Am 6. April startet die Unterschriftensammlung zum Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co enteignen“, mit dem die Wohnungsbestände großer Immobilienkonzerne vergesellschaftet werden sollen. Über die Kosten gehen die Meinungen weit auseinander.
Ziel des Volksbegehrens ist es, die Wohnungsbestände von Unternehmen, die in Berlin mehr als 3000 Wohnungen besitzen, in Gemeineigentum zu überführen. Eine solche Vergesellschaftung nach Artikel 15 des Grundgesetzes ist noch nie durchgeführt worden. Klar ist aber: Es müsste eine Entschädigung gezahlt werden. Über deren Höhe streiten sich die Geister.
Die amtliche Kostenschätzung des Senats geht davon aus, dass für die Vergesellschaftung von 243.000 Wohnungen Entschädigungskosten zwischen 32 und 40 Milliarden Euro zu zahlen wären. Darin sind auch Ausgleichszahlungen für Wertminderungen und für das überzählige Personal bei den betroffenen Unternehmen enthalten.
Diese enorme Kostenschätzung ruft die Gegner der Enteignungsinitiative erneut auf den Plan. „Berlin kann sich diesen Volksentscheid nicht leisten“, sagt Maren Kern, Vorstand des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen BBU. „Das wäre ein finanzpolitisches Desaster für Berlin.“ Der CDU-Baupolitiker Christian Gräff meint: „Rot-Rot-Grün muss seine abenteuerlichen Enteignungsfantastereien endlich beerdigen. Denn sonst droht Berlin eine neue Schuldenkrise über Jahrzehnte.“
Die Initiatoren des Volksentscheids machen allerdings eine andere Rechnung auf. Zum einen gehen sie davon aus, dass nur rund 200 000 Wohnungen betroffen sind, zum anderen sind sie überzeugt, dass die Entschädigung nicht den Marktwert wiedergeben muss, der den Berechnungen des Senats offensichtlich zugrunde liegt. Sie haben eine weit geringere Entschädigungssumme ermittelt. Berechnet man den Wert der Wohnungen – wie es die städtischen Unternehmen in ihren Bilanzen machen – mit dem 14-fachen der Jahresnettokaltmiete, kommt man auf 13,7 Milliarden Euro. Legt man die Zahlungsfähigkeit der Mieter zugrunde und berücksichtigt, dass niemand mehr als 30 Prozent seines Einkommens für die Miete ausgeben soll, ergäbe sich für die Wohnungen ein Wert von 7,3 Milliarden Euro. Nur 20 Prozent der Entschädigungssumme müssten der Initiative zufolge aus dem Landeshaushalt aufgebracht werden. Der Rest könnte über Kredite finanziert werden, die über die laufenden Mieteinnahmen getilgt würden.
Die Höhe der Entschädigung ist eine politische Entscheidung. Der Senat müsste sie in das vom Volksbegehren geforderte Vergesellschaftungsgesetz schreiben. Da man hier juristisches Neuland betritt, wären Klagen der betroffenen Wohnungsunternehmen auf jeden Fall zu erwarten.
Jens Sethmann
20.03.2019