Schon zwei Wochen nach der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 haben Union und SPD eine mögliche Koalition sondiert. Was bedeutet Schwarz-Rot für Mieter:innen?
Deutschland hat gewählt – und schon wenige Tage nach der Wahl dominieren erneut die großen außen- und sicherheitspolitischen Herausforderungen die politische Agenda. Ebenso wichtige Themen wie die Wohnungs- und Bildungspolitik drohen, wie bereits im Wahlkampf, ins Hintertreffen zu geraten. Dabei zeigt der bemerkenswerte Stimmenzuwachs bei den Linken, dass soziale Gerechtigkeit und bezahlbares Wohnen insbesondere für Erstwähler:innen zentrale Themen sind: 51 Prozent der Linken-Wähler:innen nannten soziale Sicherheit als entscheidend für ihre Wahlentscheidung, so Infratest dimap.
Die Frage wird sein, ob eine zukünftige Regierung auch diese Stimmen hören wird. Während die Union aus CDU/CSU als klarer Wahlsieger aus der Bundestagswahl hervorgeht, ist die SPD ihre erste Ansprechpartnerin aus dem demokratischen Lager für eine mögliche Koalition. Mit dem Abschluss der Sondierungsgespräche am 8. März 2025 sind die Weichen gestellt. Wir fragen uns: Was bedeutet Schwarz-Rot für die sozialen Bedürfnisse der Bürger:innen, insbesondere im Bereich der Wohnungs- und Mietenpolitik?
Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche bieten lediglich eine Grundlage für die Koalitionsverhandlungen und bleiben daher noch vage. Oft formulieren sie nur die Absicht, sich mit bestimmten Themen zu befassen. Die konkrete Koalitionsvereinbarung dürfte harte Auseinandersetzungen mit sich bringen. Denn ein Blick auf die wohnungspolitischen Positionen der Parteien, etwa in den Wahlprüfsteinen des Berliner Mietervereins, offenbart erhebliche Differenzen zwischen Union und SPD.
Mietpreisbremse und Mieter:innenschutz
Die Mietpreisbremse läuft Ende 2025 aus. Die SPD forderte ihre dauerhafte Verlängerung und eine Verschärfung. Mieterhöhungen in angespannten Märkten sollen auf maximal 6 Prozent in drei Jahren begrenzt und Indexmieten künftig an die ortsübliche Vergleichsmiete statt an die Inflation gekoppelt werden. Zudem sollen Neubauten, die bis 2019 fertiggestellt wurden, nicht mehr von der Mietpreisbremse ausgenommen sein. Die CDU hingegen lehnt weitere Eingriffe in den Mietmarkt ab. Die derzeitige Mietpreisbremse kritisiert der baupolitische Sprecher im Bundestag, Jan-Marco Luczak, im Gespräch mit rbb24 als „nicht zielgenau und sozial ungerecht“. Stattdessen setzt die CDU auf Entlastung der Mieter:innen durch weitere Anpassungen beim Wohngeld.
In den Sondierungsgesprächen einigten sich die Parteien darauf, die Mietpreisbremse zunächst um zwei Jahre zu verlängern. „Mieterinnen und Mieter müssen wirksam vor Überforderung durch immer höhere Mieten geschützt werden“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung.
Neubauförderung und Wohnungsbau
Beide Parteien erkennen die Notwendigkeit eines verstärkten Wohnungsbaus, unterscheiden sich jedoch in ihren Ansätzen. Die SPD setzt auf staatliche Investitionen und Eigenkapitalhilfen vor allem für gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften, um den sozialen Wohnungsbau voranzutreiben. Zusätzlich sollen Genehmigungsverfahren beschleunigt und Bauland verstärkt nach sozialen Kriterien vergeben werden. Die CDU fokussiert sich hingegen auf Bürokratieabbau und Deregulierung, um private Bauträger zu motivieren. Sie plant ein Baukostenmoratorium, einfachere Bauordnungen und eine erleichterte Aufstockung bestehender Gebäude. Während die SPD den Staat als aktiven Akteur im Wohnungsbau sieht, setzt die Union auf marktwirtschaftliche Anreize und die Aktivierung von privaten Investitionen.
In den Sondierungsgesprächen haben sich die Parteien auf eine Ausweitung des Wohnraumangebots verständigt. Wohnen soll bezahlbar, verfügbar und umweltverträglich gestaltet werden. „Dabei setzen wir auf Anreize und Innovationsoffenheit. Alle Wohnformen, ob Eigentum oder Mietwohnung, sehen wir als gleichwertig an“, heißt es im 11-seitigen Sondierungspapier. Zudem sollen Verfahren beschleunigt und Standards vereinfacht werden, etwa durch die zügige Einführung des Gebäudetyps E, der nur ein Mindestmaß an DIN-Normen erfüllen muss. Ergänzend ist ein Investitionsfonds geplant, der durch öffentliche Garantien und privates Kapital finanziert wird und unter anderem Mittel für den Wohnungsbau bereitstellen soll.
Sozialer Wohnungsbau und Wohnungsnot
Die SPD hat in der vergangenen Legislaturperiode die Wiederbelebung der Wohnungsgemeinnützigkeit vorangetrieben, um langfristig bezahlbaren Wohnraum zu sichern. Künftig sollen gezielte Investitionen auf regionaler Ebene dazu beitragen, den sozialen Wohnungsbau nachhaltig zu stärken und auszubauen. Darüber hinaus setzt sich die SPD für die gesetzliche Verankerung des Wohnens als Grundrecht ein. Die CDU hingegen setzt weniger auf staatliche Programme für den sozialen Wohnungsbau und legt ihren Fokus auf die Förderung von Wohneigentum. Besonders junge Familien sollen den Erwerb von Immobilien – auch bestehender Mietwohnungen – erleichtert bekommen. Eine Entfristung des Umwandlungsverbots von Miet- in Eigentumswohnungen in angespannten Wohnungsmärkten lehnt die CDU jedoch ab. Wie junge Familien sich Eigentum bei Quadratmeterpreisen von durchschnittlich 5.600 Euro leisten sollen, bleibt allerdings unbeantwortet.
Im Ergebnispapier nach den Sondierungen heißt es dazu lediglich, dass zur Stabilisierung des Wohnungsmarktes der soziale Wohnungsbau als wesentlicher Bestandteil der Wohnraumversorgung ausgebaut werden soll.
Regulierungen für Investor:innen und private Vermieter:innen
Die SPD plant strengere Vorschriften gegen spekulativen Leerstand und Zweckentfremdung von Wohnraum, etwa durch Airbnb. Zudem will sie die Umlage der Grundsteuer auf Mieter begrenzen und die Steuerfreiheit für Verkaufsgewinne nach zehn Jahren abschaffen. Die CDU lehnt zusätzliche Einschränkungen für Vermieter:innen und Investor:innen ab und will stattdessen Anreize für faire Vermietung setzen, beispielsweise durch steuerliche Vorteile für günstige Mietangebote. Während die SPD verstärkte Regulierung zum Mieter:innenschutz fordert, setzt die Union auf Marktmechanismen und Investitionsanreize.
Die Sondierungen haben hierzu noch keine Ergebnisse geliefert.
Steuerliche Maßnahmen in der Mieten- und Wohnungspolitik
Die SPD plant, hohe Immobilienvermögen stärker zu besteuern, unter anderem durch eine Reform der Erbschafts- und Schenkungsteuer sowie die Einführung einer Vermögenssteuer. Zudem soll die Spekulationssteuer verschärft werden. Die CDU hingegen setzt auf steuerliche Entlastungen und will Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer sowie höhere Abschreibungen für Neubauten und energetische Sanierungen einführen. Während die SPD durch Steuererhöhungen Mittel für den Wohnungsbau generieren möchte, will die CDU über Steuersenkungen den Wohnungsbau privatwirtschaftlich ankurbeln.
Die Sondierungen haben hierzu noch keine Ergebnisse geliefert.
Fazit: Bezahlbares Wohnen muss Grundrecht sein
Die Herausforderungen für eine soziale und gerechte Wohnungspolitik sind enorm. Doch das durch das Wahlergebnis quasi erzwungene Zweierbündnis der beiden ehemaligen Volksparteien bietet immerhin die Chance, dringend notwendige Reformen anzustoßen. Entscheidend wird sein, ob CDU und SPD tragfähige Kompromisse finden, die sowohl die Interessen der Mieter:innen als auch die Anforderungen an den Wohnungsmarkt berücksichtigen.
Wohnen ist Grundrecht – und es liegt nun an der künftigen Bundesregierung, bezahlbaren Wohnraum nicht nur als politisches Versprechen, sondern als konkrete Verpflichtung zu begreifen.
Wir als Berliner Mieterverein werden uns gemeinsam mit Sozialverbänden und Gewerkschaften aktiv für eine soziale, gerechte und nachhaltige Wohnungspolitik einsetzen. Kompromisse sind das Fundament einer funktionierenden Demokratie – doch sie dürfen nicht dazu führen, dass zentrale Ziele aus den Augen verloren werden. Es braucht eine entschlossene Politik, die den Mieter:innenschutz ernst nimmt, die Wohnungsnot bekämpft und den sozialen Wohnungsbau nachhaltig stärkt. Der Druck von uns als Mieter:innenvertretung wird dabei nicht nachlassen – denn bezahlbares Wohnen darf kein Privileg, sondern muss ein Grundrecht sein.
sk, fs
12.03.2025