Leitsätze:
a) Wenn ein Vermieter die in § 9 Abs. 1 EnEV in Verbindung mit Anlage 3 Nr. 1 bis 6 aufgeführten Arbeiten an Gebäuden aus freiem Entschluss durchführt und damit die in § 9 Abs. 1 EnEV normierte Verpflichtung auslöst, eine Wärmedämmung anzubringen, die die Einhaltung eines bestimmten Wärmedurchgangskoeffizienten gewährleistet (sogenannte bedingte Anforderungen), sind damit die Voraussetzungen des § 559 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 BGB regelmäßig noch nicht erfüllt.
b) Etwas anderes hat allerdings dann zu gelten, wenn die Durchführung der Arbeiten an dem Gebäude für den Vermieter unausweichlich geworden ist.
BGH vom 9.10.2019 – VIII ZR 21/19 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 24 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
In der Entscheidung vom 9. Oktober 2019 ging es auch noch um die Frage, wann der Härteeinwand des Mieters nach § 559 Abs. 4 Satz 2 BGB ausgeschlossen ist, weil die Modernisierungsmaßnahme aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung des Vermieters durchgeführt wurde. Im betreffenden Fall hatte der Vermieter Wärmedämmmaßnahmen bei Erneuerung eines teilweise schadhaften Außenputzes durchgeführt.
Der BGH führte dazu aus, dass dem Tatbestand des § 559 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 BGB nur Modernisierungsmaßnahmen unterfallen, zu deren Durchführung der Vermieter rechtlich verpflichtet ist. Eine solche rechtliche Verpflichtung bestehe etwa bei Modernisierungsmaßnahmen, die der Erfüllung sogenannter Nachrüstpflichten nach der Energieeinsparverordnung (EnEV), insbesondere nach § 10 EnEV, dienten. Hierbei handele es sich um durch öffentlich-rechtliche Vorschriften zwingend vorgeschriebene Maßnahmen, denen sich der Vermieter nicht entziehen könne.
In einer solchen Zwangslage befinde sich ein Vermieter, der die in § 9 Abs. 1 EnEV aufgeführten Arbeiten an Gebäuden aus freiem Entschluss durchführe, jedoch in aller Regel nicht. Denn er habe es regelmäßig in der Hand, ob er die Arbeiten in Angriff nimmt und damit die in § 9 Abs. 1 EnEV normierte Verpflichtung auslöst, eine Wärmedämmung anzubringen, die die Einhaltung eines bestimmten Wärmedurchgangskoeffizienten gewährleiste (sogenannte bedingte Anforderungen). Diese Unterschiede zu den Nachrüstungspflichten rechtfertigten es, den Ausnahmetatbestand des § 559 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 BGB nicht ohne Weiteres auf Arbeiten an den Außenwänden eines Gebäudes anzuwenden, zu deren Durchführung kein rechtlicher Zwang bestehe, die aber im Falle ihrer Vornahme die Verpflichtung zu Dämmungsmaßnahmen nach sich zögen. Denn wenn die Durchführung solcher Arbeiten letztlich im freien Ermessen des Vermieters stehe, bestimme allein er, ob und wann er die in § 9 Abs. 1 EnEV vorgesehenen Pflichten zur Einhaltung eines bestimmten Wärmedurchgangskoeffizienten auslöse.
Etwas anderes habe allerdings dann zu gelten, wenn die Durchführung der Arbeiten an dem Gebäude für den Vermieter unausweichlich geworden sei. Dies sei bei einer Erneuerung des Außenputzes dann anzunehmen, wenn die Putzfassade aufgrund altersbedingten Verschleißes oder aufgrund von auf sie einwirkenden schädigenden Ereignissen ersetzt werden müsse und zudem der Mieter oder andere Mieter des Anwesens den Vermieter berechtigterweise auf Instandsetzung des Putzes oder auf Mietminderung in Anspruch nehmen beziehungsweise sich der Vermieter einer (bestandskräftigen) behördlichen Anordnung zur Behebung der Schäden ausgesetzt sehe. Entsprechendes habe auch ohne Aufforderung des Mieters oder einer Behörde dann zu gelten, wenn die Beseitigung von Schäden dringend aus Sicherheitsgründen geboten sei. Denn in all diesen Fällen könne sich der Vermieter nicht der Durchführung der Instandsetzungsmaßnahme entziehen, die dann die Vornahme der Wärmeschutzmaßnahme verpflichtend nach sich ziehe. Es liege damit beim Vermieter eine den Nachrüstungspflichten der Energieeinsparverordnung vergleichbare Zwangslage vor.
25.05.2020