Leitsatz:
Eine Modernisierungsmieterhöhung ist nur zulässig, wenn die betreffende Maßnahme abgeschlossen ist, selbst wenn die verbleibenden Arbeiten nur zu einer weiteren geringfügigen Erhöhung führen.
AG Tempelhof-Kreuzberg vom 2.4.2019 – 19 C 10/18 –
Mitgeteilt von RA Dr. Dilip David Maitra
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Hier hatte der Vermieter wegen einer Wärmedämmung der Fassade 2014 zunächst eine Modernisierungsmieterhöhung von 81,86 Euro und erst 2016 wegen Restarbeiten eine weitere Modernisierungsmieterhöhung von 2,32 Euro ausgesprochen. Wegen der ersten Mieterhöhung hat der Mieter erfolgreich Rückzahlung überzahlter Miete und Feststellung der Unwirksamkeit eingeklagt. Das Amtsgerichtsurteil ist rechtskräftig.
Das AG führt aus: … Die Modernisierungsmieterhöhung vom 26.1. 2014 ist unwirksam, soweit die Miete zum 1.4.2014 um 81,68 Euro erhöht worden ist. Nach § 559 Abs. 1 BGB a.F. konnte der Vermieter die Miete erhöhen, wenn er bauliche Maßnahmen, die eine Modernisierung darstellen, durchgeführt hat. Dabei kann ein Mieterhöhungsverlangen grundsätzlich erst dann gestellt werden, wenn die Arbeiten abgeschlossen sind. Nur dann, wenn tatsächlich trennbare Maßnahmen durchgeführt wurden, können mehrere Mieterhöhungserklärungen für die jeweils abgeschlossenen Maßnahmen erfolgen. Dass die Baumaßnahmen insgesamt abgeschlossen sein müssen, folgt aus der Verwendung des Perfekts („hat … durchgeführt“). Eine Erhöhung wegen Modernisierungsmaßnahmen kann grundsätzlich nicht in mehreren Schritten entsprechend dem Baufortschritt erfolgen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Gesamtkosten und der gegebenenfalls ersparte Instandsetzungsaufwand feststehen. Der Mieter soll vor einer scheibchenweisen Erhöhung der Miete wegen derselben Maßnahme geschützt werden. Nur so wird er in die Lage versetzt, die Höhe der Mieterhöhung zu überblicken und zu prüfen, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen er im Hinblick auf die Mieterhöhung ergreifen will.
Hier waren im Zeitpunkt der Mieterhöhung die Arbeiten zur Anbringung eines Wärmeverbundsystems unstreitig noch nicht abgeschlossen. Soweit die Beklagte geltend macht, es sei nur eine Gewerbeeinheit in der G.-straße x und bezogen auf die Kosten nur ein geringfügiger Teil betroffen gewesen, verfangen beide Einwände nicht. Bei dem betroffenen Gebäude handelt es sich gerichtsbekannt um einen Eckbau mit zwei Eingängen – einmal in der G.-str. x und einmal in der W.-straße xx –, in dessen Erdgeschoss sich ein Ladengeschäft befand. Die Beklagte wollte, wie sich aus dem Ankündigungsschreiben vom 20.3.2013 ergibt, dieses Gebäude insgesamt instandsetzen und modernisieren. Eine Differenzierung bei den zu erwartenden Kosten oder dem bestehenden Instandsetzungsbedarf hat die Beklagte selbst nicht vorgenommen. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Kosten geringfügig waren, der Mieter soll gerade vor einer scheibchenweisen Erhöhung der Miete geschützt werden. …
Urteilstext
Tatbestand
Der Kläger mietete mit Vertrag vom 01.06.2011 von der Beklagten die im 2. Obergeschoss links des Hauses W.-straße xx, 1xxxx Berlin gelegene ca. 61 m² große 2-Zimmer-Wohnung.
Mit Schreiben vom 20.3.2013 kündigte die Beklagte neben Instandsetzungsmaßnahmen die Anbringung eines Wärmeverbundsystems an der Vorder- und Rückseite der Hausfassade sowie den Einbau neuer lsolierglasfenster an, wodurch sich die bisherige Nettokaltmiete um 78,65 € erhöhen sollte. Mit Schreiben vom 27.9.2013 kündigte die Beklagte gegenüber dem Kläger den Einbau einer Gaszentralheizung mit Warmwasserversorgung als Modernisierung an, aufgrund derer sich die bisherige Nettokaltmiete um 78,77 € erhöhen sollte. Bei Beginn der Modernisierungsarbeiten sowie in den folgenden Monaten verfügte der Kläger über ein Monatseinkommen von maximal 1.250 € netto.
Mit Schreiben vom 26.1.2014 erhöhte die Beklagte die Nettokaltmiete des Klägers wegen der Anbringung des Wärmeverbundsystems zum 1.4.2014 um 81,68 € und wegen des Einbaus eines lsolierglasfensters im Bad zum 1.10.2014 um weitere 8,36 €. Im Zeitpunkt der Mieterhöhung war bei einer Gewerbeeinheit in der G.-straße x wegen einer noch einzubauenden Schaufensteranlage das dortige Wärmedämmverbundsystem im Erdgeschoss noch nicht angebracht. Die Beklagte hatte für das Anbringen des Wärmedämmverbundsystems zu diesem Zeitpunkt abzüglich ersparter Reparaturkosten bereits insgesamt 285.656,61 € brutto gezahlt.
Mit Schreiben vom 19.6.2014 erhöhte die Beklagte die Nettokaltmiete des Klägers aufgrund des Einbaus der Gasetagenheizung von 265,31 € zuzüglich eines Modernisierungszuschlages von 81,69 € um weitere 74,41 €. Mit Schreiben vom 30.6.2014 teilte die Hausverwaltung der Beklagten dem Kläger mit, dass die energetische Modernisierung aufgrund von Restarbeiten erst im Frühjahr dieses Jahres abgeschlossen worden sei. Für die Restarbeiten an der Fassade (Anbringung des Wärmeverbundsystems) sprach sie eine weitere Modernisierungsmieterhöhung von insgesamt 2,32 € zum 1.9.2016 aus. Für die Restarbeiten hatte die Beklagte noch weitere 5.892,13 € brutto aufgewandt.
Von April 2014 bis Januar 2015 zahlte der Kläger zunächst unverändert die alte Gesamtmiete von monatlich 370 € fort. Nach Mahnung der Beklagten zahlte der Kläger am 30.1.2015 den geltend gemachten Modernisierungszuschlag von monatlich 81,68 € für die Zeit vom 1.4.2014 bis 31.1.2015, insgesamt 1.157,54 €, an die Beklagte unter dem Vorbehalt der Rückforderung nach. Im Zeitraum vom 1.2.2015 bis 1.8.2016 zahlte der Kläger den streitigen Modernisierungszuschlag von 81,68 € monatlich unter dem Vorbehalt der Rückforderung.
Mit Schreiben vom 31.8.2016 forderte der Kläger von der Beklagten unter Fristsetzung bis zum 30.09.2016 die Rückzahlung u.a. der geleisteten, hier streitigen Modernisierungszuschläge für den Zeitraum vom 01.04.2014 bis 01.08.2016. Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Mit Schriftsatz vom 14.5.2018 erhöhte die Beklagte die Nettokaltmiete des Klägers von 374,79 € um 81,68 € auf 456,47 € ab dem 1.8.2018 für den Fall, dass das Gericht und gegebenenfalls das Landgericht im Berufungsverfahren die Modernisierungsmieterhöhungserklärung vom 26.1.2014 in Bezug auf das Wärmedämmverbundsystem in Höhe von 81,68 € für unwirksam halten sollte. Diese Modernisierungsmieterhöhung wird vom Kläger akzeptiert.
Der Kläger meint, die Modernisierungsmieterhöhung vom 26.1.2014 sei hinsichtlich des auf die Wärmedämmungsarbeiten entfallenden Erhöhungsbetrages von 81,68 € deshalb unwirksam, weil die Mieterhöhung für ihn eine Härte darstellen würde. Ferner sei die Mieterhöhung unwirksam, weil die Arbeiten noch nicht abgeschlossen waren.
Das Amtsgericht Lichtenberg hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 04.01.2018 an das erkennende Gericht verwiesen, nachdem die Klage zunächst dort anhängig gemacht worden ist. Mit Schriftsatz vom 26.02.2019, der der Beklagten am selben Tag zugegangen ist, hat der Kläger seine Klage für den Fall der Unzulässigkeit seines Feststellungsantrages um den Anspruch auf Rückzahlung der unstreitig von ihm unter Vorbehalt gezahlten Modernisierungszuschläge im Zeitraum vom 01.09.2016 bis 31.07.2018 erweitert.
Der Kläger beantragt zuletzt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.368,72 € nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit dem 1.10,2016 zu zahlen,
2. festzustellen, dass sich die monatliche Nettokaltmiete für die von dem Kläger von der Beklagten gemietete, 2. OG links gelegene Wohnung im Haus W.-str. xx in 1xxxx Berlin durch die Modernisierungsmieterhöhung der Beklagten vom 26.01.2014 nicht von 285 € um 81,68 € auf 366,68 € ab dem 1.4.2014 erhöht hat; und
3. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.878,64 € nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Zustellung des Schriftsatzes vom 26.02.2019 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint, es sei unerheblich, dass die Arbeiten in der G.-straße x noch nicht vollständig abgeschlossen waren. Die Restarbeiten würden nur ca. 2 % der Gesamtkosten ausmachen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat Erfolg.
I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Feststellungsantrag als Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO zulässig. Die Frage, ob sich die vom Kläger geschuldete Miete erhöht hat, stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dar. Die Frage ist für die Entscheidung über den daneben gestellten Zahlungsantrag auch vorgreiflich. Das Bestehen des Rückzahlungsanspruches hängt davon ab, ob sich die Miete aufgrund der Modernisierungsmieterhöhung erhöht hat. Ob das festzustellende Rechtsverhältnis bereits vor Klageerhebung streitig war oder erst im Lauf des Rechtsstreits streitig geworden ist, ist entgegen dem missverständlichen Gesetzeswortlaut nach allgemeiner Ansicht unschädlich (Zöller/Greger, ZPO, § 256 Abs. 24 m.w.N.). Ein besonderes Feststellungsinteresse ist für die Zwischenfeststellungsklage nicht erforderlich.
II. Die Klage ist auch begründet.
1. Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz ·1 Var. 1 BGB auf Rückzahlung von 2.368,72 €. Die entsprechenden Leistungen des Klägers erfolgten rechtsgrundlos, weil sich die vom Kläger geschuldete Miete nicht aufgrund der Modernisierungsmieterhöhung der Beklagten vom 26.01.2014 um 81,69 € erhöht hat.
a) Auf die Modernisierungsmieterhöhung ist gemäß Art. 229 § 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB das BGB in seiner bis zum 01.05.2013 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) anzuwenden, weil die maßgebliche Modernisierungsankündigung vom 20.03.2013 dem Kläger vor dem 01.05.2013 zugegangen ist.
b) Die Modernisierungsmieterhöhung vom 26.01.2014 ist unwirksam, soweit die Miete zum 01.04.2014 um 81,68 € erhöht worden ist. Nach § 559 Abs. 1 BGB a.F. konnte der Vermieter die Miete erhöhen, wenn er bauliche Maßnahmen, die eine Modernisierung darstellen, durchgeführt hat. Dabei kann ein Mieterhöhungsverlangen grundsätzlich erst dann gestellt werden, wenn die Arbeiten abgeschlossen sind. Nur dann, wenn tatsächlich trennbare Maßnahmen durchgeführt wurden, können mehrere Mieterhöhungserklärungen für die jeweils abgeschlossenen Maßnahmen erfolgen (BGH, Urteil vom 17.12.2014, VIII ZR 88/13, Rn. 39; LG Berlin, Urteil vom 10.03.2015, 63 S 330/14, Rn. 15 Staudinger/Emmerich, BGB, 2018, § 559b, Rn. 4.). Dass die Baumaßnahmen insgesamt abgeschlossen sein müssen, folgt aus der Verwendung des Perfekts („hat…durchgeführt“). Eine Erhöhung wegen Modernisierungsmaßnahmen kann grundsätzlich nicht in mehreren Schritten entsprechend dem Baufortschritt erfolgen (Staudinger/Emmerich, a.a.O.). Damit soll sichergestellt werden, dass die Gesamtkosten und der ggf. ersparte Instandsetzungsaufwand feststehen. Der Mieter soll vor einer scheibchenweisen Erhöhung der Miete wegen derselben Maßnahme geschützt werden. Nur so wird er in die Lage versetzt, die Höhe der Mieterhöhung zu überblicken und zu prüfen, ob und ggf. welche Maßnahmen er im Hinblick auf die Mieterhöhung ergreifen will.
Hier waren im Zeitpunkt der Mieterhöhung die Arbeiten zur Anbringung eines Wärmeverbundsystems unstreitig noch nicht abgeschlossen. Soweit die Beklagte geltend macht, es sei nur eine Gewerbeeinheit in der G.-straße x und bezogen auf die Kosten nur ein geringfügiger Teil betroffen gewesen, verfangen beide Einwände nicht. Bei dem betroffenen Gebäude handelt es sich gerichtsbekannt um einen Eckbau mit zwei Eingängen – einmal in der G.-str. x und einmal in der w.-straße xx -, in dessen Erdgeschoss sich ein Ladengeschäft befand. Die Beklagte wollte, wie sich aus dem Ankündigungsschreiben vom 20.03.2013 ergibt, dieses Gebäude insgesamt instandsetzen und modernisieren. Eine Differenzierung bei den zu erwartenden Kosten oder dem bestehenden Instandsetzungsbedarf hat die Beklagte selbst nicht vorgenommen. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Kosten geringfügig waren, der Mieter soll gerade vor einer scheibchenweisen Erhöhung der Miete geschützt werden.
c) Die Beklagte hat die Mieterhöhung wegen der Anbringung des Wärmedammverbundsystems bis zu ihrem Schriftsatz vom 14.5.2018 auch nicht wiederholt. Die Schreiben vom 19.06.2014 und 30.06.2014 setzen die Mieterhöhung über 81,68 € nur voraus, ohne diese erneut auszusprechen und zu begründen.
2. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befand sich mit Ablauf der gesetzten Zahlungsfrist im Zahlungsverzug.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 281 Abs. 3 ZPO. Durch den zurückgenommenen Teil der Klage sind keine Mehrkosten entstanden. Der Anspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1 und 2, 711 ZPO.
27.03.2021