Als die SPD im Dezember 2021 mit Grünen und Linken eine Regierungskoalition bildete, folgte mit der Übernahme des Stadtentwicklungsressorts durch den SPD-Mann Andreas Geisel ein deutlicher Stilwechsel. Man suchte die Nähe zur privaten Immobilienwirtschaft. Das von der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) vorangetriebene Wohnungsbündnis wurde nicht nur vom Berliner Mieterverein (BMV) kritisiert, sondern stieß auch bei den Koalitionspartnern auf wenig Begeisterung. Uneinigkeit herrscht im Regierungslager auch über die Umsetzung des erfolgreichen Volksbegehrens „Deutsche Wohnen & Co enteignen“. Dennoch will Rot-Grün-Rot in dieser Zusammensetzung weiterregieren. Am 12. Februar bei der Wiederholungswahl werden es aber besonders die Ängste und Sorgen um Miete und Wohnung sein, die darüber bestimmen, wem das Wahlvolk mehrheitlich seine Stimme gibt. Es wird eine Mieten-Wahl werden. Die Betroffenen haben es in der Hand, eine mieterfreundliche Politik und die Schaffung bezahlbaren Wohnraums zu erzwingen. Rund 2 Millionen Wahlberechtigte in Berlin wohnen zur Miete.
Die Wahlprüfsteine
Der Berliner Mieterverein hat die im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien gebeten, zu Fragen in der Wohnungs- und Mietenpolitik („Wahlprüfsteine“) Stellung zu beziehen. Die Antworten finden Sie in den
Wahlprüfsteinen des Berliner Mietervereins
Kurz nach Regierungsantritt wurde der rot-grün-rote Senat mit unerwarteten Schwierigkeiten konfrontiert. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine strömten ab Februar 2022 zehntausende Geflüchtete nach Berlin. In der Folge der ausbleibenden Gas- und Öllieferungen aus Russland verteuerten sich vor allem die Energiepreise enorm.
Die Unterbringung der Geflüchteten meisterte Berlin weitaus besser als 2015, als die damalige SPD-CDU-Regierung völlig überfordert war. Um die Menschen vor den explodierenden Energiekosten zu schützen, hat der Senat seine landeseigenen Wohnungsunternehmen im September dazu verpflichtet, keine Kündigungen auszusprechen, wenn Mieterinnen und Mieter wegen erhöhter Vorauszahlungen in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Vielmehr müssen sie ihnen Stundungen ermöglichen. Im Dezember wurde außerdem beschlossen, dass in den landeseigenen Wohnungen die Mieten bis Ende 2023 nicht erhöht werden. Diese Vorschriften geben den rund 750.000 Menschen, die in den 360.000 Wohnungen der Landeseigenen leben, Sicherheit. Für die übrigen knapp 1,3 Millionen Mietwohnungen gibt es diese jedoch nicht. Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) belässt es bei einem Appell: „Der Senat von Berlin ruft alle privaten Vermieterinnen und Vermieter auf, diesem Beispiel zu folgen und im Rahmen ihrer Verantwortung für eine solidarische Zivilgesellschaft in gleicher Weise zu verfahren.“ Erfahrungsgemäß zeigt sich die Immobilienwirtschaft von solchen Aufrufen jedoch wenig beeindruckt.
Für alle Berliner Haushalte, die durch die unerwarteten Energiepreissprünge von Strom- oder Gassperren bedroht sind, hat Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) als Ergänzung zu den Entlastungsprogrammen der Bundesregierung einen Härtefallfonds in Höhe von 20 Millionen Euro aufgelegt. Damit die rund 500.000 Berliner Transferleistungsbeziehenden nicht im Kalten sitzen und ihre Wohnung behalten können, hat der Senat auch die Ausführungsvorschriften Wohnen (AV Wohnen) so geändert, dass bei der Kostenübernahme nicht mehr die engen Preisgrenzen des veralteten Heizkostenspiegels gelten.
Koalition in der Wohnungspolitik uneins
In der Wohnungs- und Mietenpolitik gibt es innerhalb der Koalition allerdings unübersehbare Meinungsverschiedenheiten zwischen der SPD einerseits und den Linken und Grünen andererseits. Besonders deutlich ist das bei der Frage der Vergesellschaftung großer privater Wohnungskonzerne. Die SPD hält dieses Unterfangen für sinnlos und zu teuer, während die Linke die Überführung der Wohnungsbestände in Gemeineigentum bejaht. Nachdem sich 59 Prozent der Abstimmenden im September 2021 beim Volksentscheid „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ für eine Vergesellschaftung ausgesprochen hatten, setzt der neue Senat auf eine Expertenkommission, die ein Jahr lang eine Umsetzung prüft. Das Ergebnis soll spätestens im Sommer vorliegen.
Ob damit der Zwist gelöst wird, ist zweifelhaft, denn schon den im Dezember 2022 vorgelegten Zwischenbericht der Kommission interpretierten die Kontrahenten vollkommen unterschiedlich. Das Gremium hält darin unter anderem fest, dass das Land Berlin die Kompetenz hat, eine Vergesellschaftung nach Artikel 15 des Grundgesetzes durchzuführen und dass die Entschädigungssumme unter dem Verkehrswert liegen kann. Die Linke sieht sich dadurch bestätigt. „Damit sind die beiden am schwersten wiegenden Einwände ausgeräumt, die gegen eine Umsetzbarkeit des Vorhabens erhoben wurden“, erklärt sie. „Es ist nun vor allem eine Frage des politischen Willens, ob der Auftrag des Volksentscheids umgesetzt wird.“ Auch die Grünen-Wohnungspolitikerin Katrin Schmidberger sieht im Zwischenbericht „wichtige Fortschritte für eine Umsetzung des Volksentscheids“. Dagegen behauptete Senator Geisel in der rbb-Abendschau, dass das Vorhaben, Wohnungskonzerne mit mehr als 3000 Wohnungen zu enteignen, „offensichtlich nicht gesetzes- oder verfassungskonform ist“, die Kommission aber sage, „dass es einen anderen Weg geben muss“.
Den Nutzen einer Vergesellschaftung unterstreicht hingegen eine vor Kurzem veröffentlichte Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Für die über 200.000 Haushalte bei den sechs größten privaten Wohnungskonzernen der Stadt könnten die Mieten um durchschnittlich 16 Prozent sinken, wenn man die Wohnungen nach dem Vorbild der landeseigenen Wohnungsunternehmen bewirtschaften würde – bei besserer Instandhaltung und mehr günstigen Wohnungsangeboten für Niedrigverdienende. Außerdem würde eine Vergesellschaftung Wohnungen vor allem in den Stadtteilen schützen, die besonders von Gentrifizierung bedroht sind.
Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ verlangt Taten: „Der Senat hat keine Ausreden mehr und muss den Volksentscheid umsetzen. Wer jetzt nicht enteignet, kann Berlin nicht regieren“, erklärt Initiativensprecher Achim Lindemann mit Blick auf die anstehende Wahl. „Immobilienlobby abwählen!“ fordert die Ini auf Plakaten.
Am Wohnungsbündnis scheiden sich die Geister
Kernstück der Senats-Wohnungspolitik ist das „Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“ („Wohnungsbündnis“), das stark die Handschrift der SPD, insbesondere der Regierenden Bürgermeisterin trägt. Gemäß ihrem oft wiederholten Motto „Kooperation statt Konfrontation“ hat die Politik mit Immobilienverbänden und einigen Wohnungskonzernen im Juni 2022 eine Übereinkunft unterzeichnet, die von vielen Seiten kritisiert wurde. Der Berliner Mieterverein bemängelte, dass die Absprachen nicht weit genug gehen, zu unkonkret und unverbindlich seien, und hat deshalb das Bündnis nicht unterzeichnet.
Giffey und Geisel ziehen trotz Kritik – die nicht nur vom Mieterverein kommt – eine positive Zwischenbilanz. Im Jahr 2022 seien in Berlin 16.500 neue Wohnungen entstanden. „Berlin schafft Wohnungen trotz Krise“, sagt Giffey. „Dieser Erfolg basierte auf einer enormen gemeinsamen Kraftanstrengung von Wohnungswirtschaft, Landes- und Bezirkspolitik“, erklärt Giffey. „Das Prinzip Kooperation geht auf.“ Am Ziel, durchschnittlich 20.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen – also 100.000 bis 2026 –, hält der Senat fest.
Die im Jahr 2022 fertig gestellten Wohnungen kann sich der seit Dezember 2021 regierende Senat allerdings nicht auf die Fahnen schreiben. Ob in den kommenden Jahren jährlich 20.000 Wohnungen zu schaffen sind, ist zumindest zweifelhaft. Die Bauwirtschaft sendet jedenfalls keine ermutigenden Signale.
Viele Vorhaben aus dem rot-grün-roten Koalitionsvertrag hat der Senat in die Verantwortung des Bündnisses gegeben und somit zumindest oberflächlich abgehandelt. Die konkrete Umsetzung fehlt allerdings oft noch. So konnten sich die drei Parteien immer noch nicht auf die Änderung der Berliner Bauordnung einigen, mit der das Bauen erleichtert, beschleunigt und gleichzeitig auch ökologischer werden soll. Im Zweckentfremdungsverbot wurden die Anforderungen an Ersatzwohnraum bei Abrissen konkretisiert, anders als geplant wurde dafür aber kein umfassendes Wohnraumschutzgesetz erarbeitet. Die von der Koalition vereinbarte Prüfung eines Mietenkatasters hat die Senatsverwaltung zügig vorgenommen – mit der Erkenntnis, dass die Aufstellung mit viel Aufwand und Rechtsunsicherheit verbunden wäre und man besser warte, bis der Bund im Jahr 2028 sein geplantes Gebäude- und Wohnungsregister erstellt habe. Seit dieser mutlosen Einschätzung geht es beim Mietenkataster nicht mehr voran.
Ernüchternde Bilanz der Grünen aus der Koalition
Auch die Grünen-Wohnungspolitikerin Katrin Schmidberger zieht eine ernüchternde Bilanz: „Giffeys Wohnungsbündnis bleibt uns echte Ergebnisse schuldig.“ Es gibt keine Zahlen, ob die Zusagen zur Neuvermietung an Haushalte mit Wohnberechtigungsschein (WBS), zur abgesenkten Kappungsgrenze und zur sozialen Härtefallregelung eingehalten wurden. Das angekündigte Wohnungstauschportal für private Wohnungsunternehmen existiert noch nicht, und es wurden keine festen Neubauzahlen für die einzelnen Wohnungsunternehmen festgelegt. Kontrollen oder gar Sanktionen – Fehlanzeige. „Das Bündnis scheint eine politische Luftnummer zu sein, weil es keinerlei Verbindlichkeiten gibt, auf die sich Mieter:innen berufen können“, sagt Katrin Schmidberger. „Das Wohnungsbündnis ersetzt keine besseren Wohnraumschutzgesetze und sorgt nicht für eine spürbare Entlastung der Mieter:innen.“
Der Berliner Mieterverein kritisiert außerdem die Tendenz, dass wichtige Zukunftsthemen wie die Förderung des Sozialen Wohnungsbaus, die Genossenschaftsförderung oder Milieuschutz-Regularien unter Ausschluss der Stadtgesellschaft im Bündnis besprochen werden. „Wohnungspolitik lässt sich nicht einfach nur mit und in einem Bündnis mit der Wohnungswirtschaft machen“, sagt BMV-Geschäftsführerin Ulrike Hamann. „Das ist einer demokratischen Stadtregierung nicht würdig.“
Auch die Linke ist unzufrieden. „Allein auf unverbindliche Bündnisse und Runde Tische mit Immobilienkonzernen zu setzen, führt nicht weiter“, erklären die Fraktionsvorsitzenden Anne Helm und Carsten Schatz sowie der wohnungspolitische Sprecher Niklas Schenker. „Wohnen ist zu wichtig, um es dem Markt zu überlassen.“ Die Linksfraktion hat deshalb im November Eckpunkte für ein „Sicher-Wohnen-Gesetz“ vorgelegt. Damit will sie die Wohnraumversorgung als eine Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge gesetzlich festschreiben. Um Menschen mit WBS besser gerecht zu werden, sollen auch außerhalb des Sozialen Wohnungsbaus Belegungsbindungen geschaffen werden. Für mehr Transparenz auf dem Berliner Immobilienmarkt fordert die Linke ein öffentlich einsehbares Mieten- und Wohnungskataster, das „Auskunft über Miethöhen, Eigentümer:innen und Ausstattungsmerkmale der Wohnungen gibt. Damit Wohnhäuser nicht verfallen, sollen Eigentümer:innen nachweisen, dass sie für die Instandsetzung eine Rücklage gebildet haben.“ Abrisse will die Linke ausschließen. Zur Durchsetzung der wohnungspolitischen Maßnahmen schlägt sie ein neues Landesamt für Wohnungswesen vor.
Die Berliner CDU-Fraktion überraschte im Oktober 2022 mit einem Positionspapier zur Wohnungspolitik, das einen Kurswechsel verspricht. Die Christdemokraten wollen „die Mieterschaft in den Mittelpunkt unseres politischen Handelns“ rücken. Es soll ein öffentliches und transparentes Mietenkataster geschaffen werden, mit dem das Gezerre um den Mietspiegel beseitigt werden kann. Indexmieten, die mit der Inflationsrate steigen, soll es nicht mehr geben. Wenn die CDU fordert, auf Wohnungsräumungen wegen nicht bezahlter Nebenkosten zu verzichten und Gas- und Stromsperren auszuschließen sowie „die unternehmerische Spekulation mit Berliner Wohnungsbeständen massiv zu besteuern und Share Deals abzuschaffen“, klingt sie beinahe wie die Linke.
Dass der Kurswechsel der CDU glaubhaft ist, darf bezweifelt werden. Die Forderungen der Berliner CDU, dass man den Mietwucherparagrafen wieder nutzbar machen werde und dass zur Miete Wohnende mit einer Schonfristzahlung nicht nur fristlose, sondern auch ordentliche Kündigungen aus der Welt schaffen können, hat sie in der vergangenen Legislaturperiode im Bund noch erfolgreich bekämpft. Der Berliner CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner war als damaliger baupolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag daran beteiligt.
In vielen Punkten bleibt sich die CDU auch treu: „Alleine mehr Angebot würde den Wohnungsmarkt auf Dauer entspannen“, heißt weiterhin ihr Credo. Dazu möchte sie nicht nur die Ränder des Tempelhofer Feldes bebauen, sondern sogar einen „13. Bezirk“ schaffen.
Auch will sie ihre Wohnungspolitik mehr auf „die vom Senat vergessene gesellschaftliche Mitte“ ausrichten: „Der Fleißige darf nicht der Dumme sein.“ Die Anhebung der WBS-Einkommensgrenze um ein Drittel soll ermöglichen, dass auch „Fleißige“ mit weit überdurchschnittlichen Einkommen eine Sozialwohnung bekommen. Die Christdemokraten sind aber auch überzeugt, dass die Wohneigentumsquote in Berlin erhöht werden muss – Mieterprivatisierung wäre der Weg. Die Vergesellschaftung von Beständen großer privater Immobilienunternehmen lehnen sie dagegen vehement ab.
Die Liberalen setzen weiter auf den Markt
Bei den beiden anderen Oppositionsparteien im Abgeordnetenhaus spielt die Wohnungs- und Mietenpolitik keine große Rolle. Auf diesem Politikfeld haben FDP und AfD im vergangenen Jahr prinzipiell eine Gegenposition zu Rot-Grün-Rot eingenommen und – wenn überhaupt – nur holzschnittartige Forderungen erhoben.
Die FDP will vor allem auf den Wohnungsbau setzen. „Berlin braucht eine mietensenkende Neubau-Offensive“, fordert FDP-Baupolitiker Stefan Förster. Die Mietensenkung soll dabei allein durch ein größeres Wohnungsangebot herbeigeführt werden. Zur Kontrolle der Miethöhen schlagen die Liberalen einen „Mieten-TÜV“ vor. Ein Mietenmoratorium halten sie für unnötig. „Private Vermieter finden im Dialog mit ihren Mietern in der Regel gute und individuelle Lösungen“, meint der FDP-Sprecher für Stadtentwicklung und Mieten, Björn Matthias Jotzo. Die Vergesellschaftung von Wohnungskonzernen lehnt die FDP ab – ihre Parole lautet: „Bauen statt Klauen“.
Die AfD sieht die Ursachen für die steigenden Mieten bei den „ständig steigenden Aufwendungen durch die gewollte Inflation und die immer übergriffigeren staatlichen Vorschriften, zum Beispiel zum „sogenannten ‚Klimaschutz‘“, so der AfD-Baupolitiker Harald Laatsch. „Wer günstige Mieten will, muss den Vorschriftenwildwuchs radikal zurückschneiden und den Markt für Wettbewerb öffnen.“ Mit der Rückführung von Geflüchteten will die AfD „Platz schaffen“. Sie tritt außerdem für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ein. „Wohneigentum ist einer der Garanten für den allgemeinen Wohlstand“, meint Laatsch.
84 Prozent der Berlinerinnen und Berliner wohnen zur Miete. Mit ihren Stimmen können sie am 12. Februar eine entschlossene Wohnungs- und Mietenpolitik wählen.
Jens Sethmann
Die Forderungen des Mietervereins an die Wohnungs- und Mietenpolitik
Vom künftigen Berliner Senat erwartet der Berliner Mieterverein (BMV) die Einführung eines Wohnungs- und Mietenkatasters. Ein solches Kataster wäre „ein notwendiger Schritt für mehr Transparenz, mit dem die Politik in die Lage versetzt werden könnte, Maßnahmen zur Entlastung des Berliner Wohnungsmarktes zu ergreifen“.
Gefordert wird auch ein schärferes Vorgehen gegen den Abriss von Wohngebäuden. Man hat beobachtet, dass vor allem bezahlbarer innerstädtischer Wohnraum aus den 50er und 60er Jahren abgerissen wird, um exklusiven Neubauten Platz zu machen. „Abriss muss nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus sozialen Gründen so weit wie möglich verhindert werden“, erklärt BMV-Geschäftsführer Sebastian Bartels. Das Zweckentfremdungsrecht habe sich hier als stumpfes Schwert erwiesen. Der Mieterverein hat ein Konzept zur Verschärfung des Zweckentfremdungsverbots und der Bauordnung vorgelegt, das den Abriss von Wohnraum nur noch in Ausnahmefällen zulässt.
Die Wohnungsaufsichtsbehörden arbeiten aus Sicht des BMV bei der Mängelbeseitigung zu langsam und zu ineffektiv. Bei leerstehenden und verfallenden Häusern sollten verstärkt Treuhänder eingesetzt werden. Dazu schlägt der Mieterverein ein Wohnungsbewirtschaftungsgesetz vor.
Der Soziale Wohnungsbau muss dem BMV zufolge ausgeweitet und verstärkt auf die Bedürfnisse der einkommensschwachen Bevölkerung ausgerichtet werden sowie dauerhafte Mietpreis- und Belegungsbindungen bekommen. Damit Berlin 2045 klimaneutral sein wird, fordert der BMV eine verbesserte Förderung von energetischen Sanierungen und vor allen Dingen ordnungsrechtlich flankierte Verpflichtungen der Vermietenden zur energetischen Sanierung. Und nicht zuletzt erwartet der BMV die Umsetzung der per Volksentscheid beschlossenen Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne.
Weil das Mietrecht Sache des Bundes ist, muss Berlin hierfür über den Bundesrat Einfluss nehmen. Der BMV verlangt den Einsatz des Senats für eine bundesweite Mietenbegrenzung, für einen verbesserten Kündigungsschutz bei Eigenbedarf und Zahlungsverzug, für eine wirksame Mietpreisbremse und für die Einführung einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit. Das im November 2021 gekippte Vorkaufsrecht im Milieuschutz soll wiederhergestellt werden.
js
Rosa-Luxemburg-Stiftung „Vergesellschaftung senkt die Miete“:
www.rosalux.de/publikation/id/49757/vergesellschaftung-senkt-die-miete
Expertenkommission:
www.berlin.de/kommission-vergesellschaftung/downloads/
Die Wahlprüfsteine
Der Berliner Mieterverein hat die im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien gebeten, zu Fragen in der Wohnungs- und Mietenpolitik („Wahlprüfsteine“) Stellung zu beziehen. Die Antworten lagen bei Redaktionsschluss des MieterMagazins noch nicht vor. Sie werden dokumentiert auf
www.berliner-mieterverein.de/aktuelles/wiederholungswahl-2023-die-wahlpruefsteine-des-berliner-mietervereins.htm
BMV-Konzept „Abriss als Ausnahme“:
www.berliner-mieterverein.de/downloads/pm110123-bmv-konzept-abriss.pdf
20.06.2023