Leitsatz:
Zu den Anforderungen an die Ankündigung von Modernisierungsmaßnahmen (hier: energetische Modernisierung nach § 555 b Nr. 1 BGB).
BGH vom 20.5.2020 – VIII ZR 55/19 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 14 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Vermieter kündigte der Mieterin den Einbau einer Gaszentralheizung an. Im Rahmen der Arbeiten sollen die einzelnen Wohnungen an die neue Zentralheizung mit Gas-Brennwertkessel angeschlossen und vom Gasnetz getrennt werden. Angekündigt wurde die Installation einer „Wohnungsstation“, die über isolierte Leitungsstränge mit der Zentralheizung verbunden wird und über die die Wohnungen künftig beheizt und mit Warmwasser versorgt werden sollen. Für die Wohnungen – so die Ankündigung – sei unter anderem die Entfernung der Gasleitungen und Feuerstätten, der Ausbau der Gasthermen, der Tausch der vorhandenen Heizkörper gegen Plattenheizkörper, der Anschluss durch verkleidete Ringleitungen an die „Wohnungsstation“ unter Rückbau der sichtbaren Heizungsrohre sowie der Austausch des vorhandenen Gasherds gegen einen Elektroherd vorgesehen. Daneben sei beabsichtigt, die Wohnungen zur Warmwasserversorgung mit einem zentralen Warmwasserbereiter über isolierte Warmwasserleitungen zu verbinden.
Mitgeteilt wurde ferner, dass sich die voraussichtliche Mieterhöhung auf 69 Euro pro Monat belaufen werde. Für die Wärmeversorgung falle zukünftig eine monatliche Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 1,50 Euro pro Quadratmeter an, wobei bisherige Kosten für den Betrieb und die Wartung der Gasetagenheizung entfielen.
Dem Ankündigungsschreiben war eine „Berechnung der Energieeinsparung“ als Anlage beigefügt, in der für alle betroffenen Wohnungen der Gebäudekomplexe – ausgehend von einer Wohnfläche von insgesamt 1186,88 Quadratmetern – eine Reduktion der Endenergie von (bisher) 213 970 kWh/a auf (künftig) 189 375 kWh/a angegeben und in deren Folge eine Reduktion der Verbrauchskosten um 0,08 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im Monat berechnet wird.
Die Mieterin erteilte die in dem Ankündigungsschreiben erbetene Zustimmung zu den Maßnahmen nicht.
Die daraufhin erhobene Duldungsklage des Vermieters hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Das Landgericht entschied, dass dem Vermieter der geltend gemachte Duldungsanspruch aus § 555 d Abs. 1 BGB nicht zustehe, da die Modernisierungsankündigung die hieran nach § 555 c Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB zu stellenden Mindestanforderungen nicht erfülle.
Anderer Auffassung war der BGH. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sei das Ankündigungsschreiben des Vermieters nicht deshalb unwirksam, weil es zu unbestimmt abgefasst wäre. Das Schreiben erfülle vielmehr die Anforderungen nach § 555 c Abs. 1 BGB.
Der Gesetzgeber habe sich im Rahmen der Mietrechtsreform im Jahr 2001 ausdrücklich gegen zu strenge Anforderungen an den Inhalt von Modernisierungsankündigungen des Vermieters ausgesprochen und die zuvor vertretenen Maßstäbe abgesenkt. Hieran sollte sich auch unter der Geltung des aktuellen § 555 c BGB nichts ändern.
Für Maßnahmen der energetischen Modernisierung (§ 555 b Nr. 1 BGB) bedürfe es – vergleichbar mit den an ein entsprechendes Mieterhöhungsverlangen zu stellenden Anforderungen (§ 559 b Abs. 1 BGB) – der Information des Mieters über diejenigen Tatsachen, die es ihm ermöglichen, in groben Zügen die voraussichtlichen Auswirkungen der Umsetzung der baulichen Maßnahme auf den Mietgebrauch abzuschätzen sowie, gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe, (überschlägig) vergleichend zu ermitteln, ob die geplanten baulichen Maßnahmen voraussichtlich zu einer nachhaltigen Energieeinsparung führen werden.
Diesen Anforderungen werde die hier vorgenommene Ankündigung gerecht. Insbesondere ergebe sich aus ihr – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – hinreichend deutlich, welche Arbeiten im Einzelnen beabsichtigt seien und inwieweit die baulichen Maßnahmen zu einer nachhaltigen Einsparung von Endenergie bezogen auf die Wohnung der Beklagten führen sollten.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ermögliche die Ankündigung der Mieterin – gegebenenfalls unter Inanspruchnahme sachverständiger Hilfe – auch überschlägig zu beurteilen, ob der Einbau einer Gaszentralheizung eine nachhaltige Einsparung von Heizenergie gerade in Bezug auf ihre Wohnung bewirken werde.
Denn aus der „Berechnung der Energieeinsparung“, welche der Modernisierungsankündigung als Anlage beigefügt war, ergebe sich, dass für sämtliche betroffenen Wohnungen der Gebäudekomplexe eine dauerhafte Reduktion der Endenergie von aktuell insgesamt 213 970 kWh im Jahr auf (künftig) 189375 kWh im Jahr geplant sei. Damit sei vorliegend die Energieeinsparung hinreichend erläutert, in deren Folge – bezogen auf alle Wohnungen mit einer Gesamtfläche von 1186,88 Quadratmetern – eine Reduktion der Verbrauchskosten um 0,08 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche im Monat erreicht werden soll.
Anders als das Berufungsgericht meine, sei diese Berechnung nicht deshalb „unbrauchbar“, weil es ihr an einem konkreten Bezug zur Wohnung der Mieterin fehlte.
Dieser Bezug könne vorliegend unschwer hergestellt werden. Der Mietern sei es anhand der Berechnung möglich, aus der für alle Wohnungen prognostizierten Energieersparnis von 24 595 kWh im Jahr (213 970 kWh/a – 189 375 kWh/a) anhand der Gesamtzahl der Quadratmeter (1186,88 Quadratmeter), auf die diese Ersparnis entfalle, die auf ihre 76,21 Quadratmeter große Wohnung entfallende prognostizierte jährliche Energieersparnis zu errechnen. Diese belaufe sich auf 1579,25 kWh im Jahr (24 595 kWh/a ÷ 1186,88 Quadratmeter x 76,21 Quadratmeter).
Auch dem Berufungsgericht sei es auf Grundlage der gemachten Angaben ohne Weiteres möglich gewesen, für die Wohnung der Mieterin eine konkrete monatliche Heizkosteneinsparung von 6,10 Euro zu errechnen. Ob dies im Ergebnis – wie das Berufungsgericht angenommen habe – „keine signifikante, geschweige denn eine deutliche Ersparnis“ darstelle, sei im Rahmen der Prüfung der formellen Ordnungsgemäßheit der Ankündigung nach § 555 c BGB ohne Bedeutung.
Einen weiteren Anhaltspunkt zur Plausibilitätsprüfung der mitgeteilten Energieeinsparung biete zudem der für die Versorgung mit Heizenergie und Warmwasser für die Zukunft geschätzte Nebenkostenvorschuss von 1,50 Euro pro Quadratmeter, der für die Wohnung der Mieterin künftig in Höhe von 114,32 Euro (1,50 Euro pro Quadratmeter x 76,21 Quadratmeter) erhoben werden solle und den der Vermieter gemäß § 555 c Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BGB angegeben habe. Diesen könne die Mieterin – unter Einbeziehung der eigenen Wohnverhältnisse und des eigenen Verbrauchsverhaltens – mit den bisher für die Versorgung mit Gas aufgewandten Kosten vergleichen.
Der BGH hat das Berufungsurteil wegen der rechtlich nicht haltbaren Begründung aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Möglich ist es dann, dass die Duldungspflicht der Mieterin erneut verneint wird, und zwar diesmal mit dem Fehlen einer „nachhaltigen“ Energieeinsparung.
21.09.2020