Leitsatz:
In einem laufenden Mietverhältnis kann der Mieter nicht die Rückerstattung von Betriebskostenvorschüssen und bereits gezahlten Nachzahlungen verlangen, wenn der Vermieter Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen zu Unrecht verweigert.
BGH vom 26.10.2021 – VIII ZR 150/20 –
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Mit der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2014 legte die Vermieterin für die Position „Hauswart“ 288,67 Euro für die vom Mieter gemietete Wohnung um. Dieser Betrag setze sich aus einer Nachforderung in Höhe von 33,01 Euro und den geleisteten Vorschüssen in Höhe von 255,66 Euro zusammen. Die verlangten Nachzahlungen entrichtete der Mieter unter dem Vorbehalt der Rückforderung.
Mit der Klage forderte der Mieter später Rückzahlung von 288,67 Euro, jeweils nebst Zinsen. Zur Begründung machte er geltend, die Vermieterin habe ihm hinreichende Einsicht in die den Hauswartkosten zugrundeliegenden Abrechnungsunterlagen nicht gewährt.
Das Amtsgericht gab dem Mieter recht. Das Landgericht hingegen wies die Klage im Hinblick auf die Vorschüsse ab und ließ die Revision zu.
Der BGH ließ es dahinstehen, ob dem Mieter unzureichende Belegeinsicht gewährt worden sei. Denn es sei an der gefestigten Rechtsprechung des BGH festzuhalten, wonach in einem laufenden Mietverhältnis der Mieter nicht die Rückerstattung von Abschlagszahlungen auf die vereinbarten Betriebskosten verlangen könne, wenn der Vermieter die Betriebskosten nicht rechtzeitig abrechne. Dies gelte erst recht, wenn der Vermieter Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen zu Unrecht verweigere. Die Mieter seien insoweit durch ein aus § 242 BGB folgendes (temporäres) Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich der laufenden Nebenkostenvorauszahlungen geschützt, solange ihnen eine berechtigterweise begehrte Belegeinsicht nicht gewährt worden sei.
Aufgrund eines berechtigt ausgeübten Leistungsverweigerungsrechts laufe der Mieter wegen der einbehaltenen Betriebskostenvorauszahlungen mangels Schuldnerverzugs auch nicht Gefahr, dass der Vermieter das Mietverhältnis fristlos wegen Zahlungsverzugs (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, b BGB) oder gegebenenfalls fristgemäß nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB kündigen könne.
Es treffe zwar zu, dass der Vermieter durch die Verweigerung einer berechtigterweise begehrten Belegeinsicht in vertragsverletzender Weise den Mieter an der Ausübung seines Rechts auf eine vorgreifliche Überprüfung der Abrechnung hindere. Daraus folge jedoch nicht, dass die Vertragsverletzung des Vermieters ohne Weiteres zu einem Rückzahlungsanspruch des Mieters führen müsse. Das gelte auch für den Gesichtspunkt, bei Ausübung eines Leistungsverweigerungsrechts bleibe für eine gewisse Zeit ungeklärt, in welcher Höhe eine Betriebskostenforderung des Vermieters bestehe. Dies mag zwar so sein, gehe aber in erster Linie zu Lasten des Vermieters, der trotz laufender Kosten Vorauszahlungen des Mieters (temporär) nicht erhalte.
Zwar könnte der Vermieter noch in einem unmittelbar auf Rückerstattung von Betriebskostenvorauszahlungen gerichteten Prozess des Mieters eine bisher zu Unrecht verweigerte Einsicht in Abrechnungsunterlagen zur Betriebskostenabrechnung gewähren. Gleichwohl stelle eine solche prozessuale Gestaltungsmöglichkeit keinen hinreichenden Grund dar, dem Mieter ohne vorausgegangene Prüfung der Abrechnungsunterlagen einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückforderung von Vorauszahlungen zu gewähren.
Die Klage auf Rückforderung der erbrachten Vorauszahlungen sei daher nicht begründet. Entsprechendes gelte, soweit der Mieter Rückerstattung der geleisteten Nachzahlungen wegen unzureichend gewährter Einsicht in die die Position „Hauswart“ betreffenden Abrechnungsunterlagen begehre. Auch insoweit hätte der Mieter nach der Rechtsprechung des BGH (vom 22.11.2011 – VIII ZR 38/11) ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen können.
27.04.2022