Seit mehr als zwei Jahren sind wir Teil des bundesweiten, überparteilichen und zivilgesellschaftlichen Bündnisses „Mietenstopp“. Gemeinsam planen wir regelmäßig anlassbezogene Protestaktionen, zuletzt zur Halbzeit der Ampel-Regierung. Am 8. Dezember 2023 zogen wir mit unserer „Gesetzesschmiede“ und unseren Jurist:innen vor das Justizministerium.
Es ist kalt und sonnig an diesem Freitagmorgen. Ausgerüstet mit Soundanlage, Megafon und einem guten Dutzend der türkis-roten Mietenstopp-Hände – Erkennungszeichen der Kampagne – fahren wir zum Treffpunkt vor dem Bundesjustizministerium. Als wir ankommen, bauen die Mitstreiter:innen aus dem Bündnis bereits die Tische auf, die den Mittelpunkt unserer Gesetzesschmiede für wichtige Mietrechtsreformen bilden werden. Die riesige aufblasbare Mietenstopp-Hand ragt vor der historischen Fassade des Ministeriums, in dem wir Justizminister Marco Buschmann (FDP) vermuten, in die Höhe. „Ihr könnt schon eure Anwaltsroben überwerfen!”, sagt Matthias Weinzierl, Sprecher des bundesweiten Bündnisses für einen Mietenstopp, zu den zehn Aktiven, die sich als Anwält:innen für neues Recht hinter dem Tisch positionieren. Eine kleine Abordnung von Polizist:innen ist auch vor Ort und sichert Straße und Gebäude. Mit dem Einsatzleiter ist vereinbart, dass wir unser Bühnenbild direkt vor dem Haupteingang aufbauen dürfen. „Tut es – jetzt!“, fordert das Transparent an unserer Gesetzesschmiede.
Auf die Umsetzung politischer Vereinbarungen pochen
Unsere Mission ist vor allem eine visuelle: Die Aktion vor dem Justizministerium soll Bilder erzeugen, die bundesweite Verbreitung finden. Unser Ziel: die Bundesregierung zum wiederholten Mal an ihre eigenen Koalitionsvereinbarungen erinnern. Vor zwei Jahren hat die Ampel im Koalitionsvertrag festgehalten, die Mietpreisbremse zu verlängern, die Kappungsgrenzen für Mieterhöhungen nach Paragraph 558 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu senken und den Kündigungsschutz bei Eigenbedarf zu stärken. Nichts davon ist bisher geschehen. Offenkundig benötigt Justizminister Marco Buschmann die Unterstützung unserer Jurist:innen – und von denen haben wir Hunderte, die über zahlreiche Mietervereine und den Republikanischen Anwaltsverein an der Kampagne Mietenstopp mitwirken. Zu den weiteren Unterstützer:innen der Kampagne zählen zahlreiche lokale Initiativen sowie große Sozialverbände, darunter die Arbeiterwohlfahrt (AWO), der Gewerkschaftsverband DGB und der Deutsche Mieterbund (DMB).
Mietpreisbremse, Kappungsgrenze, Neue Wohngemeinnützigkeit
Die wichtigen Anpassungen im Mietrecht sind aus unserer Sicht schnell umgesetzt: „Für die Kappungsgrenze und die Mietpreisbremse müssen zwei Zahlen ausgetauscht werden. Das Justizministerium benötigt dafür Unterstützung – und wir helfen gern!“, erklärt unser Sprecher den knapp 100 Interessierten, die sich vor der Gesetzesschmiede versammelt haben. Doch es geht nicht allein um mietrechtliche Reformen wie den Kündigungsschutz und die Verlängerung und Optimierung der Mietpreisbremse. Lukas Siebenkotten, Präsident des DMB, betont in seiner Rede, wie wichtig die Neuauflage der Neuen Wohngemeinnützigkeit ist. Nur mit ihr kann sozialer Wohnungsbau auch dauerhaft sozial bleiben. Auch dieses wichtige Gesetzesvorhaben steht im Koalitionsvertrag der Ampel. Doch mehr als ein schwaches Eckpunktepapier ohne die erforderliche Ausfinanzierung durch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) liegt der Öffentlichkeit bislang nicht vor.
Schluss mit der „Aufschieberitis“!
Auch zahlreiche engagierte Mieter:innen sind vor Ort. Annerose aus dem Prenzlauer Berg ist in der Initiative „Pankow gegen Verdrängung“ organisiert. Ihr geht es vor allem um einen besseren Kündigungsschutz und um mehr Handlungsoptionen der Kommunen und Bezirke gegen die Verdrängung von Mieter:innen.
Die Reaktivierung des Vorkaufsrechts steht ebenfalls auf der Agenda der Bundesregierung. Trotz des Vorstoßes von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) in 2022 konnten sich die Koalitionspartner noch nicht zu konkreten Schritten durchringen. Passend dazu haben die Mieter:innen der Hausgemeinschaft Weichselstraße 52 ein großes Banner für eine Neuregelung des gemeindlichen Vorkaufsrechts ausgerollt: „Jetzt erst Vorkaufsrecht“. Ihrem Engagement und einem aktiven Stadtrat ist es zu verdanken, dass der Bezirk Neukölln zum ersten Mal seit November 2021 wieder das Vorkaufsrecht gegenüber einem Investor ausüben konnte – ein großer Erfolg! Doch es gibt in Berlin noch viele weitere Wohnhäuser, die aus den Fängen profitorientierter Anleger zu retten sind.
Einig sind sich alle Anwesenden, dass die „Aufschieberitis“ der Bundesregierung angesichts der angespannten Wohnungsmärkte nicht länger tragbar ist. Bundesweit leben mehr als die Hälfte aller Haushalte zur Miete, in Berlin sind es 83 Prozent.
Ein Beitrag von Vera Colditz
Machen Sie in Zukunft mit!
Seit mehr als zwei Jahren trifft sich der Trägerkreis des Bündnisses einmal wöchentlich. Wir stimmen unsere Forderungen ab und tüfteln anschließend gemeinsam Aktionen aus, mit denen wir politisch Druck machen können. Das Bündnis ist ständig auf der Suche nach weiteren Mitstreiter:innen. Sie haben Lust, bei der nächsten Aktion dabei zu sein oder haben sogar schon eine ganz konkrete Idee? Dann freuen wir uns, wenn Sie die Kampagne unterstützen!
17.12.2023