Wie sehr finanzmarktorientierte Wohnungsunternehmen Mieter:innen ans Portemonnaie gehen und der Gesellschaft schaden, hat ein Rechercheteam des Vereins „Finanzwende“ untersucht.
In den letzten 15 Jahren ist eine „Finanzialisierung“ des deutschen Wohnungsmarktes eingetreten: Es machten sich Unternehmen breit, die in Wohnungen nichts weiter als ein Anlageprodukt auf dem Finanzmarkt sehen. Bei Firmen wie Vonovia, Covivio, Adler oder Heimstaden steht eher im Vordergrund, für ihre Shareholder, den Eigentümer:innen ihrer Aktien, möglichst hohe Renditen zu erzielen, als für eine angemessene und günstige Wohnraumversorgung zu stehen.
„Finanzwende“ hat die Strategien dieser Unternehmen erforscht. Durchschnittlich 41 Prozent der Nettokaltmieten wurden 2021 als Dividende ausgeschüttet. Wer also eine Miete von 500 Euro zahlt, kann davon ausgehen, dass 205 Euro davon direkt in die Taschen der Aktionär:innen wandern.
An der Instandhaltung der Wohnungen wird gespart, denn die Kosten dafür lassen sich nicht auf die Mieter umlegen. Stattdessen werden Modernisierungen vorgenommen, die hohe Mietsteigerungen nach sich ziehen. Zur Steuervermeidung haben viele Unternehmen ihren Sitz nach Luxemburg verlegt oder verstecken sich in unentwirrbaren internationalen Firmengeflechten. Käufe und Verkäufe werden in der Regel in der Form eines Share Deals durchgeführt, der es erlaubt, in Deutschland die Grunderwerbsteuer zu umgehen. Dem Staat entgehen dadurch Milliarden-Summen.
Doch mit dem Ende der Niedrigzinsphase sind die Finanz-Wohnkonzerne seit Anfang 2022 in Schwierigkeiten. Die Börsenkurse stürzten ab. Neubauprojekte wurden – falls überhaupt vorhanden – gestoppt und Wohnungsbestände verkauft. „Wachsende Finanzialisierung macht den Markt zunehmend instabiler“, lautet das Fazit von Finanzwende.
Berlin ist ganz besonders davon betroffen. Der Marktanteil der finanzialisierten Wohnungsunternehmen stieg hier von 7 Prozent im Jahr 2011 auf 16,5 Prozent im Jahr 2021. Finanzwende fordert deshalb eine gezielte Regulierung: „Finanzlogik sollte im Mietmarkt nichts verloren haben.“
Jens Sethmann
www.finanzwende.de
16.12.2023