Leitsatz:
Nach Mietvertragsbeginn auftretende Vandalismusschäden sind als Mietmängel auch dann vom Vermieter zu beseitigen, wenn er deren Entstehen nicht verhindern kann.
AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 10.10.07 – 5 C 313/07 –
Mitgeteilt von RAen Christian Emmerich & Reinhard Lebek
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Entfernung der Graffitis auf dem Klingeltableau, der Hauseingangstür sowie an den Wänden des Eingangsbereiches sowie auf malermäßige Instandsetzung dieser Bereiche aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB zu.
Bei den Graffitis handelt es sich im vorliegenden Fall um einen Mangel der Mietsache. Der vertragsgemäße Zustand umfasst auch die Grundstücks- und Gebäudeteile, die zur gemeinschaftlichen Benutzung durch die Mieter und zum Zugang zur Mietsache bestimmt sind (Palandt-Weidenkaff, BGB 65. Aufl. § 535 BGB Rdn. 34, 41), und somit auch den Hauseingang, das Klingeltableau und die Hauseingangstür. Der für den vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand ist im einzelnen Fall nach den gesamten Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Ortssitte, dem Zweck und dem Preis der Mieträume sowie dem Zustand bei Anmietung zu beurteilen (Kammergericht WuM 1984, Seite 42).
Unstreitig befand sich der Hauseingangsbereich bei Anmietung in einem optisch einwandfreien Zustand, da zu diesem Zeitpunkt die Bemalung von Wänden mit Graffiti noch nicht aufgekommen war. Bei der Ortssitte ist insbesondere zu berücksichtigen, dass in Berlin gemäß § 9 Abs. 3 Bauordnung Farbschmierereien, die von Verkehrswegen oder allgemein zugänglichen Stätten aus wahrnehmbar sind, verunstaltend sind und entfernt werden müssen.
Der Umfang der unstreitig vorhandenen Graffiti ist erheblich. Nahezu der gesamte Eingangsbereich ist großflächig mit Graffiti versehen. Insgesamt macht das Haus dadurch einen verunstalteten und verwahrlosten Eindruck. Der Umfang der Graffiti überschreitet das Maß des Ortsüblichen. Dieser schlechte Gesamteindruck des Hauses stellt eine Beeinträchtigung des Mietgebrauchs dar, da die Mieter, die sich in ihrer Wohnung und in ihrem Haus wohlfühlen wollen, diesem negativen Anblick jeden Tag ausgesetzt sind. Die Grenze einer hinzunehmenden Beeinträchtigung ist überschritten. Wenn der Vermieter die Entstehung nicht verhindern könne, ist dem nicht zu folgen. Ein Mangel liegt unabhängig vom Verschulden des Vermieters vor, wenn der tatsächliche Zustand nachteilig vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Äußere Einwirkungen begründen einen Mangel, wenn sie nicht vertraglich vorausgesetzt sind, und zwar unabhängig davon, ob sie vom Vermieter als Eigentümer geduldet werden müssen (Palandt aaO § 536, 16, 20).
Der Anspruch ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Miete, die die Klägerin zahlt, günstig ist, denn auch bei einer relativ günstigen Miete hat der Vermieter seiner Instandhaltungspflicht nachzukommen. Schließlich hindert auch die pauschale Behauptung der Beklagten, in Kreuzberg sei beinahe jedes Haus mit Graffiti versehen, den Instandhaltungsanspruch nicht, da die Beklagte nicht im Einzelnen vorgetragen hat, welche Häuser mit Graffitimalerei versehen sind. …
03.02.2013