Laut Mietspiegel hat fast die ganze Wilhelmstadt in Spandau eine einfache Wohnlage. Doch eine Handvoll Gebäude schert aus: die der Deutsche Wohnen. Sie wurden 2017 heraufgestuft. Die Geschichte eines Insel-Wunders.
„Das hier war mal der Kudamm Spandaus. Heute gibt es nur noch 1-Euro-Shops, Handy-Reparateure und Imbiss-Buden.“ So beklagen Mieterinnen und Mieter der Deutsche Wohnen den Abstieg der Pichelsdorfer Straße, der zentralen Achse der Wilhelmstadt.
Die teilweise denkmalgeschützte Siedlung der Deutsche Wohnen mit 1300 Wohneinheiten hat seit dem Erwerb durch den Konzern ein ähnliches Schicksal. Die Instandhaltung sei verglichen mit GSW-Zeiten auf Sparflamme gedrosselt, Reparatur-Anfragen über eine kostenpflichtige Nummer ziehen eine bis zu 45 Minuten lange Warteschleife mit sich.
Auf die Erhöhung der Wohnkosten ist jedoch Verlass. Jährlich steigen Mietzins oder Betriebskosten – 14 Prozent und mehr seit 2015. Dann war der Mieterhöhungsspielraum der einfachen Wohnlage ausgereizt. 2016 beantragte die Deutsche Wohnen für ihre Gebäude auf einer Fläche von circa 400 mal 200 Metern eine Höherstufung der Wohnlage. Erfolgreich. Auf dem Mietspiegel 2017 blitzen die zehn Quadratkilometer der Wilhelmstadt in einem gelben Meer als kleine orange Insel auf.
Nachvollziehbar ist das nicht: „Die Wohnlageeinstufung einer Adresse spiegelt die Wertigkeit der Lagegegebenheiten des weiteren Wohnumfeldes wider“, liest man im Mietspiegel. „Wir verstehen diese Wohnlagen-Änderung nicht“, meinen Linda Tennert-Guhr und Andreas Wilke von der KoSP GmbH. Sie koordinieren im Auftrag des Bezirks die Maßnahmen in dem seit 2011 ausgewiesenen Sanierungsgebiet Wilhelmstadt. Sie kennen die Lage des Viertels. Es gibt zu wenig Schulen, Seniorenstätten, Jugendeinrichtungen, Kita-Plätze und Spielplätze.
Die Bewohner der Deutsche Wohnen hatten nun die Wahl: Eine Mieterhöhung akzeptieren oder verklagt werden. Ohne Rechtsschutzversicherung rieten Anwälte jedoch ab. Sollte die Wohnlage allerdings je wieder heruntergestuft werden, bliebe die neue Miethöhe unangetastet.
Adrian Garcia-Landa
20.03.2019