Auch wenn energetische Modernisierungen grundsätzlich im Sinne des Klimaschutzes sind und zu Energieeinsparungen in den Miethaushalten führen sollen, können sie für Mieter:innen mit enormen Belastungen einhergehen. Unser mehrteiliger Miet-Tipp gibt daher wichtige Informationen und Tipps an die Hand.
Teil 1.
In diesem ersten Teil geben wir Ihnen einen Überblick darüber, wie Sie rechtlich von einer Modernisierung in Kenntnis gesetzt werden müssen, welche Fristen einzuhalten sind und wie Sie einen sogenannten Härtefalleinwand einbringen können.
Wie muss eine energetische Modernisierung angekündigt werden?
Vermieter:innen müssen (energetische) Modernisierungsvorhaben mit einer schriftlichen Modernisierungsankündigung den Mieter:innen mindestens drei Monate vor dem Beginn der Baumaßnahmen bekanntgeben. Für diese offizielle Ankündigung gibt es formale und inhaltliche, gesetzlich geregelte Vorgaben. Die Ankündigung muss folgendes beinhalten:
- Zeitraum der Arbeiten
- Art und Umfang der Arbeiten
- Informationen über damit einhergehende Mieterhöhungen und Anpassungen bei den Betriebskosten
- Wichtig: Seit 2013 müssen Eigentümer:innen keine genauen Angaben mehr über die Eigenschaften der einzelnen Bauteile machen und können sich auf anerkannte Pauschalwerte beziehen, um beispielsweise Energieeinsparungen zu belegen (§ 555c Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB).
- Vermieter:innen sollen in der Modernisierungsankündigung auch auf die Form und Frist eines Härteeinwands sowie das Sonderkündigungsrecht hinweisen (§ 555c Absatz 3 BGB).
Erst eine solche Modernisierungsankündigung stellt die formale Ankündigung dar. Mit dem Zugang dieser formalen Ankündigung an die Mieter:innen treten wichtige Fristen in Kraft. Wichtig: Andere Schreiben von Eigentümer:innen können lediglich Informationsschreiben sein, die nicht die rechtlichen und formalen Bedingungen für Fristeinhaltungen aufweisen. In der Regel wird zudem um sogenannte Duldung per Unterschrift bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gebeten.
Die formalen und inhaltlichen Anforderungen an dieses Dokument sind vielfältig und komplex. Die Prüfung durch einen Rechtsanwalt in unseren Beratungszentren kann hilfreich sein. Vereinbaren Sie telefonisch einen Termin unter 030 226 26 0.
Was muss ich nach Erhalt einer Modernisierungsankündigung tun?
Nach Erhalt des Schreibens haben Sie eine Frist von einem Monat, um schriftlich zu erklären, ob Sie mit der Modernisierung einverstanden sind. Falls Sie die Modernisierung nicht dulden möchten, müssen Sie in diesem Schreiben konkrete Gründe nennen, die eine Duldung unzumutbar machen.
Welche Härtefallregelungen gibt es?
Die energetische Modernisierung darf für Mieter:innen grundsätzlich keine „unbillige Härte“ darstellen. Wenn Sie einen Härteeinwand vorbringen möchten, beachten Sie unbedingt folgendes:
- Mieter:innen müssen mit Ablauf des Monats, der der Ankündigung der Modernisierungsarbeiten folgt, schriftlich Gründe für eine unzumutbare Härte nennen. Beispiel: Erhalt der Modernisierungsankündigung am 4. März, Härtefalleinwand möglich bis 30. April (laufender Monat der Zustellung plus Folgemonat)
- Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen persönlicher und finanzieller Härte.
- Mieter:innen können Modernisierungen nicht durch finanzielle Härte, also die folgenden Mieterhöhungen oder steigende Betriebskosten durch die Modernisierung, stoppen.
- Aber: Nach Abschluss der Modernisierung können Mieter:innen die Modernisierungsmieterhöhungen prüfen lassen und gegebenenfalls aufgrund der zuvor angezeigten finanziellen Härte die Erhöhung mindern oder ganz verhindern.
- Wichtig: Mieter:innen müssen ihren Anspruch auf Wohngeld und andere Leistungen prüfen, da der finanzielle Härteeinwand nicht greift, wenn Mieter:innen die höhere Belastung durch andere Unterstützung, wie etwa Wohngeld, Bürgergeld oder Ähnliches, auffangen können.
Woher weiß ich, ob bei mir eine unzumutbare Härte vorliegt?
Individuelle Prüfung: Die Entscheidung, ob eine unzumutbare Härte vorliegt, ist immer einzelfallabhängig und muss im Streitfall durch das Gericht geprüft werden.
Anhaltspunkte können jedoch sein:
- Beeinträchtigungen durch Maßnahmen: Eine unzumutbare Härte kann sich aus den mit der Durchführung der Maßnahmen verbundenen Beeinträchtigungen ergeben, wie beispielsweise Lärm, Schmutz, mangelnde Heizmöglichkeiten oder Wasserversorgung.
- Alter und Gesundheitszustand: Das Alter der Mieter:innen und der Gesundheitszustand können ebenfalls eine Rolle spielen, wie beispielsweise Schwangerschaften, Erkrankungen oder das fortgeschrittene Alter.
- Bauliche Folgen: Bauliche Folgen der Maßnahmen können ebenfalls eine unzumutbare Härte begründen, wie beispielsweise eine wesentliche Veränderung des Grundrisses oder der Wegfall von Stellfläche.
Beratung in Anspruch nehmen: Wenn Sie unsicher sind, ob Ihre persönliche Situation einen Härtegrund darstellt, wenden Sie sich an eine unserer Beratungsstellen, um Unterstützung bei der Formulierung des Härteeinwands zu erhalten.
Welche Mieterhöhung ist möglich?
In der Modernisierungsankündigung müssen Vermieter:innen eine rechnerisch korrekte Modernisierungsmieterhöhung prognostizieren anhand der zu erwartenden Kostenumlage auf die jeweilige Mieter:innenwohnung. Dabei ist der Instandsetzungsanteil für Maßnahmen am Gebäude sowie die Wohnung abzuziehen! Gesetzlich gilt:
- Vermieter:innen können pro Jahr acht Prozent der Modernisierungskosten auf die Miete umlegen.
- Es gibt eine Kappungsgrenze, die die Umlage zusätzlich auf maximal drei Euro pro Quadratmeter innerhalb von sechs Jahren beschränkt. Bei Wohnungen, die bis zu sieben Euro pro Quadratmeter nettokalt kosten, liegt die Kappungsgrenze bei zwei Euro pro Quadratmeter.
- Eine Härtefallklausel besagt, dass nicht mehr als 30 Prozent des Einkommens für die Nettokaltmiete veranschlagt werden dürfen.
- Die neue Miethöhe ist mit Beginn des dritten Monats nach Zugang der Modernisierungsmieterhöhungserklärung zu zahlen, aber: Rückwirkende Mieterhöhungen sind nicht zulässig.
- Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften haben sich in der Kooperationsvereinbarung mit dem Land Berlin auf eine reduzierte Umlage von sechs Prozent verpflichtet. Die neue Miete darf die ortsübliche Vergleichsmiete nicht mehr als 10 Prozent überschreiten.
Mehr Informationen können Sie unserem ausführlichen Info-Blatt entnehmen.
Ein Überblick von Vera Colditz
19.07.2023