Eine neue dreiste Masche, um den Mieterschutz auszuhebeln, ist die vorgetäuschte Untervermietung. Mieter erhalten dabei immer nur einen Vertrag als Untermieter, während als Hauptmieter Strohmänner und Strohfrauen dienen, die oft persönlich oder geschäftlich mit dem Vermieter verbandelt sind. Missliebige Mieter will man auf diese Weise schnell und unkompliziert loswerden – der Hauptmieter kündigt, der Untermieter muss dann raus. Doch gegen diese durchsichtige Methode wächst der Widerstand der Betroffenen.
Als Moritz M. und Irina R. vor zwei Jahren eine Wohnung in der Kreuzberger Admiralstraße angemietet haben, erhielten sie nur einen Untermietvertrag. Der Hauptmieter lebe für einige Zeit im Ausland, sagte ihnen die Vermieterin, eine GmbH, daher sei ihr Vertrag auch auf fünf Jahre befristet. Die Vertragsunterzeichnung wurde von der GmbH abgewickelt. Die Miete überwiesen die Mieter direkt dorthin. Den Hauptmieter haben sie nie gesehen.
Wer nachfragt, wird gekündigt
Da den Mietern die Miete zu hoch erschien, zogen sie die Mietpreisbremse. „Darauf forderte die Eigentümerin uns auf, die Wohnung zu räumen“, berichtet Moritz M. „Sie behauptete, der Hauptmieter habe gekündigt.“ Mittlerweile wird eine Räumungsklage vor dem Amtsgericht verhandelt.
Die Mieter hatten schon seit einiger Zeit den Verdacht, dass ihr angeblicher Hauptmieter als Strohmann eingesetzt worden war, damit die Eigentümerin sie gegebenenfalls leichter hinaussetzen kann. Sie haben daraufhin einen Detektiv beauftragt, der herausgefunden hat, dass der Hauptmieter nie in der Admiralstraße und auch nicht im Ausland gelebt hat, sondern seit 1998 in Blankenfelde-Mahlow wohnt und im Übrigen in einer Firma des Geschäftsführers der Vermieter-GmbH arbeitet. Nachforschungen im Haus ergaben, dass offenbar alle Mieter, die ab 2018 eingezogen sind, nur befristete Untermietverträge haben. In zwei Dachgeschosswohnungen fungieren sogar die GmbH-Inhaber als Hauptmieter.
Mit dem Konstrukt wird auch der Milieuschutz umgangen. Die hier geltenden Regelungen besagen, dass die bereits in Einzeleigentum umgewandelten Wohnungen erst nach sieben Jahren an Dritte verkauft werden dürfen. Die Mieter haben dann noch einen fünfjährigen Kündigungsschutz. Wohl nicht zufällig laufen die befristeten Untermietverträge nach Ablauf der sieben Jahre aus, so dass die Wohnungen dann sofort bezugsfrei deutlich profitabler verkauft werden können.
Im Gerichtsverfahren bestreitet die Vermieterfirma alle Vorwürfe. Den Mietvertrag, den sie angeblich mit dem Hauptmieter abgeschlossen hatte, sowie dessen Kündigungsschreiben halten die Mieter für nachträglich angefertigt. Das Urteil steht noch aus.
Die dreiste Masche ist kein Einzelfall. Am Paul-Lincke-Ufer wollte eine Wohngemeinschaft die verlangte Nettokaltmiete von 18,77 Euro pro Quadratmeter mit der Mietpreisbremse auf die zulässigen 7,76 Euro reduzieren. Auch hier folgte die Kündigung durch den angeblichen Hauptmieter, der nie dort gewohnt hat und der WG nicht bekannt war.
Eine Initiative von Blaczko-Mietern berichtet, dass auch die wegen ihres rabiaten Umgangs mit Mieterinnen und Mietern berüchtigte Hausverwaltung mit Untervermietungen arbeitet: Es würden in Blaczko-Häusern zahlreiche Untermietverhältnisse mit Mitarbeitern oder Familienmitgliedern der Firmeninhaber existieren, die Mieten dort liegen bis zu 50 Prozent über dem Mietspiegel, so die Initiative.
Jens Sethmann
Untervermietung: Schwierige Dreiecksbeziehung
Untermieter haben nur mit dem Hauptmieter einen Vertrag. Zwischen dem Vermieter und dem Untermieter besteht kein direktes Vertragsverhältnis. Der Hauptmieter ist also gleichzeitig Mieter (dem Eigentümer gegenüber) und Vermieter (dem Untermieter gegenüber). Ist die gesamte Wohnung untervermietet, hat der Untermieter dem Hauptmieter gegenüber den gleichen Kündigungsschutz wie jeder andere Mieter. Wenn das Hauptmietverhältnis beendet wird, endet nicht automatisch auch das Untermietverhältnis. Allerdings kann der Eigentümer die Herausgabe der Wohnräume beanspruchen und auch gegen dn Untermieter einen Räumungstitel erwirken. Der Untermieter kann sich aber auf den Kündigungsschutz berufen, wenn Vermieter und Hauptmieter einvernehmlich zusammenarbeiten, um dem Untermieter diesen Schutz abzuschneiden. Das ist meist nicht leicht nachzuweisen. Als Untermieter sein Recht durchzusetzen, ist also deutlich schwieriger.
js
29.04.2022