Leitsatz:
Zu den Begründungsanforderungen einer Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 3 BGB.
BGH vom 15.9.2021 – VIII ZR 76/20 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 20 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
In dem vorstehend vorgestellten Zwangsversteigerungsfall hieß es im Kündigungsschreiben des Vermieters: „Unser Haus ist jetzt zu eng für 4 Kinder, mein Sohn ist 20 Jahre alt, er sollte in die Wohnung ziehen, damit meine Tochter in sein Zimmer ziehen kann, die kleine Tochter und wir wohnen derzeit zusammen im Wohnzimmer.“ Der Mieter sah hierin keine ausreichende, eine Kündigung wegen Eigenbedarfs stützende Begründung im Sinne des § 573 Abs. 3 BGB.
Dieser Ansicht folgte der BGH nicht:
Gemäß § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB setze die Wirksamkeit einer Kündigungserklärung voraus, dass die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses in dem Kündigungsschreiben angegeben sind. Der Zweck dieser Vorschrift bestehe darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen. Diesem Zweck werde im Allgemeinen Genüge getan, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so bezeichne, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden könne; bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs sei daher grundsätzlich die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt wird, und die Darlegung des Interesses, das diese Person an der Erlangung der Wohnung hat, ausreichend.
Vorliegend sei die Eigenbedarfsperson – „mein Sohn“ – angegeben. Dieser musste nicht namentlich bezeichnet werden. Der Umstand, dass aus der Formulierung „mein Sohn“ in der von beiden Vermietern abgegebenen Kündigung nicht hervorgehe, dass es sich lediglich um den Sohn der Vermieterin (aus erster Ehe) handele, führe nicht dazu, dass die Kündigung nicht formell ordnungsgemäß wäre.
Überdies sei auch die Eigenbedarfssituation hinreichend beschrieben. Dass die Vermieter derzeit in beengten Wohnverhältnissen lebten und durch den Auszug des Sohnes der Vermieterin Abhilfe geschaffen werden solle, gehe aus ihrer Kündigungserklärung ausreichend individualisierbar hervor. Der Angabe genauer Wohnflächen bedurfte es nicht, denn das Begründungserfordernis diene nicht dazu, dem Mieter durch Angabe von Details eine Überprüfung des vom Vermieter geltend gemachten Bedarfs zu ermöglichen oder ihn schon im Vorfeld eines etwaigen späteren Kündigungsprozesses auf rechtliche Verteidigungsmöglichkeiten hinzuweisen. Vielmehr sei die Frage, ob der – identifizierbar angegebene – Kündigungsgrund tatsächlich bestehe, eine Frage der materiellen Begründetheit der Kündigung, die im Falle eines Bestreitens durch den Mieter im Prozess im Rahmen einer Beweisaufnahme zu klären sei.
Schließlich bedurfte es aus diesem Grund auch nicht der Angabe des Alters der Töchter, da ohne diese das Kündigungsschreiben die Auslegung zuließe, dass zwei der Töchter der Vermieter älter als der Sohn seien und damit wirtschaftlich selbstständig, so dass deren Auszug aus der elterlichen Wohnung absehbar sei. Der (gemutmaßte) Umstand, dass andere Familienmitglieder als die in der Kündigung benannte Eigenbedarfsperson die Wohnung verlassen werden und sich damit die beengte Wohnsituation entspanne, könne allenfalls bei der Prüfung der Begründetheit der Eigenbedarfskündigung von Relevanz sein.
28.03.2022