Leitsätze:
Eine – im Sinne der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8.7. 2020 (VIII ZR 270/18) – hälftige Kostenbeteiligung des Mieters bei Inanspruchnahme des Vermieters auf Vornahme fälliger Schönheitsreparaturen entfällt, wenn bereits im Rahmen der Kostenmietberechnung eine Pauschale für Schönheitsreparaturen angesetzt war.
In diesem Falle hat der Mieter schon mit der Miete die Kosten für die malermäßige Instandhaltung gezahlt. Die Renovierung der Wohnung obliegt dann allein dem Vermieter. Auch nach Wegfall der Preisbindung ändert dies nichts an der vereinbarten Mietzinsstruktur.
AG Tempelhof/Kreuzberg vom 17.12.2020 – 18 C 188/18 –
Mitgeteilt von RA Stephan Werle
Urteilstext
Tatbestand
Die Parteien sind verbunden durch einen Mietvertrag vom 12.11.2012. In Nr.2.7. des Vertrages in Verbindung mit Nr. 4 der als Anlage 2 zum Vertrag gehörenden AVB ist geregelt, dass die Klägerin als Mieterin die Schönheitsreparaturen auszuführen hat. In Ziffer 1.3 ist festgehalten, dass die Wohnung im Rahmen des Zweiten Wohnungsbaugesetzes errichtet wurde und zweckbestimmt ist. Als Anlage 8 wurde eine Wirtschaftlichkeitsberechnung zum Vertragsinhalt gemacht. …
Die Klägerin holte mit Datum vom 07.10.2017 ein Kostenangebot des Malermeisters P. ein … Mit Schreiben vom 12.01.2017 und 22.06.2017 forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos zur Durchführung der in dem Angebot aufgeführten Maßnahmen auf.
Die Klägerin behauptet, die Wohnung unrenoviert übernommen zu haben und ist der Auffassung, die vereinbarte Renovierungsklausel sei bereits aus diesem Grund unwirksam. Zudem zahle sie die Kosten für die malermäßige Instandhaltung der Wohnung als Renovierungspauschale im Rahmen der vereinbarten Kostenmiete. Sie behauptet weiter, die Wohnung sei nunmehr renovierungsbedürftig. …
Die Klägerin beantragt, nachdem sie die Klage hinsichtlich des Anstrichs der Decke im Flur und der Decke sowie der Oberwände im Bad zurückgenommen und hinsichtlich der Neulackierung des Fensters und der Tür im Wohnzimmer erweitert hat,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, die Wohnung sei bei Vertragsschluss renoviert, jedenfalls aber in einem nicht renovierungsbedürftigen Zustand gewesen. Der Zustand der Wohnung bei Vertragsbeginn sei der von der Beklagten als vertragsgemäß geschuldete Zustand, weshalb die Beklagte nicht zur Renovierung verpflichtet sei. Unter Ziffer 4.3 seien die vertraglich allenfalls geschuldeten Renovierungsmaßnahmen abschließend aufgeführt. Auch habe sich der Zustand der Wohnung nicht verschlechtert, der Vortrag der Klägerin zum Erfordernis von Schönheitsreparaturen sei bereits unsubstantiiert. Jedenfalls stehe der Beklagten nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 08.07.2020 (VIII ZR 270/18) so lange ein Zurückbehaltungsrecht zu, bis die Klägerin die von ihr geschuldete Kostenbeteiligung an den klageweise geltend gemachten Arbeiten leiste. Auch die vereinbarte Preisbindung führe nicht zu einer Renovierungspflicht der Beklagten, da die Darlehen im Februar 2017 zurückgezahlt worden seien. …
Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen P.. … Ferner wurde Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen für Maler- und Lackierarbeiten A.. …
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nach der teilweisen Klagerücknahme und teilweisen Erweiterung in vollem Umfang begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Durchführung der aus dem Tenor ersichtlichen Maßnahmen aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag in Verbindung mit § 535 Abs. 1 S.2 BGB.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Wohnung bei Vertragsbeginn renovierungsbedürftig war und die von den Parteien vereinbarte Renovierungsklausel bereits aus diesem Grund unwirksam war. Denn jedenfalls hat die Beklagte bereits im Rahmen der Kostenmietberechnung eine Pauschale für Schönheitsreparaturen angesetzt, so dass die Klägerin schon mit der Miete die Kosten für die malermäßige Instandhaltung zahlt. Auch wenn die Preisbindung unstreitig seit Februar 2017 entfallen ist, ändert dies nichts an der vereinbarten Mietzinsstruktur. Damit steht der Beklagten trotz der zwischenzeitlich ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 08.07.2020 (VIII ZR 270/18) kein Zurückbehaltungsrecht zu, da ihr aus den oben dargestellten Gründen (im Gegensatz zu dem durch den Bundesgerichtshof entschiedenen Fall) wegen der vereinbarten Kostenmiete gerade kein Anspruch auf Kostenbeteiligung durch die Klägerin zusteht, die Renovierung der Wohnung aufgrund der von der Klägerin mit der Miete gezahlten Beträge vielmehr allein ihr obliegt.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die von der Klägerin nach der teilweisen Rücknahme und Erweiterung verlangten Maßnahmen auch erforderlich sind, da die streitgegenständliche Wohnung insoweit Renovierungsbedarf aufweist. Zwar konnte sich der Zeuge P. nicht an die streitgegenständliche Wohnung und das von ihm verfasste Angebot vom 07.10.2017 erinnern. Jedoch hat der Sachverständige A. in seinem Gutachten vom 02.12.2019, welches in sich schlüssig und nachvollziehbar ist und dem sich das Gericht in vollem Umfang anschließt, festgestellt, dass die von der Klägerin begehrten und in dem Angebot des Malermeisters P. aufgeführten Renovierungsmaßnahmen aufgrund des Zustands der Wohnung zum überwiegenden Teil erforderlich sind. So hat der Sachverständige nach Begutachtung der Wohnung festgestellt, die in den Positionen 1.·- 7. des Angebots festgehaltenen Arbeiten sämtlichst erforderlich sind, da die Decken und Wandflächen der Küche abgenutzt sind. Dass sich 7 Dübellöcher in den Wänden befinden, über deren Verursachung die Parteien streiten, spielt hierbei keine Rolle, weil sie zahlenmäßig so gering sind und es sich bei deren Beseitigung um normale Vorarbeiten handelt, die keine besonderen Kosten verursachen.
Ferner hat der Gutachter ermittelt, dass sowohl das Fenster als auch die Tür einschließlich des Türrahmens eines Erneuerungsanstriches bedürfen. Entsprechend den Angaben des Sachverständigen ist jedoch hinsichtlich des Innenfensters nur eine Seite zu bearbeiten. Dieses ergibt sich aber ohne Weiteres von selbst, da es sich unstreitig um ein Verbundfenster handelt. Einer diesbezüglichen Tenorierung bedarf es somit nicht. Im Bereich des Wohnzimmers ermittelte der Gutachter, dass sämtliche Positionen erforderlich sind, da die Decken- und Wandflächen verschmutzt und abgenutzt sind und einer Renovierung bedürfen. Hinsichtlich der Fenster und der Tür hält er aus der Überlegung, dass hier ein Ausbessern wegen des einheitlichen Erscheinungsbildes nicht genügt, einen Komplettanstrich für erforderlich. Dieser Auffassung schließt sich das Gericht in vollem Umfang an, weshalb auch der diesbezüglichen Klageerweiterung stattzugeben ist. Da der Gutachter festgestellt hat, dass die Deckenflächen im Bad und im Flur sowie die Oberwandflächen im Bad sauber und weiß sind, hat die Klägerin die diesbezügliche Klage zurückgenommen. Im Gegensatz hierzu hält der Sachverständige jedoch die Wandflächen im Flur sowie die hier befindliche Tür mitsamt Rahmen für komplett renovierungsbedürftig, so dass auch diese Positionen begründet sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs.2 Nr. 1 ZPO. Die teilweise Klagerücknahme hinsichtlich der zu renovierenden Deckenbereichen im Flur und im Bad hat zu keinen weiteren Kosten geführt, da es sich im Hinblick auf die gesamte Renovierung der Wohnung um geringfügige Arbeiten handelt. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
20.04.2021