Die ENCA Group witterte wohl das große Geld, als sie vor zwei Jahren mehrere Häuser in Lichtenberg an Geflüchtete vermietete – mit Einzelmietverträgen für rund 490 Euro pro Zimmer. Macht fast 1500 Euro für eine circa 70 Quadratmeter große, nicht möblierte Dreizimmerwohnung. Dass mit der Vermietung auch Pflichten verbunden sind, wird vom Vermieter ignoriert.
Er habe immer geglaubt, dass in Deutschland Regeln gelten, meint ein junger Mann, der Ende 2017 zusammen mit anderen Afghanen in die Egmontstraße 3 gezogen ist. Sie freuten sich riesig, endlich aus dem Flüchtlingsheim ausziehen zu können. Am Anfang habe man daher über die Mängel hinweggesehen. Doch mittlerweile ist die Wohnsituation unerträglich geworden. Es gibt Schimmel, die Haustüren sind nicht verschließbar, die Briefkästen kaputt und drei der vier Herdplatten sowie der Backofen sind kaputt. Einen Hausmeister gibt es nicht. Auf Mängelmeldungen reagiert der Vermieter nicht oder er stellt den Mietern die Kosten in Rechnung, weil sie den Schaden angeblich selbst verursacht hätten. Das Treppenhaus sei in den letzten zwei Jahren nur einmal geputzt worden – was man ihm auch ansieht. Dazu kommen hohe Heiz- und Betriebskostennachforderungen von bis zu 1000 Euro – ungerechtfertigt, wie eine Prüfung des Berliner Mietervereins (BMV) ergeben hat. Das größte Problem ist aber der massive Bettwanzenbefall in fast allen Wohnungen. Die gleichen Zustände herrschen auch in den benachbarten Häusern der ENCA Vermögensverwaltung GmbH in der Skandinavischen Straße nahe dem Bahnhof Lichtenberg sowie in der Lückstraße 29. Seit einem Wasserschaden vor einigen Monaten gibt es im gesamten Haus kein Warmwasser mehr. Zum Duschen machen sich die jungen Männer Wasser im Wasserkocher heiß. Eine schriftliche Stellungnahme wollte die ENCA Group nicht abgeben.
„Von außen war alles tipptopp“, sagt dazu eine derjenigen, die ehrenamtlich den Flüchtlingen helfen. Aber es gebe viele Fehlkonstruktionen. Ein Bad hatte nicht einmal eine Duschtasse, so dass bei jedem Duschen das Bad unter Wasser gesetzt wurde.
„Es wird schamlos ausgenutzt, dass die Leute große Angst haben, wieder in ein Heim zurück zu müssen“, sagt die ehrenamtliche Helferin. Die profitable Vermietungspraxis zu unterbinden, scheint aussichtslos. Beim Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) heißt es, man sei nicht der Vermittler dieser Zimmer und könne jemanden, der wegen der Kostenübernahme mit einem Mietvertrag von der ENCA Group komme, nicht ablehnen.
Birgit Leiß
19.03.2020