Euro pro Quadratmeter vorsah (im aktuellen Mietspiegel 8,41 Euro).
Dabei versteigt man sich zu einer abenteuerlichen Interpretation. „Der Zustand des Hauses ist nach der Sanierung und zum Zeitpunkt des Neubezugs im Jahr 2016 in der Bausubstanz neuwertig – das heißt einem Neubau gleichzusetzen“, heißt es in einer Stellungnahme. Ziel des Immobilienbesitzes, so erklärt die Sprecherin, sei zwar „keine Riesenrendite“, aber man müsse mit den Mitgliedsbeiträgen sorgsam umgehen und zumindest Kostendeckung erzielen.
Zweiter Streitpunkt ist das Bürohaus, das die IG Metall neben ihrem Gebäude an der Linden-, Ecke Alte Jakobstraße bauen will. Darüber gibt es Streit mit dem Bezirk, denn die Sanierungsziele sehen hier Wohnungen vor. Die IG Metall argumentiert, man brauche zusätzliche Räume für die gewerkschaftliche Arbeit. „Warum geht sie hier nicht mit gutem Beispiel voran und baut unter Inanspruchnahme von Fördermitteln Sozialwohnungen, dringend benötigte Wohnungen für Familien?“, fragt Kerima Bouali von „asum“. Die genehmigungsrechtlichen Fragen müssten noch geklärt werden, heißt es dazu bei der IG Metall. „Wenn es vom Bezirk die Auflage gibt, Wohnungen zu bauen, machen wir das natürlich“, so die Sprecherin.
Birgit Leiß
21.11.2018