Spandau hat zwei Milieuschutzgebiete. Doch das Bezirksamt tut nichts dafür, dass die Mieter davon erfahren.
Als zehnter Bezirk hat nun auch Spandau seit dem 4. Juli 2020 zwei Soziale Erhaltungsgebiete – besser bekannt unter dem Namen Milieuschutz. Die Bereiche Neustadt und Wilhelmstadt sind mit 18.800 beziehungsweise 23.000 Einwohnern sogar vergleichsweise groß. Hier können nun teure Luxusmodernisierungen und Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen untersagt werden. Außerdem hat der Bezirk bei Hausverkäufen ein Vorkaufsrecht.
Diese für Mieter erfreuliche Nachricht war dem Bezirksamt aber bisher keine Meldung wert. Auch auf der Internetseite des Bezirks gibt es keinerlei Informationen über den Milieuschutz und die Gebietsabgrenzungen. Sehr spärliche Angaben findet man nur in den Tiefen des Internetauftritts der Senatsverwaltung.
Die Bewohnerinformation will das Bezirksamt nachholen: „Sobald eine Mieterberatung für den Milieuschutz in Spandau gefunden ist, erhalten alle betroffenen Bewohnerinnen und Bewohner durch Handwurfsendung einen Informationsflyer“, kündigt der Referent aus dem Spandauer Bezirksamt, Lars Struve, an. Ein Internetauftritt für den Milieuschutz werde „voraussichtlich Ende Oktober“ online gehen.
„Eine Unterrichtung der Mieter wäre sehr wichtig“, mahnt Jürgen Wilhelm von der Bezirksleitung des Berliner Mietervereins (BMV). Andere Bezirke setzen auf die Mitarbeit der Mieter, die zum Beispiel unangekündigte Bauarbeiten im Haus ans Bezirksamt melden. Doch welche Modernisierungsmaßnahmen unter welchen Umständen genehmigt oder versagt werden, ist in Spandau noch gar nicht klar: Der Bezirk hat noch keine Genehmigungskriterien festgelegt.
Spandau hat sich dem Milieuschutz lange verweigert – auch noch, als andere Bezirke das Instrument schon mit beachtlichem Erfolg genutzt haben. Ein Runder Tisch, an dem neben den Spandauer Parteien auch Gewerkschaften und der BMV saßen, hat sich für den Milieuschutz eingesetzt. „Es war ein langer Kampf“, sagt Jürgen Wilhelm.
Jens Sethmann
30.10.2020