Ende 2020 lebten in Berlin mehr als 700.000 Menschen, die älter als 65 Jahre waren – Tendenz steigend. Welche Möglichkeiten gibt es, wenn es zu Hause zunehmend beschwerlich wird?
Die erste Wahl für viele Senioren: In der eigenen Wohnung bleiben. Oft stehen mangelnde Barrierefreiheit – Treppen, Schwellen, schmale Durchgänge und nicht entsprechend gestaltete Badezimmer – dem entgegen. Kleine Anpassungen wie Badewannengriffe oder Toilettensitzerhöhungen können auch ohne Zustimmung des Vermieters vorgenommen werden. Sind bauliche Veränderungen nötig, greift Paragraf 554 a des Bürgerlichen Gesetzbuches: „Der Mieter kann vom Vermieter die Zustimmung zu baulichen Veränderungen oder sonstigen Einrichtungen verlangen, die für eine behindertengerechte Nutzung der Mietsache oder den Zugang zu ihr erforderlich sind, wenn er ein berechtigtes Interesse daran hat.“ Der Vermieter hat allerdings das Recht, diese Zustimmung zu verweigern, wenn sie anderen Interessen entgegenstehen, etwa die Nachbarn behindern.
Manche Vermieter verlangen eine zusätzliche Sicherheit für den Rückbau. Zuzahlungen zu barrierefreien Umbauten leisten unter bestimmten Voraussetzungen die Kranken- und die Pflegekasse. Der bisherige KfW-Investitionszuschuss zur Barrierereduzierung ist in den Regierungsentwurf zum neuen Bundeshaushalt nicht aufgenommen worden, was der Sozialverband VdK stark kritisiert. Mehr Beratung zu diesem Thema bieten die Berliner Pflegestützpunkte.
Der Begriff „betreutes Wohnen“ führe in die Irre, warnt die Verbraucherzentrale. Es erwecke den Anschein umfassender Betreuung, was aber normalerweise gar nicht vorgesehen sei. Das Modell spricht Menschen an, die so gesund sind, dass sie alleine leben können, sich aber ab und an etwas Unterstützung wünschen. An den Mietvertrag wird ein Betreuungsvertrag mit zusätzlichen Kosten gekoppelt. „Das“ betreute Wohnen gibt es nicht – viele verschiedene Modelle fallen unter den Sammelbegriff und es lohnt sich, genau hinzusehen und zu vergleichen: „Die Angebote reichen von Wohnungen, die eng an ein Pflegeheim angegliedert sind, über seniorengerechte Apartments im normalen Wohnungsbau, die nur einen Hausmeisterdienst bieten, bis hin zur eher hotelähnlichen Immobilie mit Sauna, Wellness und Auslandsreisen im Angebot“, so die Verbraucherzentrale.
Betreutes Wohnen: Drei Leistungen, die wichtig sind
Allen ist gemein, dass sie neben einer Wohnung auch diverse Dienstleistungen bieten. Aus Sicht der Verbraucherzentrale sollten diese vor allem drei Leistungen enthalten: Erstens eine Ansprechperson mit regelmäßigen Sprechzeiten mindestens einmal pro Woche, die im Alltag helfen und Hilfe vermitteln kann oder auch Ausflüge organisiert. Zweitens einen Hausnotruf, der auch von einem externen Dienstleister organisiert werden kann. Und drittens ein Gebäudemanagement, das sich um die Gemeinschaftsräume und -flächen kümmert und verlässlich erreichbar ist.
Die Kosten können frei von den Anbietern bestimmt werden und fallen regional sehr unterschiedlich aus – Wohnungen in der Stadt sind teurer als auf dem Land. Als Richtschnur gilt eine Netto-Kaltmiete, die zehn Prozent über der ortsüblichen liegt. Die Dienstleistungen werden als feste Pauschale zusätzlich berechnet – je nach Umfang liegt diese zwischen 15 und mehreren Hundert Euro. Weitere Angebote wie die Reinigung der Wohnung, Wäschedienste oder Essen auf Rädern sollten optional dazu gebucht werden können, so die Verbraucherzentrale.
Auch das gemeinschaftliche Wohnen richtet sich an Menschen, die so gesund sind, dass sie den Alltag weitestgehend alleine bestreiten können. Was der Dienstleister im Service-Wohnen leistet, übernimmt hier die Gemeinschaft: In Mehrgenerationenhäusern leben Jung und Alt zusammen und helfen sich gegenseitig: etwa Computerkurs gegen Kinderbetreuung.
In der recht neuen Wohnform der Pflege-WG teilen sich Senioren eine Wohnung. Die Wohngemeinschaft kann dabei durch einen Anbieter oder auch selbstorganisiert sein. In beiden Fällen müssen mehrere Verträge abgeschlossen werden: Neben dem Mietvertrag ein Vertrag über die Betreuungsleistungen mit einer oder mehreren Personen, die im Alltag unterstützen, sowie einen Pflegedienstvertrag. Für selbstorganisierte Modelle empfehlen Experten, einen Gemeinschaftsvertrag zu Rechten und Pflichten der Mitbewohner abzuschließen.
Finanzielle Hilfe für die Pflege-Wohngemeinschaft
Je nach genauer Ausgestaltung greifen auch unterschiedliche Gesetze – unter bestimmten Umständen zahlt die Pflegekasse einen Wohngruppenzuschlag, mit dem dann die Präsenzkraft, die die Bewohner betreut und unterstützt, bezahlt werden kann. Auch ein Gründungszuschuss und ein Zuschuss zu Umbaumaßnahmen sind möglich. Auch hier bieten die Berliner Pflegestützpunkte Information und Beratung.
Manchmal lässt sich ein Umzug vermeiden, wenn Menschen in der eigenen Wohnung gepflegt werden. Ziehen dafür die erwachsenen Kinder ein, muss der Vermieter dies dulden – der Mieter ist aber dennoch verpflichtet, ihn darüber zu informieren. Ziehen hingegen nicht-verwandte Personen, die Pflegedienste leisten, in die Wohnung ein, handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Untervermietung. Allerdings liegt in der Pflege eines älteren Mieters ein berechtigtes Interesse, der Vermieter muss dem also im Regelfall zustimmen. In den allermeisten Fällen kommen jedoch ambulante Pflegedienste zum Einsatz – entweder Sozialstationen der Wohlfahrtsverbände oder private Unternehmen. Je nach Anspruch und Leistungsumfang variieren die Kosten stark. Die bezirklichen Sozialämter können hier beraten.
Nicht immer ist eine Pflege in den eigenen vier Wänden umsetzbar. In Pflegeheimen können Senioren, denen eine Pflegestufe bescheinigt wurde, voll- oder teilstationär, also nur tagsüber oder nur nachts, untergebracht werden. In diesem Fall übernimmt die Pflegekasse anteilig die Kosten für die Pflege. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten muss der zu Pflegende selbst zahlen, sie variieren je nach Region und Leistungen des Heims beträchtlich. 2019 lagen sie in der vollstationären Dauerpflege bei durchschnittlich 757 Euro. Wenn das Geld nicht reicht, können Heimbewohner beim Sozialamt „Hilfe zur Pflege“ beantragen. Übrigens: Ein kurzfristiger Umzug ins Pflegeheim berechtigt nicht zur außerordentlichen Kündigung der Wohnung. Das hat das Landgericht Berlin entschieden (Az. 64 S 2/19).
Katharina Buri
Berlins städtische Seniorenwohnhäuser
In den 1970er Jahren begann Berlin, auf städtischen Flächen Wohnhäuser für Senioren zu bauen. Ziel: Wohnraum für Menschen über 60 mit geringem Einkommen zu schaffen, damit diese im angestammten Kiez bleiben können. Die seniorengerecht gestalteten Ein- oder Zweizimmerwohnungen mit festen Ansprechpartnern vor Ort, Gemeinschaftsräumen und Freizeitaktivitäten erfreuten sich schnell großer Beliebtheit. Die Häuser sind in den vergangenen Jahrzehnten teilweise privatisiert worden, was sich stark auf die Mieten ausgewirkt hat. So werden etwa in Zehlendorf, wo die Deutsche Wohnen mehrere Seniorenwohnhäuser betreibt, für 30 bis 40 Quadratmeter zwischen 480 und 580 Euro warm fällig. In einem bezirksverwalteten Haus in Alt-Mariendorf liegt die Warmmiete für 1,5 Zimmer auf 40 Quadratmetern hingegen bei nur 345 Euro. Voraussetzung für den Einzug in ein solches Haus ist die „selbstständige Versorgung und Haushaltsführung“. Teilweise ist ein Wohnberechtigungsschein erforderlich. Weitere Informationen finden sich auf den Internet-Seiten der Bezirksämter beziehungsweise des Wohnungsunternehmens Gewobag, die einige der Häuser verwaltet.
kb
BMV-Infoblatt 144: Altenheim-Verträge – Betreutes Wohnen
10 Fragen für Senioren: Von Rechten und Pflichten im Alter
In den Pflegestützpunkten können sich pflegebedürftige Berliner und deren Angehörige kostenlos rund um das Thema Pflege beraten lassen:
www.pflegestuetzpunkteberlin.de
beziehungsweise Tel. 0800 59 500 59
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27.05.2022