Zu Umfang und Inhalt der Auskunftspflicht des Vermieters nach § 556 g Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 BGB bei einem Vormietverhältnis, welches eine Dauer von weniger als einem Jahr hatte, und einem Vor-Vormietverhältnis, in dem eine Indexmiete vereinbart war.
BGH vom 16.1.2024 – VIII ZR 135/23 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 16 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Das Mietverhältnis über die in Hamburg gelegene Wohnung begann am 1.7.2019. Die Miete betrug 1.133 Euro. Der Mieter rügte den Mietzins, weil die vereinbarte Miete mehr als 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete lag. Der Vermieter hatte ihm vor Vertragsabschluss mitgeteilt, dass die maßgebliche Vormiete 1.118,16 Euro betrug.
Nach Einholung entsprechender Auskünfte durch den Mieter ergab sich folgendes Bild zur Mietpreisentwicklung: Beim Vormietverhältnis, das seit 15.12.2018 bestand, war eine Miete von 1.133 Euro vereinbart. Zuvor hatte ab dem 1.9.2016 ein Mietverhältnis bestanden, bei dem die vereinbarte monatliche Nettokaltmiete zum 1.7.2018 1.096,14 Euro betragen und sich infolge einer Indexmietvereinbarung ab 1.11.2018 auf 1.118,16 Euro erhöht hatte. Als das Vor-Vormietverhältnis 2016 abgeschlossen wurde, galt in Hamburg noch keine Mietpreisbremse.
Der BGH hatte u.a. zu entscheiden, ob der Vermieter sich auf die Vormiete berufen konnte und wenn ja, auf welche. Die einschlägige Vorschrift des § 556 e Abs 1 BGB lautet:
„Ist die Miete, die der vorherige Mieter zuletzt schuldete (Vormiete), höher als die nach § 556 d Absatz 1 zulässige Miete, so darf eine Miete bis zur Höhe der Vormiete vereinbart werden. Bei der Ermittlung der Vormiete unberücksichtigt bleiben … solche Mieterhöhungen, die mit dem vorherigen Mieter innerhalb des letzten Jahres vor Beendigung des Mietverhältnisses vereinbart worden sind.“
Die Vorschrift gelte auch bei kurzzeitigem Vormietverhältnis (hier: weniger als ein Jahr). Denn auch in diesem Fall sei für die Bemessung der zulässigen Miethöhe gem. § 556 e Abs. 1 BGB auf die in dem Vormietverhältnis nach den Vorschriften der §§ 556 d ff. BGB rechtlich geschuldete Vormiete abzustellen. Der Gesetzgeber habe in § 556 e Abs. 1 BGB auch für kurzfristige Vormietverhältnisse bewusst keine Ausnahmen von dem Grundsatz vorgesehen, dass die Vereinbarung einer Miete in Höhe der zuletzt geschuldeten Vormiete zulässig sei (vgl. BT-Drs. 18/3121, S. 30).
Der Umstand, dass die Vor-Vormiete i.H.v. 1.118,16 Euro erst seit dem 1.11.2018 aufgrund einer Indexmieterhöhung geschuldet war, ändere nichts daran, dass diese zur Ermittlung der geschuldeten Vormiete heranzuziehen sei. Denn grundsätzlich sei gem. § 556 e Abs. 1 Satz 1 BGB die zuletzt, mithin bei Beendigung des (Vor-)Vormietverhältnisses geschuldete (Vor-)Vormiete entscheidend und nicht diejenige, die ein Jahr vor Beendigung des (Vor-)Vormietverhältnisses geschuldet war. Letztgenannter Zeitpunkt sei nur insoweit von Bedeutung, als Mieterhöhungen, die mit dem vorherigen Mieter innerhalb des letzten Jahres vor Beendigung des Mietverhältnisses vereinbart worden seien, bei der Ermittlung der (Vor-)Vormiete gem. § 556 e Abs. 1 Satz 2 BGB unberücksichtigt blieben. Ein solcher Fall liege hier indes nicht vor. Denn die in dem Vor-Vormietverhältnis zum 1.11.2018 wirksam gewordene Indexmieterhöhung beruhe nicht – wie dies § 556 e Abs. 1 Satz 2 BGB voraussetze – auf einer innerhalb des letzten Jahres vor Beendigung des Vor-Vormietverhältnisses getroffenen Vereinbarung, sondern auf einer bereits in der in dem – außerhalb der Jahresfrist abgeschlossenen – Vor-Vormietvertrag vereinbarten Indexmiete.
Der BGH hatte vor einigen Monaten entschieden (Urteil vom 29.11.2023 – VIII ZR 75/23 –), dass der Vermieter seiner Aufklärungspflicht im Sinne des § 556 g Abs. 1 a Satz 1 Nr. 1 BGB genügt, wenn er die vereinbarte Vormiete, die ja nicht mit der preisrechtlich zulässigen identisch sein muss, nennt.
In unserem Fall hatte der Vermieter aber sogar die preisrechtlich zulässige Miete genannt. Das schadet nicht: Natürlich erfüllt die Angabe der preisrechtlich zulässig geschuldeten – statt der vereinbarten höheren – Vormiete die inhaltlichen Anforderungen des § 556 g Abs. 1 a Satz 1
Nr. 1 BGB erst recht.
Im Ergebnis der BGH-Entscheidung konnte der Mieter hier eine Senkung der monatlichen Miete um 14,84 Euro erreichen.
26.09.2024