Leitsatz:
Der aus § 541 BGB folgende Anspruch des Vermieters gegen den Mieter auf Unterlassung eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache verjährt während des laufenden Mietverhältnisses nicht, solange die zweckwidrige Nutzung andauert.
BGH vom 19.12.2018 – XII ZR 5/18 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 13 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Mieterin hatte zwei Etagen in einem Bürohaus im Jahr 2010 angemietet. Im Mietvertrag hieß es: „Die Vermietung erfolgt zum Betrieb eines Rechtsanwaltsbüros.“ Seit Beginn des Mietverhältnisses nutzte die Mieterin die obere Etage zu Wohnzwecken. Im Juli 2016 forderte der Vermieter die Mieterin erfolglos auf, die Wohnnutzung zu unterlassen. Die Mieterin meinte, ein eventueller Unterlassungsanspruch sei verjährt.
Dem folgte der BGH nicht. Nach § 541 BGB könne der Vermieter auf Unterlassung klagen, wenn der Mieter einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache trotz Abmahnung fortsetzt. Dies sei vorliegend der Fall. Die Mietvertragsparteien hätten ausschließlich eine gewerbliche Nutzung der Mieträume, nämlich zum Betrieb eines Rechtsanwaltsbüros vereinbart. Die tatsächliche Nutzung der angemieteten Räume im ersten Obergeschoss zu Wohnzwecken durch die Mieterin halte sich nicht innerhalb des vereinbarten Nutzungszwecks. Die nach § 541 BGB erforderliche Abmahnung der Mieterin sei erfolgt. Der Unterlassungsanspruch des Vermieters sei auch nicht verjährt.
Zwar unterliege der Anspruch des Vermieters aus § 541 BGB grundsätzlich der regelmäßigen Verjährung des § 195 BGB mit einer Frist von drei Jahren. Für den Beginn der Verjährung komme es dabei nach § 199 Abs. 5 BGB neben dem Vorliegen der in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB genannten subjektiven Voraussetzungen statt auf den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs grundsätzlich auf den der Zuwiderhandlung an. Ob diese Regelung zum Verjährungsbeginn auch dann eingreife, wenn der Mieter wie im vorliegenden Fall die Mietsache dauerhaft vertragswidrig nutze, sei im mietrechtlichen Schrifttum und in der Instanzrechtsprechung umstritten.
Teilweise werde die Auffassung vertreten, dass auch bei einer vertragswidrigen Handlung, die eine dauernde Beeinträchtigung nach sich ziehe, der Anspruch auf Beseitigung beziehungsweise Unterlassung bereits mit Beginn der Beeinträchtigung entstehe. Die Gegenansicht nehme an, dass bei einem andauernden vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache wie der unerlaubten Nutzung von Gewerberäumen zu Wohnzwecken der Anspruch des Vermieters aus § 541 BGB während des bestehenden Mietverhältnisses nicht verjähren könne.
Die letztgenannte Ansicht treffe zu. Der aus § 541 BGB folgende Anspruch des Vermieters gegen den Mieter auf Unterlassung eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache verjähre während des laufenden Mietverhältnisses nicht, solange die zweckwidrige Nutzung andauere.
Nutze ein Mieter die von ihm zu gewerblichen Zwecken angemieteten Räumlichkeiten als Wohnung, liege der Schwerpunkt seines vertragswidrigen Verhaltens nicht in der Aufnahme, sondern in der dauerhaften Aufrechterhaltung der unerlaubten Nutzung der Mietsache. Dadurch verletze der Mieter fortwährend die ihm während der gesamten Dauer des Mietverhältnisses obliegende mietvertragliche Verpflichtung, die Mietsache nur im Rahmen des vertraglich vereinbarten Verwendungszwecks zu nutzen. Dieser Dauerverpflichtung des Mieters entspreche die aus § 535 Abs. 1 BGB folgende Verpflichtung des Vermieters, die Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten. Zu dieser habe der Bundesgerichtshof ebenfalls bereits entschieden, dass sie eine vertragliche Dauerverpflichtung darstelle, die während des Bestehens des Vertragsverhältnisses schon begrifflich nicht verjähren könne, weil sie während dieses Zeitraums gleichsam ständig neu entstehe. Für eine davon abweichende verjährungsrechtliche Behandlung der Verpflichtung des Mieters, die Mietsache während der gesamten Dauer des Mietverhältnisses nur zu dem vertraglich vereinbarten Zweck zu nutzen, bestehe kein Grund. In beiden Fällen handele es sich jeweils um eine in die Zukunft gerichtete Dauerverpflichtung.
18.02.2019